Nicht CO2-neutral:Gericht stoppt Apples Klima-Versprechen
Der Tech-Gigant wirbt mit klimaneutralen Smartwatches. Ein Gericht sieht darin Greenwashing. Was steckt hinter dem Urteil?
Drei Modelle der Apple-Watch wurden seit 2023 als "CO2-neutral" beworben.
Quelle: dpaDas Landgericht Frankfurt hat einer Unterlassungsklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stattgegeben und entschieden, dass die Werbeaussagen von Apple zur Klimaneutralität irreführend sind. Nach Auffassung des Gerichts reicht der Hinweis auf Kompensationsprojekte nicht aus, um Verbraucher*innen ausreichend aufzuklären.
Das Urteil reiht sich damit ein in eine Serie von Verfahren, in denen Umweltversprechen von Produkten als Greenwashing bewertet wurden.
Viele Produkte werden mit Labels wie "klimaneutral" beworben, was nicht emissionsfrei bedeuten muss. Was der Ausstoß von Treibhausgasen anrichtet, ist seit Jahrzehnten bekannt.
18.04.2024 | 3:04 minKlage der Deutschen Umwelthilfe
Das Landgericht Frankfurt hat geprüft, ob das US-Technologieunternehmen Apple seine elektronische Armbanduhr "Apple Watch" als CO₂-neutral bewerben darf. Die Emissionen, die bei der Produktion entstehen, will Apple über Kompensationsprogramme ausgleichen.
In einem Projekt in Paraguay sind jedoch große Teile der Eukalyptusplantagen nur bis 2029 verpachtet, eine längerfristige Absicherung des Baumbestandes konnte Apple nicht nachweisen.
Nach Ansicht der Vorsitzenden Richterin reicht das nicht aus, um echte Klimaneutralität zu vermitteln.
Gericht sieht bei Apple-Werbung unlauteren Wettbewerb
Apple verstößt damit gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das irreführende geschäftliche Handlungen verbietet. Darunter fallen auch Angaben, die Unternehmen zur Herstellungsweise ihrer Produkte machen.
Aus Sicht des Gerichts erfüllt Apple nicht die Erwartungen, die Verbraucher*innen haben, wenn ein Produkt als "CO₂-neutral" beworben wird. Notwendig seien hier Kompensationsmaßnahmen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2050.
Europäische Unternehmen kaufen CO₂-Zertifikate, um Treibhausgase einzusparen und so zum Klimaschutz beizutragen. Doch wie sinnvoll ist diese Maßnahme?
15.04.2025 | 6:53 minDer Begriff der Klimaneutralität werde stark mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 in Verbindung gebracht wird. Damals hatte sich die Staatengemeinschaft zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet. Die Deutsche Umwelthilfe fordert für wirksamen Klimaschutz hingegen eine Laufzeit von mehreren Jahrhunderten.
Klimaneutralität nutzen viele Konzerne seit Jahren für ihr Marketing. Im Kern geht es darum, dass eine CO₂-Bilanz erstellt und alle entstehenden Emissionen ausgeglichen werden. Häufig geschieht dies über den Kauf von Emissionszertifikaten aus Projekten, die etwa durch den Schutz von Wäldern CO₂ aus der Atmosphäre binden sollen.
Zu Beginn solcher Projekte wird stets prognostiziert, wie viele Bäume im Laufe der Zeit abgeholzt werden. Liegt die tatsächliche Abholzung später unter diesem Wert, wird die Differenz als eingesparte Menge CO₂ gewertet und in Form von Zertifikaten verkauft. So können Unternehmen ihren eigenen CO₂-Ausstoß kompensieren.
Expert*innen zufolge sollte die direkte Reduktion von Emissionen jedoch Priorität haben. Auch der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr entschieden, dass im Klimaschutz vorrangig der Ausstoß von CO₂ verringert und nicht bloß kompensiert werden muss. Ziel soll es sein, Emissionen von vornherein zu vermeiden, etwa durch den Einsatz erneuerbarer Energien in der Produktion oder durch den Ausbau emissionsarmer Transportwege.
Urteil mit Signalwirkung?
Rechtsanwalt Remo Klinger, der seit Jahren zahlreiche Klimaschutzverfahren begleitet, vertritt auch in diesem Fall die Deutsche Umwelthilfe. Nach der Urteilsverkündung zeigte er sich zufrieden und sprach von einer Entscheidung mit Signalwirkung, die die Rechtsprechung prägen werde.
Es ist bemerkenswert, dass so ein großes Unternehmen solch ein Greenwashing betreibt.
Remo Klinger, Rechtsanwalt
Der Umweltrechtler hob hervor, dass das Gericht nun klar bestätigt habe, dass eine solche Praxis unzulässig ist. Die DUH hat bereits über 40 Verfahren wegen irreführender Klimaneutralitätsversprechen angestrengt und dabei unter anderem erfolgreich gegen dm, Netto und Lufthansa geklagt.
Praktisch jeder internationale Großkonzern will klimaneutral werden – zumindest offiziell. Recherchen zeigen: Ambitionierte Klimaversprechen sind häufig wenig mehr als heiße Luft.
14.12.2023 | 35:48 minBrüssel: Werbung mit Klimaschutzbegriffen stärker regulieren
Auf europäischer Ebene wird bereits versucht, Werbung mit Klimaschutzbegriffen stärker zu regulieren. Mit der neuen Empowering Consumers-Richtlinie verschärft die Europäische Union die Regeln für umweltbezogene Werbung.
Ab September 2026 dürfen Unternehmen ihre Produkte nicht mehr allein mit dem Hinweis auf die Kompensation von Treibhausgasemissionen bewerben, da Ausgleichsmaßnahmen nicht länger als gleichwertig mit echten CO₂-Einsparungen gelten. Firmen sind verpflichtet, ihre Umweltversprechen wissenschaftlich zu belegen.
Die Europäische Union will den grünen Wandel. Das Ziel: Klimaneutralität bis 2050. Doch ziehen die EU-Staaten mit? Zeit für eine erste Bilanz.
02.06.2024 | 28:45 minApple-Urteil noch nicht rechtskräftig
Klar ist, dass Unternehmen nicht ohne Weiteres damit werben dürfen, dass ihre Produkte klimaneutral sind. Es gelten strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussagen, wie auch der Bundesgerichtshof noch im vergangenen Jahr bestätigt hat. Im Zweifel muss sich selbst ein Tech-Riese wie Apple vor Gericht den Vorwürfen des Greenwashings stellen.
Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Apple hat die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Berufung einzulegen.
Philip Traxel arbeitet in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz
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