Umfrage zur Steuerpolitik:Unternehmen fordern Steuersenkung - auch für Mitarbeiter
von Frank Bethmann
In Deutschland nimmt die Debatte um eine hohe Steuerlast Fahrt auf - gleichzeitig steht eine Reihe an Entlastungen auf der politischen Agenda. Beides ist nicht frei von Kritik.
Deutschlands Wirtschaft stagniert, viele Firmen sehen hohe Steuern als Bremsklotz. Laut einer aktuellen Umfrage wünschen sich viele Unternehmen Senkungen der Einkommens- und Stromsteuer.
30.12.2025 | 1:19 minViele Familienunternehmen denken laut einer aktuellen Umfrage zur Steuerpolitik, ihre Gewinne sollten weniger stark besteuert werden, damit mehr Geld für Investitionen bleibt. Weitaus überraschender ist ein anderes Ergebnis: Mehr als 80 Prozent der Unternehmen beklagen demnach auch die Steuer- und Abgabenlast ihrer Belegschaft. Sie sei dadurch "stark oder sehr stark belastet". Das zeigt der neue "Jahresmonitor" der Stiftung Familienunternehmen, eine jährliche Umfrage bei 1.700 überwiegend Familienunternehmen aller Größen und Branchen, durchgeführt vom Ifo-Institut.
"Unser neuer Jahresmonitor zeigt, wie sehr Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einem Strang ziehen", sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung.
Es sind gerade auch die hohen Steuern auf Arbeit, die beide Seiten lähmen und ihnen die Freude an der Leistung nehmen.
Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen
Schätzungen zufolge wird Deutschland bis 2029 mehr Steuern einnehmen als erwartet. Der Spardruck wird dennoch nicht geringer.
23.10.2025 | 1:50 minSteuerbelastungen höher als im OECD-Durchschnitt
Tatsächlich gehört Deutschland zu den Ländern mit einer der höchsten Unternehmenssteuerbelastungen weltweit: Der kombinierte Steuersatz aus Körperschaft- und Gewerbesteuer liegt bei etwa 30 Prozent, rund 5,5 Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt. Und auch deutsche Durchschnittsverdiener werden mit fast 48 Prozent ihres Bruttolohns belastet, zieht man Lohnsteuer und Sozialabgaben zusammen. Das wird weltweit nur von Belgien übertroffen.
Die Bundesregierung hat auf die hohe Steuer- und Abgabenlast reagiert und jüngst das Steueränderungsgesetz 2025 verabschiedet. Im Zentrum stehen dabei Sonderabschreibungsmöglichkeiten auf bewegliche Wirtschaftsgüter wie zum Beispiel elektrische Firmenwagen sowie die Senkung der Körperschaftssteuer ab 2028 von derzeit 15 Prozent auf 10 Prozent bis zum Jahr 2032.
Gerade die Entlastung bei der Körperschaftssteuer setzt unmittelbare Investitionsanreize und erhöht die Attraktivität des Steuerstandortes Deutschland. Doch kommt sie nach Einschätzung der Ifo-Forscher zu spät und in zu kleinen Schritten.
Bund, Länder und Kommunen können laut Steuerschätzung in den kommenden Jahren mit 33,6 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen rechnen. „Insbesondere für 2027 haben wir immer noch große Herausforderungen“, so Wiebke Esdar (SPD).
23.10.2025 | 5:05 minUmfrage: Einkommensteuer hat den größten Reformbedarf
Geht es nach den im Jahresmonitor befragten Unternehmen, stehen ohnehin zwei andere Steuern höher im Kurs. Befragt nach einer Option für eine Steuerreform nennen rund 70 Prozent aller Befragten eine Senkung der Einkommensteuer.
Dies sowohl mit Blick auf die eigenen Gewinne (für Personengesellschaften ist die Einkommensteuer die relevanteste Steuer) als auch mit Blick auf die zu entrichtende Lohnsteuer - ein erheblicher Kostenfaktor. Gefolgt von der Senkung der Stromsteuer, erst danach käme der Wunsch, die geplante Reduzierung der Körperschaftssteuer vorzuziehen.
Fratscher: "Werden Versprechen gemacht, die nie erfüllt werden können"
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass das Steueränderungsgesetz ab kommenden Jahr auch Entlastungen für die Beschäftigten vorsieht. Als "mehr Netto vom Brutto" hat das die Bundesregierung bezeichnet. Pendlerpauschale rauf, Überstunden steuerfrei, höhere Freibeträge fürs Ehrenamt. Doch die Realität ist komplizierter. Marcel Fratscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), warnt:
Hier werden Versprechen gemacht, die nie erfüllt werden können. Das ist die Quadratur des Kreises.
Marcel Fratscher, DIW-Präsident
Denn gleichzeitig steigen Sozialabgaben - ab 2026 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Beitragsbemessungsgrenzen. Für viele Beschäftigte bedeutet das, dass ein Teil der Steuerersparnis direkt durch höhere Abzüge aufgezehrt wird. Zudem erhöhen einige Städte die Grundsteuer und Müllgebühren, was die Entlastung zusätzlich schmälert. "Was die Steuerpolitik gibt, nimmt die Beitragslogik wieder", kommentiert das Fratscher.
Wie kann der Rentenkollaps verhindert werden, welche Modelle gibt es zur Finanzierung? Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gibt Antworten.
29.09.2025 | 4:22 minDiskussion über "zu hohe Steuern" komplex
Unterm Strich ist die Frage, ob Unternehmen mit ihrer Klage über "zu hohe Steuern" recht haben, komplex. Die vergleichenden Zahlen der OECD werden in der Diskussion immer wieder herangezogen. Studien aber zeigen, dass der effektive Steuersatz - also was Firmen tatsächlich zahlen - oft deutlich niedriger ist als der nominelle Satz. Durch Abschreibungen und Sonderregelungen liegt Deutschland eher im Mittelfeld. Trotzdem besteht dringend Reformbedarf. Ein Widerspruch ist das nicht.
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