Neuer Supercomputer:Jupiter soll KI auf die Sprünge helfen
Bundeskanzler Friedrich Merz hat in Jülich einen Superrechner eingeweiht. Er gilt als schnellster Computer Europas und soll Forschung und Industrie stärken.
In Jülich geht Europas stärkster Rechner ans Netz: Jupiter vereint die Rechenkraft von 1 Million Smartphones und soll im KI-Wettlauf helfen, die Lücke zur Konkurrenz zu schließen.
05.09.2025 | 3:59 minEs war 1964, als der Begriff "Supercomputer" zum ersten Mal fiel. Der CDC 6600 schaffte schon damals in jeder Sekunde drei Millionen Rechenoperationen. Verglichen mit heutigen Smartphones lieferte das klobige Ungetüm aus den USA allerdings eine fast lächerliche Leistung.
Mehr als 60 Jahre später steht der schnellste Rechner immer noch in den USA, 70 Kilometer östlich von San Francisco. Er heißt "El Capitan" und gilt als das Monster unter den Supercomputern. Im Gegensatz zu seinem Urahn schafft er keine drei Millionen, sondern 1,74 Trillionen, also 1.740.000.000.000.000.000, Operationen in der Sekunde. Er ist also 580 Milliarden Mal schneller.
Leistung dank 24.000 Nvidia-Chips
Jetzt bekommt auch Europa seinen Supercomputer: Jupiter steht am Rande des Rheinischen Braunkohlereviers auf einer Fläche etwa so groß wie ein halbes Fußballfeld. Die Konstruktion wurde in acht Monaten aus 125 Racks in 50 Containern zusammengesetzt.
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Der Rechner soll unter Optimalbedingungen bald eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde schaffen und gilt damit als Europas Nummer eins. 24.000 Chips des US-Herstellers Nvidia machen diese enorme Rechenleistung möglich, erklärt Prof. Thomas Lippert vom Jülicher Super Computing Center.
Als viertschnellster Rechner der Welt ist Jupiter in der Lage, sehr große Probleme zu lösen und die im Wettbewerb mit anderen Ländern eventuell sogar besser zu lösen.
Prof. Thomas Lippert, Jülich Supercomputing Center (JSC)
Einweihung des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse namens “Jupiter” u.a. mit Reden von Friedrich Merz (CDU, Bundeskanzler) und Hendrik Wüst (CDU, Ministerpräsident NRW)
05.09.2025 | 34:02 minSupercomputer helfen Forschenden
Nützlich können derart schnelle Superrechner vor allem zu Simulationszwecken sein. In der Hirnforschung kann beispielsweise wesentlich besser dargestellt werden, wie Milliarden von Gehirnzellen miteinander kommunizieren und wie sie sich bei Krankheiten wie Alzheimer verändern.
Auch Wettervorhersagen könnten deutlich präziser werden. Mit Jupiter können Meteorologen in ihren Simulationen ein noch engeres Gitternetz um den Erdball legen und so für kleinere Flächen als bisher Daten berechnen. Auch das Strömungsverhalten des Windes an Rotorblättern von Windkraftanlagen kann besser erforscht und die Anlagen so effizienter werden.
Supercomputer Jupiter: "Ein großer Wurf"
Zwar gebe es in Deutschland und Europa schon einige Hoch- und Höchstleistungsrechner, die für solche Zwecke eingesetzt werden, sagt Prof. Christof Schuette vom Berliner Zuse-Institut, das sich ebenfalls mit der Entwicklung von Supercomputern beschäftigt. Jupiter sei aber "ein entscheidender Schritt und ein großer Wurf".
Das ist wie in der Champions League. Jetzt bekommen wir einen neuen Superstürmer dazu, aber letztlich entscheidet die Mannschaft.
Prof. Christof Schuette, Präsident Zuse-Institut Berlin
Allerdings verbrauchen solche "Superstürmer" enorme Mengen an Energie. Jupiter gilt zwar als äußerst effizient, hat aber fast den gleichen jährlichen Energiebedarf wie die 35.000-Einwohner-Stadt Jülich direkt nebenan. Das sei aber nötig, um wichtige Projekte umzusetzen, so Schuette.
Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, dann müssen wir solche Rechner betreiben und auch die notwendigen Investitionen in die energetische Infrastruktur leisten.
Prof. Christof Schuette, Präsident Zuse-Institut Berlin
500 Millionen Euro kosten Bau und Betrieb in den kommenden sechs Jahren, zur Hälfte finanziert vom Bund, vom Land Nordrhein-Westfalen und der EU. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und EU-Forschungskommissarin Ekaterina Sachariewa haben ihn am Freitag in Jülich mit einem symbolischen Knopfdruck eingeweiht.
Wir sind heute gemeinsam Zeitzeugen eines historischen europäischen Pionierprojekts.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Zum Start der Technikmesse CES in Las Vegas stellte der Chipkonzern Nvidia einen KI-Supercomputer im Schreibtischformat vor. Doch auch technische Spielereien werden präsentiert.
07.01.2025 | 1:42 minKI-Fabrik soll entstehen
Bisher nutzten vor allem Forschungsgruppen den Jülicher Supercomputer. Jetzt können sich auch Unternehmen um öffentlich ausgeschriebene Rechenzeit bewerben, müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um einen Zuschlag zu bekommen, beispielsweise einen "innovativen Charakter".
Mittlerweile können auch Industrieunternehmen auf Jupiter zugreifen und die Maschine kommerziell nutzen.
Prof. Thomas Lippert, Jülich Supercomputing Center
Am Forschungszentrum Jülich soll aber noch mehr entstehen: die KI-Fabrik Jaif (Jupiter AI Factory), deren Herzstück Jupiter sein soll. Das System soll riesige Datenmengen verarbeiten und komplexe KI-Modelle trainieren können - direkt in Europa, unter EU-Recht. Im Braunkohlerevier entstünden riesige Rechenzentren und Digitalparks mit neuen Arbeitsplätzen, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gerade auf dem Landesparteitag.
Jupiter ist ein Meilenstein für den Strukturwandel im Rheinischen Revier und für unseren konsequenten Weg von der Kohle zur KI.
Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident NRW
Die EU will vier bis fünf sogenannte KI-Gigafactorys fördern. Auch Bayern möchte eine solche KI-Fabrik. NRW hat mit Jupiter dabei zunächst die Nase vorn.
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