Deutsche Bahn: Palla wird Chefin, Schnieder mit neuer Strategie

Finanzexpertin mit Lokführerschein:Deutsche Bahn: Neue Chefin, neue Strategie

von Christiane Hübscher
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Nun ist es offiziell: Evelyn Palla soll neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG werden. Der Verkehrsminister senkt das Pünktlichkeitsziel - was er sonst noch plant.

Berlin: Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und die designierte neue Bahnchefin Evelyn Palla stellen zusammen die neue Bahn-Strategie vor.

Evelyn Palla soll die neue Chefin bei der Deutschen Bahn werden. Die ehemalige Geschäftsführerin der Konzerntochter DB Regio wird voraussichtlich Nachfolgerin von Richard Lutz.

22.09.2025 | 2:04 min

Am Montagmorgen stellt sie sich als neue Bahn-Chefin in der Bundespressekonferenz vor: Evelyn Palla, 52 Jahre alt, bisherige Chefin des Regio-Bereichs der Deutschen Bahn. "Wir nehmen heute den Taktstock für eine neue Ära in die Hand. Eine Ära, in der wir uns wieder auf das konzentrieren, was uns im innersten Kern ausmacht: das Eisenbahngeschäft", so Palla bei ihrer Vorstellung in Berlin.

Bei der angestrebten Sanierung der Infrastruktur räumt sie dann ein:

Nichts wird schnell gehen. Das ist kein Sprint. Die Sanierung der Eisenbahn-Infrastruktur ist ein Marathon.

Evelyn Palla, designierte Chefin der Deutschen Bahn

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Bahn-Chefin - Palla erste Frau in der Position

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, CDU, der neben ihr sitzt, hat sie am Ende für diesen Job ausgewählt. Und er betont:

Mit Frau Palla wird nach 190 Jahren Bahngeschichte erstmals eine Frau die Geschicke der DB leiten.

Patrick Schnieder, Bundesverkehrsminister

Schnieder will nicht sagen, mit wie vielen Kandidatinnen und Kandidaten seine Personalvermittler gesprochen haben, wie viele Absagen es vielleicht auch gab. Die Südtirolerin Evelyn Palla bringe als frühere Vorständin der Österreichischen Bahn den nötigen Blick von außen mit, kenne die DB aber eben auch gut von innen.

Evelyn Palla war zwar eine interne Bewerberin - ist anders als Vorgänger Richard Lutz jedoch kein klassisches Eigengewächs der Bahn. Die gebürtige Italienerin aus Südtirol studierte in Wien Betriebswirtschaftslehre und arbeitete vor allem im Bereich Controlling.

Beruflich startete Palla im Hightech-Bereich, 1997 bei Siemens in Großbritannien. 1999 lagerte der deutsche Konzern sein Halbleitergeschäft aus, Palla wechselte zu dem daraus entstandenen Chip-Hersteller Infineon nach München, wo sie bis 2001 im Produktcontrolling arbeitete. Bis 2011 war sie vor allem beim Energiekonzern Eon und verschiedenen Standorten von dessen Tochterunternehmen jeweils im Controlling tätig.

Es folgte eine Anstellung bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), wo sie ab 2015 und bis zu ihrem Wechsel zur DB im Jahr 2019 das Bus-Geschäft leitete und im Vorstand des Staatskonzerns saß. In Deutschland wurde sie zunächst Finanzvorständin für den Fernverkehr, bevor sie 2022 bei der DB Regio die Leitung übernahm.

Palla ist das einzige Mitglied im aktuellen DB-Vorstand, das selbst einen Zug steuern kann. Als Regio-Chefin machte Palla berufsbegleitend den Führerschein zur Lokführerin und sammelte damit Pluspunkte bei der Belegschaft.

Insbesondere die streitbare Lokführergewerkschaft GDL wirft der Führungsetage gerne vor, vom Alltag auf der Schiene keine Ahnung zu haben. "Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, im Führerstand zu sitzen", sagte Palla einst der "Schwäbischen Zeitung". "Und auch verstehen, was unsere Mitarbeitenden täglich leisten und was unser Geschäft ausmacht."

Quelle: AFP


Neuanfang auch bei Infrastruktur-Tochter InfraGo

Und noch einen Neuen stellt der Minister vor: Dirk Rompf soll künftig an der Spitze der InfraGo stehen, einer 100-Prozent-Tochter der Deutschen Bahn, zuständig für eine funktionierende Infrastruktur.

Rompf bringt fast 30 Jahre Erfahrung im Eisenbahnsektor mit und soll dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren mehr als 100 Milliarden Euro richtig investiert werden in Schiene und Digitalisierung. Er soll den Österreicher Philipp Nagl ersetzen.

Ein Schaltgespräch mit ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer.

Evelyn Palla soll die neue Chefin der Deutschen Bahn werden. Die EVG will nicht für die Neubesetzung stimmen. Über mögliche Folgen informiert ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer.

22.09.2025 | 1:36 min

Gewerkschaft EVG: Widerstand im Aufsichtsrat

Die Personalien Palla und Rompf sollen am Dienstag im Aufsichtsrat der Bahn behandelt werden. Doch es gibt ersten Widerstand: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will gegen die Besetzungspläne stimmen. Das sagte EVG-Boss Martin Burkert in Berlin. Der Ärger der Gewerkschaft richtet sich dabei wohl nicht gegen Palla, sondern vor allem gegen Rompf. Burkert sagte:

Der Weg nach vorne kann niemals durch die Vergangenheit führen. Professor Rompf war sechs Jahre lang Vorstandsvorsitzender der DB Netz und ist mit seinem Sparwahn mit Schuld an der heutigen Situation.

Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft

Tarek Al-Wazir (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, bezeichnete die Aufgaben der neuen Bahn-Spitze im ZDF-Mittagsmagazin als "Herkulesaufgabe". Palla habe "das Zeug dazu", ist Al-Wazir überzeugt.

Zur Schnieders geplanter Anpassung der Pünktlichkeitsziele sagt er: "Die Latte wird ausdrücklich niedriger gelegt, weil man an das Grundproblem nicht rangeht. Wir haben zu wenig Schiene in Deutschland und da ist heute keine Antwort gegeben worden." In den vergangenen 30 Jahren sei zu wenig in die Schieneninfrastruktur investiert worden. Überall da, wo es ums Geld gehe, komme vom Verkehrsminister keine Antwort, so Al-Wazir: "So kann das nichts werden."


Schnieder: "So kann es nicht bleiben"

Der Minister skizziert derweil den miserablen Zustand bei der Bahn. So waren Anfang Juli zum ersten Mal an drei Tagen in Folge weniger als 40 Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich. So könne es nicht bleiben, sagt Schnieder, und kündigt folgende Ziele für die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr an:

  • Bis 2029: 70 Prozent
  • Mittelfristig: 80 Prozent
  • Langfristig: 90 Prozent

Daran wolle er sich messen lassen, so Schnieder. Was genau er unter "langfristig" versteht, sagt er nicht. Nur so viel: 90 Prozent pünktliche Züge ließen sich erst erreichen, wenn das Schienennetz in Top-Zustand sei. So wie in der Schweiz. Das aber sei so schnell nicht erreichbar.

So (un)pünktlich ist die Deutsche Bahn

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Konzern verschlanken

Der Minister verordnet der Deutschen Bahn außerdem eine Schlankheitskur: Statt acht Vorständen soll es künftig nur noch maximal sechs geben, ebenso bei der InfraGo.

Bahnhöfe müssten sicher und sauber werden, so steht es ebenfalls in Schnieders Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene. Dafür sollen 500 Bahnhöfe in den kommenden fünf Jahren saniert werden - welche genau, ist noch nicht zu erfahren. Sanitäranlagen, Bordbistro und Kundenkommunikation - auch das muss alles besser werden, fordert der Minister.

Quelle: Mit Material von dpa und Reuters

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