Mercosur: EU ringt um neuen Kurs - Handspolitik im Wandel

Handelspolitik im Wandel:Mercosur: EU ringt um neuen Kurs

von Anne Sophie Feil
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Das EU-Mercosur-Abkommen bringt große Chancen, stößt aber auch auf heftigen Widerstand. Neue Handelspartner sollen der EU helfen.

Hamburg: Automatische Containertransporter (AGV) sind auf dem Gelände des Containerterminal Altenwerder (CTA) unterwegs.

Mit dem Mercosur-Abkommen könnten die EU und Deutschland neue Märkte erschließen.

Quelle: dpa

Die europäische Wirtschaft steckt in einem Dilemma: Die USA sind ein wichtiger Handelspartner, doch Zölle und Unsicherheiten erschweren die Geschäfte. Darum sucht die EU dringend einen Ausweg.

Hoffnung liegt in einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay. Es gilt als eines der zentralen Projekte. Es würde über 700 Millionen Menschen verbinden und damit zur größten Freihandelszone der EU.

Global PolitiX Dealen wie Trump

Um im Zeitalter von Trumps Zoll-Deals zu überleben, muss Europa manche Strategie überdenken. ZDF-Wirtschaftskorrespondent Florian Neuhann zeigt, was Europa von Donald Trump lernen kann.

13.08.2025 | 15:28 min

Chancen für Exporte und Rohstoffe

Für Deutschland und Europa bedeutet das: weniger Zölle und offene Märkte. Die drei Säulen der deutschen Wirtschaft - Maschinenbauer, Autohersteller und Chemiefirmen - könnten profitieren. Denn die südamerikanischen Mercosur-Länder sind wichtige Wachstumsmärkte für Europäer aus diesen Branchen.

Zugleich liefern sie auch kritische Rohstoffe sowie Seltene Erden, die für Energiewende und Digitalisierung gebraucht werden. Nach Berechnungen der EU-Kommission könnten Unternehmen dadurch jährlich rund vier Milliarden Euro einsparen. Das bringt Planungssicherheit und verlässliche Lieferketten.

Mercosur-Staaten in Zahlen

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Widerstand und Kritik in Europa

Doch bevor das Abkommen gilt, müssen die nationalen Parlamente noch zustimmen. Und genau daran könnte es scheitern. Kritik kommt unter anderem aus Frankreich, das mit Rücksicht auf die Landwirtschaft sogenannte "Spiegelklauseln" fordert, also gleiche Umwelt- und Produktionsstandards. Präsident Emmanuel Macron zeigte sich beim deutsch-französischen Ministerrat am Freitag in Toulon zwar entgegenkommend, doch die Zustimmung des Parlaments bleibt fraglich.

Auch Umweltschützer und Bauernverbände fürchten Wettbewerbsverzerrung durch billigere Agrarprodukte aus Südamerika, die unter weniger strengen Auflagen produziert werden. "Die Bauern der EU werden damit massiver Wettbewerbsverzerrung durch Billiganbieter ausgesetzt", warnt der österreichische Europaabgeordnete Roman Haider (FPÖ).

Er kritisiert die Absicht, das Abkommen ohne die Zustimmung der nationalen Parlamente durchboxen zu wollen. Haider spricht von einem "miesen Hinterzimmerdeal" und einer "völlig verfehlten Industriepolitik". Zugunsten der europäischen Autoindustrie würde die EU den Bauern schaden und die demokratische Kontrolle schwächen, argumentiert er.

Handelspartner Europas

Die Zollpolitik von Donald Trump verunsichert die Märkte und Unternehmen weltweit. Viele Firmen in Europa hoffen deshalb auf Handelsabkommen mit anderen Wirtschaftsräumen - vermittelt durch die EU.

07.08.2025 | 2:27 min

US-Zollpolitik erhöht den Druck

Die Handelspolitik der USA verstärkt den Druck in Europa. Eine DIHK-Umfrage ergab im Sommer 2025: Fast drei Viertel der deutschen Firmen leiden unter der US-Zollpolitik, viele suchen neue Märkte. Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) fordert:

Die beste Antwort auf den Protektionismus von Donald Trump ist jetzt, mit den globalen Partnern, die mit uns Freihandel weiter praktizieren wollen, ins Geschäft zu kommen.

Manfred Weber, Vorsitzender der EVP

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont die Notwendigkeit neuer Handelsallianzen. In einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sprach sie sich jüngst für eine "bewusste Entscheidung - Stabilität und Berechenbarkeit statt Eskalation und Konfrontation" aus. Sie schrieb weiter:

Deshalb haben wir in den vergangenen Monaten Handelsvereinbarungen mit Mexiko und dem Mercosur geschlossen und unsere Beziehungen zur Schweiz und zum Vereinigten Königreich vertieft.

Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin

Schaltgespräch zwischen Ulf Röller und Christoph Wiesel zum Mercosur-Handelsabkommen

Donald Trump und auch der chinesische Präsident Xi seien "der große Grund" für das Mercosur-Abkommen, sagte ZDF-Korrespondent Ulf Röller schon im vergangenen Jahr zu den geopolitischen Interessen der EU.

07.12.2024 | 2:12 min

EU auf Partnersuche - Verhandlungen laufen

Das modernisierte Abkommen zwischen der EU und Mexiko steht kurz vor dem Abschluss. Es soll zahlreiche Zölle abbauen und Regeln zu Arbeitnehmerrechten, Klima- und Umweltschutz stärken.

Parallel laufen Verhandlungen mit Indien, Malaysia und den Philippinen. Mit Indonesien wurde kürzlich eine politische Grundsatzeinigung getroffen. Diese Abkommen sind Teil der europäischen Strategie, Handelsbeziehungen breiter aufzustellen und unabhängiger von einzelnen Märkten wie den USA oder China zu werden.

Ob das Mercosur-Abkommen tatsächlich zeitnah verabschiedet werden kann, ist fraglich. Es hängt zunächst von Frankreich und den weiteren skeptischen Mitgliedsstaaten ab. Die Strategie in Brüssel: neue Partner für mehr Unabhängigkeit. Sie sollen Unternehmen stabile Rahmenbedingungen bieten und Europas Rolle im globalen Wettbewerb sichern.

Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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