Bundeswehr-Aufrüstung: Wo es in der Rüstungsindustrie klemmt
Schleppende Aufrüstung:Wo es in der Rüstungsbranche klemmt
von Matthias Nick
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Die Bundeswehr soll aufrüsten - da ist man sich einig. Geld genug ist auch da. Trotzdem lässt sich die Produktion nur sehr langsam hochfahren. Woran liegt das?
Das Bundeskabinett hat ein Beschaffungsbeschleunigungsgesetz beschlossen. Damit soll die Bundeswehr schneller an neue Ausrüstung und Rüstungsgüter kommen.23.07.2025 | 1:41 min
Der deutsche Panzer aus einem Guss? Das Gegenteil ist der Fall. Etwa 150 Zulieferer sind Teil der Lieferkette. Jetzt sollen alle mehr und vor allem schneller liefern. Geld ist ausnahmsweise genug da.
Dennoch gibt es ein großes Problem, findet das Institut der deutschen Wirtschaft: Rüstungsproduktion sei von der Großserienproduktion im Kalten Krieg zur Manufakturproduktion heruntergefahren worden, sagt Klaus-Heiner Röhl, Verteidigungsexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Auch in den letzten drei Jahren, trotz des Sondervermögens und des Ukraine-Krieges, hat sich daran nichts geändert.
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Klaus-Heiner Röhl, Institut der deutschen Wirtschaft
Deutsche Rüstungsindustrie beklagt fehlende Planungssicherheit
Bei Schmees defence in Langenfeld fertigt man seit Kurzem das Scharnier für die Einstiegsluken von Panzern. Ein langer Weg: Davor stand die obligatorische Zertifizierung zum Panzerstahlhersteller, jahrelange Entwicklungsarbeit, monatelange Abnahmen, dazu die Probleme, die alle Mittelständler haben: hohe Strompreise und Fachkräftemangel.
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Beschaffung für die Bundeswehr beschleunigen soll - ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann zur Wirksamkeit des Gesetzes.23.07.2025 | 1:17 min
Das allergrößte Hindernis ist aber ein anderes: Man wünscht sich mehr Planungssicherheit. Das man langfristig sieht, welche Aufträge kommen, um sich darauf einzustellen, erklärt Unternehmenschefin Stephanie Zumbusch:
Aktuell wissen wir nicht, wie viele Fahrzeuge von welchem Typ gebaut werden und dementsprechend wissen wir auch nicht, welche Produkte bei uns anfallen.
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Stephanie Zumbusch, Schmees defence
Das Problem mit der Bankenfinanzierung
Ein großes Problem für Mittelständler der Rüstungsindustrie ist auch die Bankenfinanzierung. Im Bankenbereich sind sehr viele Kriterien entwickelt worden, die in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Die Finanzierung von Rüstung ist damit häufig ausgeschlossen.
Viele Banken haben Regeln, dass sie sehr ungern oder gar nicht mehr Rüstungskonzerne finanzieren oder auch gerade Rüstungsmittelständler.
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Klaus-Heiner Röhl, Institut der deutschen Wirtschaft
Die anhaltende Krise in der Automobilindustrie trifft Baden-Württemberg hart. Viele Unternehmen suchen nach neuen Geschäftsfeldern - und entdecken die Rüstungsindustrie als Alternative. 15.07.2025 | 7:31 min
Lehren aus geopolitischen Entwicklungen
Der Antriebshersteller Langguth in Nürnberg ist seit 1910 Zulieferer der Medizin- und Bahntechnik. Um auch Antriebe für Funkmasten der Bundeswehr zu produzieren, war in der Firma mehr nötig als olivgrüner Lack.
Geschäftsführer Gernot Ramsauer beschreibt sich selbst als "ein Kind der achtziger Jahre", das auch bei der Friedensbewegung mit dabei gewesen sei.
Wir mussten halt auch lernen, dass es nicht reicht, wenn nur eine Seite abrüstet.
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Gernot Ramsauer, Langguth
100 Milliarden für ein sichereres Deutschland: Das ist das Versprechen hinter dem "Sondervermögen Bundeswehr". Doch wohin ist das Geld - und sind wir damit wirklich sicherer geworden? 25.06.2025 | 28:44 min
Bürokratie lahmt die Rüstungsindustrie
Der Zulieferer eines Zulieferers kämpft jetzt in vorderster Front - gegen Bürokratie. Es gibt Kataloge von Anforderungen für die Abnahme ihres Produktes: So muss die Firma Langguth unter anderem nachweisen, dass ihre Antriebe resistent gegen Tierseuchen- und Pilzbefall sind - als ob das bei Aluminium nicht selbstverständlich ist.
Diese Bürokratie hemmt, wenn plötzlich ganz schnell mehr produziert werden soll. Wenn man die Produktion hochfährt und die Serienproduktion wieder aufzieht, dann gilt das natürlich nicht nur für Endproduzenten wie Rheinmetall, sondern trifft letztlich auch alle Zulieferer.
Der Langsamste, der Zulieferer, der die größten Probleme hat, die Produktion hochzufahren, der wird letztlich zum Flaschenhals.
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Klaus-Heiner Röhl, Institut der deutschen Wirtschaft
Ein Blick auf die neue Bedeutung der Bundeswehr, die mit dem Milliardenpaket der neuen Bundesregierung nun besser auf- und ausgerüstet werden soll.23.06.2025 | 2:54 min
Das Flaschenhalsproblem: Wenn man sich bei den Zulieferern umhört, dann wissen sie genau, wo der Flaschenhals sitzt, wo gebremst wird.
Es ist nicht der große Rüstungskonzern, wo das Problem ist. Es ist auch nicht der mittelständische Betrieb, der seine Arbeit sehr gut macht. Es ist die Bürokratie, die eine hervorragende Kommunikation zwischen den beiden behindert.
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Gernot Ramsauer, Langguth
Schnell mal die Rüstung hochfahren - da ist es mit Milliarden an Steuergeldern alleine nicht getan.
Verteidigungsminister Pistorius will einen neuen Wehrdienst. Kernelement: Die Einberufung von Wehrpflichtigen soll wieder möglich sein. Die Analyse dazu bei ZDFheute live.08.07.2025 | 30:59 min