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Sinkende Inflation:EZB senkt Leitzins auf zwei Prozent
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Die EZB hat wie erwartet den Leitzins gesenkt - auf jetzt zwei Prozent. Vielleicht die letzte dieses Jahr? Niedrigere Sparzinsen und schwankende Bauzinsen werden erwartet.
Selten war eine Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank so erwartbar und doch spannend zugleich. Alles andere als eine erneute Zinssenkung des für Sparer wichtigen Einlagensatzes, dem Leitzins im Euroraum, von derzeit 2,25 auf 2 Prozent wäre eine Überraschung gewesen.
Gleichzeitig haben die Währungshüter ihr wichtigstes Ziel inzwischen erreicht. In den vier größten Ländern der Eurozone, in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, hat sich die Inflation jetzt sogar schon auf unter 2 Prozent abgeschwächt.
Preisdruck nimmt stärker ab als gedacht
Der Preisdruck im Euroraum nimmt stärker ab als gedacht. Die Zinswende, die vor einem Jahr bei einem Leitzins von 4 Prozent begann, zeigt also Wirkung und stellt die Währungshüter vor die nächste wichtige Entscheidung: War es das jetzt mit den Zinssenkungen?
Die Inflationsrate in die Nähe des Ziels von 2 Prozent zu bringen, und damit die gewünschte Preisstabilität wiederhergestellt zu haben, sei "weitgehend geschafft", so jüngst EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gegenüber der FAZ. Er fügte allerdings noch an: "Aber leider treten nun neue Herausforderungen auf."
Weitere Leitzinssenkungen in diesem Jahr denkbar
Gemeint ist Donald Trumps Zollpolitik, die, so schätzt es auch Robin Winkler ein, kräftigen Gegenwind für die Konjunktur in der Eurozone bedeute. Winkler ist Chefökonom für Deutschland bei der Deutschen Bank. Er geht davon aus:
Die EZB dürfte sich im September zu einer weiteren Leitzinssenkung entschließen, um sicherzustellen, dass die Geldpolitik nicht als zusätzliche Konjunkturbremse wirkt.
Robin Winkler, Chefökonom für Deutschland bei der Deutschen Bank
Das sieht auch Ulrich Kater so. Der Chefvolkswirt der DekaBank ist sich sicher: "Die Leitzinsen werden weiter sinken." Für ihn stellt sich eher die Frage, "wie weit sie noch sinken sollen?" Für Kater liegt der richtige Wert "irgendwo zwischen 1,75 und 2 Prozent".
Einzelne EZB-Ratsmitglieder treten auf die Bremse
Doch allgemeiner Konsens ist das keineswegs. Im EZB-Rat, also dort wo die Entscheidungen getroffen werden, forciert längst nicht jeder diese Entwicklung. Bundesbankpräsident Joachim Nagel hatte zuletzt zur Vorsicht gemahnt.
Und sein österreichischer Kollege Robert Holzmann forderte, man solle die durch Donald Trump geschürte Unsicherheit erst einmal abebben lassen, bevor man weitere Zinssenkungen ins Auge fasse.
EZB-Chefvolkswirt: "Supermarkt-Inflation ist höher"
Für Deutschland fällt auf, dass die Preissteigerungen bei den Lebensmitteln noch immer deutlich höher sind als die Gesamtinflationsrate. Etwas was auch Lane bestätigt: "Die Supermarkt-Inflation ist höher". Der EZB-Chefvolkswirt spricht damit aus, was viele Verbraucher an der Kasse spüren: Das Einkaufen ist um vieles teurer geworden.
Auch die Preise für Versicherungen, Essengehen und Leistungen sozialer Einrichtungen wie Altenheime steigen weiterhin überdurchschnittlich. Dass die Euroinflationsrate trotzdem sinkt, ist vor allem dem tiefen Ölpreis geschuldet, der Auswirkungen auf die Kraftstoffpreise und die Preise für Haushaltsenergie hat.
Sparzinsen dürften weiter fallen
Eine weitere Leitzinssenkung dürfte auch Sparern nicht gefallen. Der zuletzt zu beobachtende Abwärtstrend setzt sich fort, prognostizieren die Fachleute. Für Tagesgeld gibt es nach Zahlen der FMH-Finanzberatung im Schnitt nur noch 1,37 Prozent; Tendenz fallend.
Bei den Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken lag der Zins bereits häufig deutlich darunter. Ähnliche Entwicklung beim Festgeld, wo der FMH-Mittelwert für eine sechsmonatige Laufzeit zuletzt bei nur noch 1,78 Prozent lag.
Auf und ab bei Bauzinsen erwartet
Für die Bauzinsen, die nicht unmittelbar an den Leitzinsen der EZB hängen, geht es weiter auf und ab. Bauzinsen orientieren sich als langfristige Finanzierung an der Rendite für Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Die Baufinanzierer sprechen derzeit von bewegten Zeiten, die Schwankungen verursachen können.
Demzufolge rechnet die Branche für das erste Halbjahr mit Hypothekenzinsen, die sich bei einer zehnjährigen Baufinanzierung zwischen 3,0 und 3,5 Prozent bewegen. Für den weiteren Jahresverlauf rechnet die Mehrheit mit einem Anstieg in Richtung vier Prozent.
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