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Finanzkrise auf der Schiene:DB Cargo: Das eigentliche Sorgenkind der Bahn
von Hansjürgen Piel
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Die DB steckt trotz Milliarden aus dem Infrastrukturpaket finanziell in ernsten Schwierigkeiten. Und warum das wahre Sorgenkind der Deutschen Bahn der Güterverkehr ist.
Da konnte noch nicht mal schlechtes Wetter als Entschuldigung herhalten. Als Anfang Juli die Thermometer auf über 30 Grad stiegen, fuhr bei der DB an den heißesten Tagen nur noch gut jeder dritte Fernzug fahrplangemäß. 35,5 Prozent Pünktlichkeitsquote, so schlimm war es lange nicht mehr. Aber auch im gesamten ersten Halbjahr fuhren mit 64 Prozent kaum mehr Züge pünktlich als im Vorjahr.
Fernverkehr in den Miesen
Längst leiden nicht nur Fahrgäste unter der Unzuverlässigkeit, sondern auch die Konzernbilanz. Die stolze DB-Sparte Fernverkehr mit ihren ICs und ICEs steckt in den roten Zahlen. Offenbar wenden sich immer mehr Bahnkunden ab. Die einen, weil sie als Deutschlandticket-Inhaber jetzt gratis Regionalzüge nutzen. Die anderen, weil ihnen das Verspätungsrisiko zu hoch ist.
Die Zahlen werden immer tiefroter.
Matthias Gastel, Bahnexperte der Grünen
Dafür gibt es für Verkehrsexperte Matthias Gastel (Grüne) mehrere Gründe: "Das hat damit zu tun, dass die Züge unpünktlicher sind, dass der Service zu wünschen übrig lässt, dass die Trassenpreise und damit auch die Ticketpreise steigen. Und das bringt den Konzern in eine entsprechende Schieflage."
Keine Steuergelder für den Bahnbetrieb
Dabei steckt der Bund Milliarden in die Bahn. Allerdings nur in die Infrastruktur, in Schienenwege, Stellwerke, Brücken und Bahnhöfe, die der Staatskonzern mit diesen Geldern gerade 'generalsaniert'. Die eigene Bilanz darf die DB damit nicht geraderücken.
Generalsanierung: Wo die Bahn wann baut
ZDFheute Infografik
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Obwohl die das aktuell dringend nötig hätte, denn auch in diesem Jahr wird der Bahnvorstand die Finanzlücken nur mit neuen Schulden schließen können. Von den großen Unternehmensbereichen verdienen nur noch Regio und InfraGO - früher DB Netz - Geld. Der Fernverkehr macht Verluste. Noch weit höhere aber DB Cargo.
DB-Cargo: Ultimatum aus Brüssel
Die Frachtsparte ist zur ernsten Belastung für die Deutsche Bahn geworden. Jahrelang hatte der Gesamtkonzern die hohen Cargo-Verluste mit Überschüssen aus anderen Unternehmensbereichen ausgeglichen, darf das aber künftig nicht mehr.
Private Güterbahnen hatten mit einer Beschwerde in Brüssel erreicht, dass die EU-Kommission diese Quersubventionierung ihres staatlichen Konkurrenten verbot und der DB ein Ultimatum stellte. Bis Ende nächsten Jahres muss DB Cargo danach profitabel werden.
Cargo ohne Geschäftsmodell?
Doch das halten Bahn-Kenner wie der Management-Experte Prof. Thomas Ehrmann von der Uni Münster für nahezu unmöglich. "Seit 2009 hat DB Cargo nur Verluste produziert. DB Cargo hat um 33 Prozent höhere Kosten pro Zugkilometer als die Wettbewerber. Die Wettbewerber selbst haben aber eine positive Umsatzrendite."
Das bedeutet also, dass DB Cargo für sich selbst kein funktionierendes Geschäftsmodell hat.
Thomas Ehrmann, Wirtschaftswissenschaftler
Privatbahnen transportieren die meiste Fracht
Die Frachtsparte mit ihren zuletzt rund 30.000 Mitarbeitern belasten vor allem hohe Personalkosten, die private Güterbahnen so nicht haben. Schon jetzt transportieren letztere nach Angaben ihres Dachverbandes mehr als 60 Prozent aller Güter auf der Schiene.
Doch vom aufwändigen und wenig lukrativen Einzelwagen-Verkehr, bei dem Güterzüge aus verschiedenartigen Waggons auf Rangierbahnhöfen erst zusammengestellt werden müssen, wickelt die DB Cargo weiter den größten Teil ab. Sie erwägt aber nach Medienberichten, das Geschäft aufzugeben, wenn die öffentliche Förderung nicht erhöht werden sollte.
Frachtsparte der DB auf Schrumpfkurs
Ein Umbau der DB-Frachtsparte ist währenddessen angelaufen, ohne dass davon bisher viel an die Öffentlichkeit gelangt ist. Und das, was bekannt ist, klingt mehr nach Abwicklung als Ertüchtigung: "Es werden Loks verkauft (…) es werden Lokführer freigestellt", so Bahn-Experte Ehrmann, "man will insgesamt ungefähr 25 Prozent des Personals abbauen. Also man macht all das, was jetzt nicht darauf abzielt, noch positive Geschäfte zu machen."
Für die Finanzen des DB-Konzerns insgesamt wäre das Ende der verlustreichen Cargo-Geschäfte zwar eine Entlastung. Für das Klimaziel, mehr Fracht von der Straße auf die Schiene zu verlagern, allerdings eher ein Rückschlag.
Hansjürgen Piel berichtet aus dem ZDF-Landesstudio Berlin.
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