Sind die Sorgen vor einer KI-Blase berechtigt?

Zwischen Innovation und Übertreibung:Sind die Sorgen vor einer KI-Blase berechtigt?

von Felix Bernhard

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Milliarden an Investitionen und atemberaubende Kursentwicklungen: Wie nachhaltig ist die Euphorie in Sachen Künstlicher Intelligenz?

Hand am Laptop mit stilisiertem Datenstrom über der Tastatur im Raum

Sind die Sorgen vor einer KI-Blase berechtigt?

Quelle: PantherMedia/Unimages2527

An prominenten Mahnern und Warnungen mangelt es dieser Tage nicht, denn viele Profis im Umfeld von Bulle und Bär zeigen sich mit Blick auf aktuelle Entwicklungen an den Aktienmärkten ziemlich besorgt. Zum einen wäre da etwa die Bundesbank, die in ihrem neuesten Finanzstabilitätsbericht auf ein erhöhtes Risiko "abrupter Marktpreiskorrekturen" hinweist. Zum anderen mehren sich auch an der Wall Street die warnenden Stimmen, JPMorgan-Chef Jamie Dimon beispielsweise sieht viele Vermögenswerte auf dem Weg in ein "Blasen-Territorium".

Aber von vorn: Seit der Einführung von ChatGPT Ende 2022 herrscht an den Finanzmärkten ein neuer Goldrausch. Namen wie OpenAI oder Nvidia sind zu Symbolen einer Ära geworden, in der Künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie der Zukunft gilt. Allein US-Konzerne wollen in diesem Jahr mehrere hundert Milliarden Dollar in Infrastruktur investieren. Die Börsenkurse haben entsprechend Höhenluft geschnuppert: Der Chip-Gigant Nvidia brachte in jüngster Vergangenheit zeitweise mehr als fünf Billionen Dollar an Börsenwert auf die Waage. Doch während Anleger auf immer weitere steigende Kurse hoffen, wächst die Sorge, dass die Euphorie in einer gefährlichen Übertreibung mündet.

Ein Mann steht vor dem Google Logo bei der Vorstellung des Google Investitionsplans für Deutschland. Dazu zählen ein Ausbau der Infrastruktur und Rechenzentren, Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme sowie eine Erweiterung der Google- Standorte in München, Frankfurt und Berlin.

Insgesamt 5,5 Milliarden Euro will Google investieren, um Rechenzentren in München, Berlin und in der Nähe von Frankfurt aus- und neu zu bauen - auch dank steigender Nachfrage bei KI.

11.11.2025 | 1:25 min

Was steckt hinter dem Hype?

Die Argumente für eine KI-Revolution klingen überzeugend: Intelligente Maschinen sollen Arbeitsprozesse automatisieren, den Grundstein für neue Geschäftsmodelle legen und gesamte Branchen verändern - von der Energieversorgung bis zur Medizin. An bombastischen Vergleichen mangelt es jedenfalls nicht, wenn im Zusammenhang mit der KI von Entwicklungen wie der Erfindung der Dampfmaschine oder des Internets gesprochen wird:

Ähnlich zur Dotcom-Blase wird - wahrscheinlich zurecht - ein technologischer Paradigmenwechsel erwartet, dessen wirtschaftliche Tragweite jedoch noch nicht vollständig abschätzbar ist.

Bankhaus Metzler Private Banking

ZDF-Börsenexpertin Sina Mainitz

Google will in Deutschland investieren und in Dietzenbach bei Frankfurt ein KI-Rechenzentrum bauen. Zur Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland berichtet Sina Mainitz.

11.11.2025 | 0:55 min

Parallelen mit der Dotcom-Blase?

Die Vergleiche mit dem Jahr 2000 liegen auf der Hand. Damals trieben technische Visionen in Form des anbrechenden Internetzeitalters die Notierungen in schwindelerregende Höhen, bevor die Realität sie einholte. Ein Abgleich mit der aktuellen Situation zeigt jedoch, dass es wichtige Unterschiede gibt. Standen Anfang der Nullerjahre häufig Wetten nach dem Prinzip Hoffnung im Mittelpunkt, geht es heute um international führende Unternehmen mit gewaltigen Umsätzen und Gewinnen. Bedeutet: Die Tech-Giganten verdienen heute tatsächlich Geld. Anders als viele "Dotcom"-Unternehmen vor 25 Jahren verfügen sie über stabile und profitable Geschäftsmodelle:

Der Großteil der Investitionen wird von finanzstarken sogenannten Hyperscalern (Unternehmen mit der größten Rechen- und Speicherkapazität) getragen, die diese Ausgaben überwiegend aus dem operativen Cashflow stemmen.

Bankhaus Metzler Private Banking

Die großen Tech-Unternehmen investieren also massiv in KI, tun dies aber überwiegend aus eigener finanzieller Stärke heraus - nicht primär auf Pump.

Studiogespräch Neuhann Hayali

In den USA werden "viermal so viele Rechenzentren installiert pro Jahr wie es in Deutschland insgesamt gibt", so ZDF-Wirtschaftsexperte Neuhann. "Wir müssen da irgendwie mithalten."

11.11.2025 | 2:23 min

Zwischen Begeisterung und Vorsicht

Zwei Faktoren erscheinen momentan besonders wichtig: die realen wirtschaftlichen Erfolge der Technologie und die Psychologie der Anleger. Solange Investoren glauben, dass KI die Welt verändert und den daran beteiligten Akteuren große Profite beschert, bleibt der Aufwärtstrend vermutlich bestehen. Sobald allerdings die Zweifel daran überwiegen, kann die Stimmung blitzschnell drehen - und mit ihr die Kurse. Im Kern der aktuellen Unsicherheit steht die große Frage, ob sich die riesigen Investitionen für die Unternehmen am Ende auszahlen werden:

"Die derzeitigen Investitionen erscheinen angesichts der steigenden Nachfrage zunächst gerechtfertigt. Dennoch sind einige Prognosen zur mittelfristigen Investitionsentwicklung, die eine Vervielfachung innerhalb der nächsten fünf Jahre erwarten, - jedenfalls aus unserer Sicht - schwer nachvollziehbar", hört man vom Bankhaus Metzler Private Banking.

Die Künstliche Intelligenz hat die Fantasie der Märkte geweckt. Unbefriedigend, aber leider wahr: Ob es eine Blase gewesen ist, weiß man erst, wenn sie platzt.

Felix Bernhard ist Mitarbeiter des ZDF-Teams Wirtschaft & Finanzen.

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