Deutsche Bahn: Mehr als jeder dritte Zug unpünktlich
Bilanz für erstes Halbjahr :Mehr als jeder dritte Fernzug unpünktlich
|
Fahrgäste der Bahn im Fernverkehr brauchen wegen verspäteter Züge viel Geduld. Bahnchef Lutz nennt nun Gründe dafür und rechtfertigt, warum Familienreservierungen teurer sind.
Mit 66,3 Prozent pünktlichen Zügen im Fernverkehr sei die Bahn besser gewesen als im Vorjahr.
Quelle: dpa
Mehr als ein Drittel der Fernzüge der Deutschen Bahn war im ersten Halbjahr unpünktlich unterwegs - dem eigenen Jahresziel fährt der bundeseigene Konzern damit hinterher.
"Das Halbjahr werden wir voraussichtlich bei knapp 64 Prozent abschließen", bezifferte Bahnchef Richard Lutz im Interview der Deutschen Presse-Agentur den Anteil der pünktlichen ICE-, Intercity- und Eurocity-Züge.
Als pünktlich wertet die Bahn Züge, die mit einer maximalen Verzögerung von fünf Minuten und 59 Sekunden am Ziel ankommen. Erst ab einer Verspätung von sechs Minuten geht ein Zug auch als verspätet in die Statistik ein.
Die Verluste bei der Deutschen Bahn sind auch 2024 nach wie vor hoch: fast 1,8 Milliarden Euro. Die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr verschlechterte sich weiter.27.03.2025 | 2:20 min
"Das erste Quartal ist relativ gut gelaufen", sagte Lutz. Mit 66,3 Prozent pünktlichen Zügen im Fernverkehr sei die Bahn besser gewesen als im Vorjahr und innerhalb ihres Zielkorridors.
Im zweiten Quartal ist die Pünktlichkeit wegen zahlreicher Anlagenstörungen und vieler ungeplanter Baustellen niedriger.
„
Richard Lutz, Bahnchef
Die Deutsche Bahn hat ihre Jahresbilanz für 2024 vorgestellt. Der Konzern steckt in einer tiefen Krise, im vergangenen Jahr waren die Züge im Fernverkehr so unpünktlich wie noch nie.27.03.2025 | 1:33 min
Lutz: Schienennetz ist alt und störanfällig
Im vergangenen Jahr waren die Fernzüge der Bahn so unpünktlich unterwegs wie seit Jahrzehnten nicht. Erst kürzlich hatte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) im dpa-Interview festgestellt, die Bahn sei weder zuverlässig noch pünktlich.
Auf den neuen Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder warten große Aufgaben. Wie will der CDU-Politiker die vielen Baustellen im Verkehrsbereich angehen?03.06.2025 | 3:00 min
Der bundeseigene Konzern hat sich für dieses Jahr einen Zielkorridor von 65 bis 70 Prozent für die Pünktlichkeit im Fernverkehr vorgenommen. An diesem Ziel hält der Bahnchef fest.
Das ist nicht so weit weg, dass wir unsere Ziele und unsere Ansprüche, die wir formuliert haben, aufgeben. Das wird aber ein täglicher Kampf bleiben.
„
Richard Lutz, Bahnchef
Etwa 80 Prozent der Pünktlichkeitsverschlechterung sei auf die schlechte Infrastruktur zurückzuführen, "weil sie zu alt, zu störanfällig und auf vielen Strecken und Knoten völlig überlastet ist", betonte Lutz.
"Obwohl wir bei der Sanierung der Infrastruktur vorankommen, ist die Anlagenqualität schlechter als erwartet und die dadurch teilweise auch sehr kurzfristig notwendigen Baustellen sind jeden Tag im laufenden Betrieb und bei den Kunden im Personen- und Güterverkehr spürbar."
Die Generalsanierung vieler Bahnstrecken wird vier Jahre länger als geplant dauern. Begonnen wurde im vergangenen Jahr, 2035 sollen die Arbeiten beendet sein.25.06.2025 | 0:17 min
Kunden bleiben der Bahn treu
Die Kundinnen und Kunden blieben der Bahn trotz der schlechten Zuverlässigkeit derzeit noch treu, sagte Lutz. "Natürlich sind sie mit der Pünktlichkeit nicht happy. Aber die Kundenzufriedenheit ist stabil und die Nachfrage ist im Vergleich zum letzten Jahr sogar gestiegen." Sie hätten verstanden, warum so viele Fernzüge unpünktlich seien und akzeptierten das im Moment.
Allen ist klar, dass nicht von heute auf morgen alles saniert werden kann, wofür hierzulande über Jahrzehnte nicht genug Geld für da war.
„
Richard Lutz, Bahnchef
Aber der Anspruch bleibe: "Die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit muss besser werden, weil das wichtige Treiber für Kundenzufriedenheit und damit auch Wachstum und Verkehrsverlagerung sind."
Verluste und Verspätungen – die Deutsche Bahn schreibt weiter rote Zahlen, die Bilanz für 2024 ist ernüchternd. Die marode Infrastruktur und Baustellen zerschießen die Fahrpläne.27.03.2025 | 1:29 min
Abschaffung der Familienreservierung
Zuletzt hatte die Bahn ihre Kundinnen und Kunden auch an anderer Stelle vergrault: Mitte Juni hatte der Konzern die sogenannte Familienreservierung abgeschafft. Damit konnten der Familien zum günstigen Pauschalpreis bis zu fünf Sitzplätze reservieren. Für Sitzplatzreservierungen muss eine vierköpfige Familie nun rund doppelt so viel zahlen wie zuvor.
Die Regierungsparteien kritisieren die Pläne der Deutschen Bahn, die Sitzplatzreservierung für Familien abzuschaffen. Die Sitzplatzreservierung für jedes Kind soll extra kosten.13.06.2025 | 0:23 min
Die Änderung löste bei Politik und Verbraucherverbänden große Empörung aus, Kritik kam auch aus der Bundesregierung. Der Bahnchef verteidigt die Abschaffung:
Treiber für die getroffene Entscheidung zur Familienreservierung waren wirtschaftliche Gründe und der in den letzten Jahren wachsende Missbrauch in Form von übermäßigen Platzbuchungen, Mehrfachreservierungen und Kleingruppen, die das Angebot zweckentfremdet haben.
„
Richard Lutz, Bahnchef
Viele Familien hätten dadurch keine Plätze mehr buchen können.