Ghosting bei der Jobsuche: Warum Bewerber häufig nicht auftauchen

Unverbindlichkeit bei Bewerbern:Ghosting: Wenn Job-Bewerber nicht auftauchen

von Christoph Voigt
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Es passiert immer häufiger: Nach dem Vorstellungsgespräch bekommt der Bewerber eine Zusage für einen Ausbildungsplatz, doch es erscheint - niemand! Welche Folgen das Ghosting hat.

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Die Bewerbung war erfolgreich, der Vertrag ist unterschrieben - doch zum Beginn der Ausbildung taucht der Auszubildende nicht auf. Welche Konsequenzen hat dieses Verhalten für beide Seiten?28.07.2025 | 2:40 min
Der Begriff "Ghosting" kommt eigentlich aus der Dating-Welt und bedeutet, dass die andere Person wie ein Geist plötzlich verschwindet, untertaucht oder sich nicht mehr meldet. Jutta Rump, Professorin für Personalmanagement am Institut für Employability in Ludwigshafen kennt das Phänomen:

Ghosting in der Arbeitswelt ist nicht neu, hat aber deutlich zugenommen.

Jutta Rump, Institut für Employability, Ludwigshafen

Dies habe vielfach damit zu tun, dass auf der Arbeitnehmer-Seite viele Angebote auf dem Tisch lägen, so Rump weiter. Sie beschreibt den Gedankengang der Bewerber so: Bei mehreren Zusagen entscheide man sich für die erste, die zweite habe man dann schon vergessen.
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Schlechter Stil oder das neue Normal?

Jutta Rump sieht auch im veränderten Zeitgeist und der stärkeren Unverbindlichkeit Ursachen für die Zunahme des Ghosting in der Arbeitswelt, beginnend im privaten Bereich. "Im Grunde haben wir eine Fortsetzung in allen Bereichen unseres Lebens."
Als Beispiel führt sie die Tischreservierung in einem Restaurant an. "Das mache ich nicht nur in einem, sondern in mehreren, um meine Chancen zu erhöhen. Absage an den Rest? Nein!" Das Thema, jemandem abzusagen, sei nicht immer konfliktfrei, es sei unangenehm und werde deshalb oft ignoriert.
Klaus Bourdick
Klaus Bourdick von der Industrie- und Handelskammer Arnsberg erklärt, welche Branchen besonders häufig von Ghosting am Arbeitsplatz betroffen sind und welche Faktoren das Phänomen beeinflussen können.28.07.2025 | 5:25 min

Wie Firmen bei Ghosting gegensteuern

Um das Ghosting-Risiko zu reduzieren, können Unternehmen einiges tun, sagt Klaus Bourdick von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg: "Das Entscheidende heutzutage ist, eine Beziehung aufzubauen, progressiv und schnell auf den Auszubildenden zuzugehen."
So könne man einen Auszubildenden, der im März einen Vertrag unterschrieben habe, direkt zum Betriebsfest im Mai einladen, gerne auch zusammen mit den Eltern. "Das sollte man nicht unterschätzen, dadurch erreiche ich mehr Verbindlichkeit."
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Um die Auszubildenden von vornherein enger an sich zu binden, haben viele Unternehmen spezielle Strategien entwickelt, wie zum Beispiel das sogenannte "Onboarding". Bewerberinnen und Bewerber können sich schon während der Auswahlphase mit Mitarbeitenden austauschen und werden im Werk herumgeführt.
Vor dem Arbeitsbeginn gibt es einen Kennenlern-Termin mit dem Ausbilder. Außerdem bekommen die neuen Auszubildenden Paten aus den höheren Ausbildungsjahrgängen zugeteilt.
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Arbeitgeber schützen sich vor Ghosting von Bewerbern, indem sie im Vertrag Strafen für den Fall einer Kündigung nach Unterschriftsleistung vorsehen oder die Kündigung vor Dienstantritt ausschließen. Das schützt sie aber nur vor Ghosting, nachdem eine Unterschrift geleistet wurde. In der Regel bleibt Ghosting in der Arbeitswelt jedoch rechtlich folgenlos.

Job-Ghosting in der Arbeitswelt betrifft beide Seiten

Auch Bewerber auf Ausbildungsstellen klagen über Ghosting, nämlich darüber, dass sie auf Bewerbungen keine Antwort bekommen. "Kein guter Stil, das sollte nicht passieren", sagt Klaus Bourdick. Wenn Unternehmen Bewerbern nicht absagen, kann das verschiedene Gründe haben. Er kritisiert:

Teilweise sind die Bewerbungsprozesse zu langwierig, zu behäbig.

Klaus Bourdick, IHK Arnsberg

Gerade alteingesessene Unternehmen kämen aus einer Zeit, in der sie gewohnt waren, ihre Ausbildungsstellen regelmäßig besetzen zu können. "Das hat sich geändert. Jetzt ist Flexibilität gefragt, schnellere Reaktionen", sagt Bourdick. Vor allem in großen Unternehmen versande der Absageprozess aber irgendwo im Betrieb.
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Klaus Bourdick rät Bewerbern: "Wenn ich nach ein bis zwei Wochen nichts höre, sollte ich nachfragen, ob die Bewerbung angekommen, wie Stand der Dinge ist." Sollte man trotzdem keine Antwort bekommen, spreche das gegen das Unternehmen, so Bourdick weiter.

Diese Umgangsformen sollten Bewerber berücksichtigen:

  • sich für die Einladung oder die Terminvereinbarung bedanken
  • ist man verhindert, einen alternativen Termin anbieten, falls es die Situation erlaubt
  • wenn möglich, den Grund der Absage erklären, ohne zu sehr ins Detail zu gehen
  • seine Entschuldigung klar und ohne Vorbehalte ausdrücken

Christoph Voigt ist Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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