ChatGPT darf Liedtexte nicht ohne Lizenz nutzen

Gema klagt gegen OpenAI:Gericht stärkt Kunstschaffende gegen KI

von Anna-Lena Frosch und Daniel Heymann

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Wenn ChatGPT vollständige Songtexte mit einer Nachfrage wiedergeben kann - ist das dann ein Verstoß gegen das Urheberrecht? Ja, entschied jetzt das Landgericht München.

 Der Schriftzug Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) am Gebäude der Generaldirektion in München.

Der Chatbot ChatGPT von OpenAI wurde auch mit geschützten Inhalten wie Liedtexten trainiert. Das verstößt gegen das Urheberrecht, meint die Gema und hat dagegen erfolgreich geklagt.

11.11.2025 | 1:30 min

Mit "Atemlos durch die Nacht" gelang Helene Fischer 2013 der große Durchbruch. Elf Jahre später hält Künstliche Intelligenz die Gema in Atem: Im Sommer 2024 konnte ChatGPT Songtexte von neun Künstlerinnen und Künstlern vollständig wiedergeben.

Das Problem: Um beispielsweise den Text von Rolf Zuckowskis "In der Weihnachtsbäckerei" wiedergeben zu dürfen, benötigt man eine Gema-Lizenz. Denn solche Lizenzen sichern Künstlerinnen und Künstlern ihre Vergütung.

Da ChatGPT die Texte auch ohne Websuche ausgeben konnte, war für die Gema klar: Das KI-Modell speichert die Liedtexte, und zwar Wort für Wort. Das Landgericht München erkennt darin einen Urheberrechtsverstoß durch OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT.

 Das Logo von OpenAI, dem Hersteller von ChatGPT, wird auf dem Bildschirm eines Smartphones angezeigt.

In München eröffnete der ChatGPT-Erfinder OpenAI im Mai sein erstes Deutschland-Büro. Bayern ist schon jetzt ein Zentrum für die KI-Branche - und will hier noch attraktiver werden.

22.05.2025 | 1:41 min

Datenanalyse als Schlupfloch?

OpenAI sieht in seiner Vorgehensweise nur eine - erlaubte - Datenanalyse. ChatGPT speichere keine Daten, sondern werte nur aus, was Nutzende dem Chatbot an Informationen zur Verfügung stellten. Für die Wiedergabe dieser Daten seien daher die Userinnen und User selbst verantwortlich. Der Konzern beruft sich zudem auf eine Sonderregelung im Urheberrecht, das sogenannte Text- und Data-Mining.

... ist ein Sammelbegriff für verschiedene Verfahren, um große Mengen von Texten oder Daten unter verschiedenen Aspekten zu durchsuchen und auszuwerten. Hierfür ist keine Lizenz erforderlich.

Das Urheberrechtsgesetz erlaubt es Unternehmen, zu Forschungszwecken kreative Werke zu analysieren und zu vervielfältigen, um beispielsweise Regelmäßigkeiten wie die Häufigkeit bestimmter Begriffe zu erheben. Diese Vervielfältigungen müssen allerdings, sobald sie für die Forschung nicht mehr relevant sind, gelöscht werden.


Gericht: Kein Text- und Data-Mining durch ChatGPT

Laut dem Landgericht München stellt die Wiedergabe von Songtexten durch ChatGPT allerdings keine Analyse zu Forschungszwecken dar, sondern vielmehr eine Vervielfältigung. Zudem habe ChatGPT die Songtexte vorher "memorisiert", also gespeichert.

Diese Vorgänge verletzen nach Ansicht des Gerichts die Rechte der Künstlerinnen und Künstler. So konnten die Liedtexte von "Atemlos durch die Nacht" von Helene Fischer oder "Männer" von Herbert Grönemeyer vollständig ohne Gema-Lizenz abgerufen werden.

KI-Training mit Lizenz erlaubt

Völlig gegen die Praxis von OpenAI stellt sich die Gema nicht. Zum Schutz der etwa 100.000 Künstlerinnen und Künstler, die im Verband organisiert sind, möchte sie das KI-Training aber nur zu ihren Konditionen erlauben: OpenAI könne für die Verwendung der Songtexte für ChatGPT Lizenzen erwerben. Das ist allerdings nicht geschehen.

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06.10.2025 | 2:48 min

Etappensieg für die Gema

Das Landgericht gab der Gema deshalb recht und sprach ihr unter anderem einen Schadenersatzanspruch zu. Sowohl das Speichern der Songtexte durch ChatGPT als auch die vollständige Wiedergabe griffen in das Urheberrecht der Künstlerinnen und Künstler ein.

ChatGPT darf in Zukunft keine Songtexte mehr originalgetreu wiedergeben. Zudem muss OpenAI gegenüber der Gema offenlegen, welche Daten das Unternehmen genau gespeichert hat. Die Gema zeigt sich zufrieden mit dem heutigen Urteil.

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"Es stimmt uns zuversichtlich, dass die Kammer die Vorgänge so deutlich als urheberrechtlich relevant eingeordnet hat", sagte Gema-Kommunikationsmanagerin Christina Zander.

Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem fairen Lizenzmarkt, der auch denen Anreize gibt, die die Inhalte schaffen.

Christina Zander, Kommunikationsmanagerin bei der Gema

ChatGPT verweist jetzt auch auf Urheberrecht

Wenn man ChatGPT heute bittet, einen Songtext wiederzugeben, verweigert der Chatbot - und erklärt auf Nachfrage: Liedtexte, wie der von Reinhard Meys Song "Über den Wolken", seien urheberrechtlich geschützt.

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Die KI dürfe den Text weder vollständig noch in großen Teilen wiedergeben. Denn, so ChatGPT: "Künstler investieren Zeit, Emotionen und oft Geld in ihre Arbeit." Songtexte frei zu kopieren, entziehe Künstlerinnen und Künstlern ihre Einnahmen. Oder wie die Gema es formuliert: "Kunstschaffende soll(t)en verdienen, was sie verdienen."

Laut Silke von Lewinski vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb könnte das Urteil grundlegende Auswirkungen auf die Kreativbranche haben:

Bevor ein Text für generative KI genutzt werden kann, müssten die Rechteinhaber dann ihre Zustimmung geben und hätten die Möglichkeit, dafür eine Vergütung zu erhalten.

Silke von Lewinski, Wissenschaftliche Referentin am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettb

OpenAI hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Eine abschließende Klärung könne erst durch ein Urteil in letzter Instanz erfolgen, betont auch Expertin von Lewinski.

Anna-Lena Frosch und Daniel Heymann arbeiten in der ZDF-Redaktion "Recht und Justiz".

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