Zinspause beendet: US-Notenbank senkt Leitzins

Analyse

Zinspause beendet:US-Notenbank senkt Leitzins

Frank Bethmann in Anzug an der Börse.
von Frank Bethmann
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Die US-Notenbank Federal Reserve hat erstmals in diesem Jahr die Zinsen gesenkt. Um 0,25 Prozentpunkte auf jetzt 4,0 bis 4,25 Prozent. Unter politischem Druck?

Archiv: Die US-Notenbank am 31.07.2019 in Washington

Die US-Notenbank Federal Reserve in Washington D.C., USA.

Quelle: AP

Erstmals seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump vor rund acht Monaten hat die Zentralbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins gesenkt.

Die Fed senkte den maßgeblichen Zinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne zwischen 4,0 und 4,25 Prozent ab, wie sie in Washington mitteilte. Das ist ein deutlich geringerer Zinsschnitt als von Trump gefordert.

Fed senkt Leitzins - unter Druck von Trump?

Die zentrale Frage lautet dennoch: Wie frei und unabhängig war die Fed in ihrer Entscheidung? Nach scharfen und vor allem zahlreichen Attacken von Trump gegen die Notenbank und ihrem Vorsitzenden Jerome Powell bleiben Zweifel, ob die Währungshüter nicht doch eingeknickt sind und dem politischen Druck nachgegeben haben.

Was bedenklich wäre und weitere Fragen aufwerfen würde. Wie glaubwürdig ist eine politisch beeinflusste US-Notenbank dann noch? Und drohen die USA dadurch sogar ihre Position als globaler Anker für Preisstabilität zu verlieren?

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Trump mit erneutem Versuch der Einflussnahme

Um es vorwegzunehmen, eine klare Antwort darauf gibt es nicht. Dass der politische Druck groß war, ist hingegen unbestritten. Noch am Montag versuchte Trump erneut Einfluss zu nehmen, indem er seinen Kontrahenten Powell aufforderte, sogar einen großen Zinsschritt vorzunehmen; gemeint wird damit eine Senkung von mindestens 0,50 Prozentpunkten gewesen sein.

Dass dieser ausblieb, kann man so interpretieren: Die größte Zentralbank der Welt lässt sich eben doch nicht von außen reinreden und entscheidet auf Basis von ökonomischen Fakten.

Fed begründet Zinssenkung mit schwächerem Arbeitsmarkt

Rückenwind für diese erste Zinssenkung nach über neun Monaten liefert der Arbeitsmarkt. Anders als die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt die US-Notenbank mit ihrer Geldpolitik nämlich zwei Ziele: nicht nur Preisstabilität, sondern auch Vollbeschäftigung.

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Und von dieser Vollbeschäftigung entfernen sich die USA gerade zunehmend. Das sieht auch Alexander Krüger so. Der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe verweist darauf, "dass die Schwäche am Arbeitsmarkt nach der jüngsten Statistikrevision größer ist als vor wenigen Monaten ausgewiesen".

Die Überprüfung der Zahlen zeigt, dass die USA im Juni 13.000 Stellen abgebaut haben. Inzwischen ist die Arbeitslosenquote auf den höchsten Stand seit Oktober 2021 gestiegen.

Entwicklungen, die eine Zinssenkung rechtfertigen: Schließlich können niedrigere Zinsen die Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher senken, was - so die reine Lehre - die Konjunktur ankurbeln und wieder für mehr Jobs sorgen sollte.

US-Inflation liegt deutlich über Zielwert

In ihrem dualen Mandat gewichtet die Fed die Beschäftigungslage höher als die Inflationsrisiken.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe

So die Analyse von Krüger. Wegzudiskutieren sind diese gleichwohl nicht. Die Teuerungsrate lag im August bei 2,9 Prozent und damit deutlich über dem Zwei-Prozent-Zielwert, den westliche Notenbanken üblicherweise anpeilen.

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Hinzu kommen Trumps Zölle, die inflationär wirken: "Preissteigerungen aufgrund gestiegener Zölle ergeben sich mit Blick auf die nächsten Monate zwangsläufig, nicht aber schlagartig", bestätigt Krüger.

Ökonom: "Aktuelle Zinssenkung erst der Anfang"

Abgesehen vom US-Arbeitsmarkt hätte es also durchaus Argumente gegeben, den Leitzins unverändert zu lassen. Nicht jedoch für Folker Hellmeyer, Analyst bei der Fondsgesellschaft Netfonds: "Die Füße still zu halten, hätte ich für völlig verkehrt gehalten."

Hellmeyer verweist auf die Realzinsen in Europa und Großbritannien, die deutlich niedriger sind. Verglichen damit seien die Zinsen in den USA zu hoch und das belaste die US-Wirtschaft. Ebenso wie Hellmeyer rechnet auch Krüger damit, dass die aktuelle Zinssenkung erst der Anfang war:

Bis zum Frühjahr wird wohl jeder Zinsentscheid einen kleinen Schritt beinhalten. Die Leitzinsspanne läge dann bei 3,00 bis 3,25 Prozent.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe

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Trumps politischer Einfluss auf Fed wächst

Es sieht also danach aus, als würden die USA zumindest temporär eine höhere Inflation in Kauf nehmen. Und obwohl Hellmeyer weitere Zinssenkungen erwartet und sie auch wirtschaftlich begründet, ist er sich sicher, dass der Druck der Trump-Administration dabei eine wichtige Rolle spielt:

Trump hat Ziele, die versucht er über Druck auszuüben.

Folker Hellmeyer, Analyst Fondsgesellschaft Netfonds

Erst am Montag ist er diesen wieder einen Schritt näher gekommen. Der US-Senat bestätigte den von Trump nominierten Stephen Miran als neues Mitglied im Gouverneursrat der Fed.

Der ökonomische Berater des US-Präsidenten dürfte bereits bei der kommenden Fed-Sitzung auf drastischere Zinssenkungen drängen. "Die Fed wird politischer als vielleicht früher", ist sich Hellmeyer sicher.

Jerome Powells Amtszeit als Vorsitzender endet im Mai kommenden Jahres. Die Chance für Trump, auf das Führungsgremium der Notenbank weiteren Einfluss zu nehmen.

Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

Quelle: mit Material von AFP

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