Nach ZDF-Recherche :Decathlon stoppt Verkauf von Zelt wegen PFAS
Der Sportdiscounter Decathlon stoppt den Verkauf eines Trekkingzelts. ZDF-Recherchen hatten ergeben, dass Grenzwerte bei PFAS-Chemikalien deutlich überschritten wurden.
Decathlon ist die Nummer Eins der Sportartikel-Discounter - und legt Wert auf Nachhaltigkeit. Aber kann ein Rucksack für 13 Euro nachhaltig sein?
12.10.2025 | 44:06 minDas Trekkingzelt "Kuppelzelt Minimal Edition - MT900 2 Personen" wird von Decathlon vorerst aus dem Verkauf genommen. Der Grund: Eine im Rahmen einer Recherche der ZDF-Umweltredaktion veranlasste Laboruntersuchung des verwendeten Materials ergab bei zwei von vier getesteten Zelten Konzentrationen von PFAS-Chemikalien, die teils signifikant oberhalb europäischer Grenzwerte liegen.
Decathlon: Verkauf als Vorsichtsmaßnahme gestoppt
In einer Stellungnahme schreibt Decathlon: Als sofortige Vorsichtsmaßnahme habe man den Verkauf aller Einheiten dieses Zeltmodells gestoppt "und sie in unsere zentralen Lager zurückgeführt, um interne Prüfungen und weitere Tests durchzuführen".
Bei der PFAS-Verbindung 10:2 Fluortelomeralkohol liegt der gefundene Wert im Falle einer Probe beispielsweise bei 0,97 Milligramm pro Kilogramm. Zusammen mit dem für die PFAS-Verbindung 8:2 Fluortelomeralkohol ermittelten Wert von 1,3 Milligramm pro Kilogramm ergibt das eine Gesamtkonzentration von 2,27 Milligramm pro Kilogramm. Das entspricht dem Neunfachen der laut EU-Verordnung erlaubten Gesamtbelastung von 0,26 Milligramm pro Kilogramm.
Bei einer dritten PFAS-Verbindung, 6:2 Fluortelomeralkohol, liegt die Konzentration bei dieser Probe mit 5,2 Milligramm pro Kilogramm gut fünfmal so hoch wie der Grenzwert von 1,0. Dieser Grenzwert gilt jedoch erst ab Oktober 2026, stellt also gegenwärtig keinen Verstoß dar.
In einem weiteren der vier untersuchten Zelte desselben Modells werden die EU-Grenzwerte ebenfalls teils deutlich überschritten. In zwei von vier analysierten Zelten sind die PFAS-Konzentrationen geringer.
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28.08.2025 | 27:14 minDecathlon weist gegenüber dem ZDF darauf hin, dass eigene Untersuchungen des Trekkingzeltes keine nachweisbaren Mengen an PFAS zeigten, "was bestätigt, dass unser Produkt sowohl den EU-Vorschriften als auch unseren internen Standards entspricht".
Die Diskrepanz der Untersuchungsergebnisse ist Gegenstand weiterer Analysen. Aus den von Decathlon zur Verfügung gestellten Informationen geht hervor, dass sich der Sportartikeldiscounter bei seiner bisherigen Testung auf jene Charge des Zeltmodells konzentriert hat, in der die ZDF-Analyse die geringste PFAS-Belastung feststellen konnte.
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24.07.2025 | 29:49 minDecathlon will vollständig auf PFAS verzichten
Grundsätzlich formuliert Decathlon im Rahmen seiner Nachhaltigkeitspolitik das Ziel, vollständig auf PFAS in seinen Produkten zu verzichten - unabhängig von EU-Grenzwerten. Die Einhaltung dieser Selbstverpflichtung verlangt Decathlon auch von seinen Zulieferern. Konfrontiert mit den Laborergebnissen schreibt Decathlon:
Wir bauen schrittweise alle bewusst zugesetzten PFAS in unseren Produkten ab.
Statement Decathlon
"In Kategorien wie Bekleidung, Schuhen, Zelten, Rucksäcken, Skiwachs, Kosmetik und Zubehör wurden sie bereits entfernt", so Decathlon weiter. Was im Falle des untersuchten Zeltes offenkundig nicht der Fall war.
Im Trekkingzelt "Kuppelzelt Minimal Edition - MT900 2 Personen" von Decathlon haben ZDF-Recherchen hohe PFAS-Werte festgestellt.
Quelle: Bewegte Zeiten FilmproduktionPFAS-Chemikalien sind extrem schwer abbaubar, verbleiben also sehr lange in der Umwelt und werden daher auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. Insgesamt gibt es zehntausende bis hin zu einer Million verschiedene PFAS-Verbindungen.
Einige PFAS stehen im Verdacht, bei höherer Konzentration zu Fehlbildungen zu führen und krebserregend zu sein. Deshalb sollen sie in der EU vom Markt genommen werden, wobei es jedoch Ausnahmen und Übergangsfristen gibt.
PFAS (gesprochen Pifas) ist die Abkürzung für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Es handelt sich bei den sogenannten "ewigen Chemikalien" um eine Gruppe von schätzungsweise 10.000 einzelnen Stoffen.
Diese Chemikalien, die natürlicherweise nicht vorkommen, sind extrem stabil sowie wasser-, schmutz- und fettabweisend - diese Eigenschaften machen sie für die Industrie besonders interessant.
Die Kehrseite ist: Die Stoffe sind so stabil, dass sie in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut werden und sich in Nahrungsketten anreichern können. Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in die Umwelt. PFAS werden mittlerweile weltweit in Gewässern, Luft und Böden nachgewiesen. Auch im Blutserum von Menschen können sie vorkommen.
Wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften kommen die PFAS-Chemikalien in zahllosen Produkten zum Einsatz, etwa bei Outdoor-Kleidung, beschichteten Pfannen, Verpackungen von Lebensmitteln oder schmutzabweisenden Teppichen. Sie werden auch in vielen industriellen Prozessen und technischen Anwendungen genutzt.
Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass PFAS Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben oder zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern führen können. Auch ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten wird angeführt. Bislang sind allerdings noch relativ weniger dieser Stoffe gut untersucht. Doch von den "gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern", schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA).
Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an. Dabei handelt es sich um eine Art Vorsichtsmaßnahme. Der Gedanke dabei: Wenn einige der Substanzen nachweislich schädlich sind, könnten es viele andere - noch nicht untersuchte - Vertreter der Stoffgruppe auch sein.
Laut Umweltbundesamt gibt es bislang nur wenig Möglichkeiten, PFAS zu umgehen. Bei Outdoorjacken gebe es bereits Alternativen. Statt einer beschichteten Pfanne funktioniert demnach auch eine Eisen- oder Emaillepfanne. Auch Mehrweggeschirr aus Porzellan können beschichtete Einmal-Pappbecher ersetzen. Bei Imprägniermitteln kann man anstelle PFAS-basierter Sprays auf natürliche Fette und Wachse zurückgreifen.
Quellen: dpa, Umweltbundesamt
Verwendet werden beziehungsweise wurden PFAS beispielsweise in Funktionskleidung - wegen ihrer wasserabweisenden Wirkung. Auch in anderen textilen Stoffen wie zum Beispiel dem hier untersuchten Zelt kommen daher oft noch PFAS zum Einsatz. Die Industrie entwickelt gegenwärtig Alternativen, um PFAS-Chemikalien durch andere Verbindungen mit vergleichbaren Eigenschaften zu ersetzen.
Viele Bereiche der Industrie und Wissenschaft setzten Ewigkeitssubstanzen wie PFAS ein. Die Folgen der Nutzung sind gesundheitsschädlich. Eine Kommune in Belgien ist stark betroffen.
27.08.2025 | 1:55 minNeues Verfahren im Labor zur PFAS-Analyse
Das im Rahmen der ZDF-Recherche beauftragte Labor verwendet für seine PFAS-Analyse ein neues, im Juni 2025 zugelassenes Verfahren.
Dieses ist sensitiver, liefert also ein präziseres Bild als zuvor verwendete Verfahren. Nach welchem Verfahren Decathlon getestet hat, hat uns das Unternehmen nicht mitgeteilt.
Die vom ZDF initiierte Laboruntersuchung ist Teil der Recherche für die Dokureihe "Greenwashed?". In der neuesten Folge "Decathlon: Kann Massenware nachhaltig sein?" nimmt das ZDF die Nachhaltigkeitsziele von Decathlon unter die Lupe.
Die Doku "Greenwashed? - Decathlon: Kann Massenware nachhaltig sein?" ist am 12. Oktober um 15:30 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streaming-Portal.
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