Innenohr aus dem Gleichgewicht:Morbus Menière - Was hilft bei starkem Schwindel?
von Olaf Schwabe
Plötzlicher Drehschwindel, so stark, dass man nicht mehr stehen kann - das ist typisch für Morbus Menière. Die Schwindelattacken sind für Betroffene eine Qual. Wie es dazu kommt.
Jahrelang leidet Gabriele Kerber an Hörsturz und Tinnitus. Als dann noch heftige Schwindelattacken auftreten ist sie kurz vorm Verzweifeln.
08.12.2025 | 5:16 minSchwindel ist extrem unangenehm und kann das Leben der Betroffenen schwer beeinträchtigen. Besonders heftig sind Schwindelattacken bei Morbus Menière. Sie treten wie aus heiterem Himmel auf und können stundenlang anhalten.
Wie äußert sich Morbus Menière?
Bei Morbus Menière handelt sich um eine Erkrankung des Innenohrs, der oft ein Hörsturz und/oder ein Tinnitus vorausgeht. Typisches Symptom ist ein sogenannter Drehschwindel, meist begleitet von Übelkeit, Erbrechen und starkem Krankheitsgefühl, erklärt Sandra Becker-Bense, Neurologin am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Die Attacken können sehr heftig sein und bis zu mehreren Stunden andauern.
Prof. Dr. Sandra Becker-Bense, Deutsches Schwindel- und Gleichgewichtszentrum (DSGZ)
Ursache, so Becker-Bense weiter, seien krankhafte Veränderungen im Gleichgewichtsorgan und in der Hörschnecke, die beide im Innenohr liegen.
Ohrgeräusche können für Betroffene eine extreme Belastung sein. Welche Ursachen ein Tinnitus hat und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
14.10.2025 | 5:05 minMorbus Menière: Flüssigkeitsstau im Innenohr
Gleichgewichtsorgan und Hörschnecke werden von Flüssigkeiten, der sogenannten Endolymphe und Perilymphe, umspült. Die Flüssigkeiten sind durch eine dünne Membran (Reißner-Membran) voneinander getrennt. Kommt es zu einem Stau der Endolymphe, entsteht ein hoher Druck im Innenohr. Verantwortlich dafür ist ein Ungleichgewicht zwischen Produktion und Abtransport der Flüssigkeit.
Die krankhafte Flüssigkeitsansammlung im Ohr kann dazu führen, dass die Hülle irgendwann reißt.
Prof. Dr. Sandra Becker-Bense, Neurologin, LMU München
Reißt die Membran ein, fließen Endolymphe und Perilymphe ineinander. Es kommt zu einer Schädigung der Sinneszellen im Hör- und Gleichgewichtsorgan. Was letztlich zu der übermäßigen Flüssigkeitsproduktion führt, ist bislang unklar. Entzündungen oder organische Ursachen werden als Auslöser diskutiert.
Die Diagnose Morbus Menière kann vor allem im Anfangsstadium schwierig sein, da andere Schwindelerkrankungen ähnliche Symptome hervorrufen. Oft wird die Erkrankung als solche erst nach Jahren diagnostiziert.
Die Diagnose eines Morbus Menière kann anhand folgender Kriterien gestellt werden:
- mindestens zwei spontane Schwindelattacken mit einer Dauer von über 20 Minuten bis zu zwölf Stunden
- das nachgewiesene Vorliegen eine Hörminderung auf mindestens einem Ohr
- wiederkehrende Ohrgeräusche (Tinnitus) oder ein Druckgefühl im Ohr
- Ausschluss anderer Schwindelerkrankungen
Wie Morbus Menière behandelt werden kann
Morbus Menière ist nicht heilbar. Der Schwindel lässt sich in den meisten Fällen jedoch gut behandeln, zum Beispiel mit Medikamenten, die gezielt in die Flüssigkeitsregulation im Innenohr eingreifen. Hierzu gehört der Wirkstoff Betahistin.
Für das menschliche Gleichgewicht ist ein Sinnesorgan im Innenohr verantwortlich. Es ist nur wenige Zentimeter groß, liegt direkt neben der Hörschnecke und besteht aus zwei Teilen.
26.02.2024 | 1:16 minEine andere Möglichkeit ist die lokale Injektion von Kortison durch das Trommelfell ins Mittelohr. Die Behandlung wirkt entzündungshemmend und abschwellend und zeigt gute Erfolge bei Morbus Menière, erklärt Becker-Bense.
Die Kortison-Therapie setzt sich zunehmend durch, weil viele Patienten davon profitieren können.
Prof. Dr. med. Sandra Becker-Bense, Neurologin, LMU München
Eine weitere Therapie ist die lokale Injektion des Antibiotikums Gentamicin. Allerdings treten häufig Nebenwirkungen wie Gleichgewichtsstörungen oder ein Hörverlust auf. Bei zu hoher Dosierung kann das Innenohr geschädigt werden.
Eine Mittelohrentzündung kann starke Ohrenschmerzen, Hörminderung und sogar Fieber verursachen. Welche Hausmittel es gibt und wann man zum Arzt gehen sollte.
22.01.2025 | 5:03 minIst der Leidendruck hoch und hilft eine medikamentöse Behandlung nicht weiter, kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Die operativen Möglichkeiten unterscheiden sich darin, ob sie strukturerhaltend sind oder auf die Zerstörung des Innenohrs abzielen.
Operative Möglichkeiten bei Morbus Menière
Eine die strukturerhaltende Operation, bei der das Hörorgan und das Gleichgewichtsorgan erhalten bleiben, ist die sogenannte endolymphatische Dekompression, die den Druck im Innenohr reduziert. Bei dem Eingriff werden die knöcherchen Strukturen, die den endolymphatischen Sack umgeben, entfernt.
Auch bei der Tenotomie bleiben die Stukturen im Innenohr größtenteils erhalten. Bei dem Eingriff werden die Mittelohr-Muskeln (Musculus tensor tympani und Musculus stapedius) durchtrennt. Dadurch wird der Druck von den Gehörknöchelchen genommen, die mit den Muskeln verbunden sind.
Bei der Neurektomie wird der Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) durchtrennt. Ziel ist es, die Schwindelattacken für immer auszuschalten. Die Methode birgt Risiken wie Infektionen oder Verletzungen des Innenohrs. Unter Umständen kann der Nerv wieder nachwachsen, selten können sich Nerventumore bilden.
Problematisch wird es, wenn das gesunde Ohr erkrankt. Dann haben Patienten überhaupt keinen Gleichgewichtssinn mehr.
Psychische Belastung bei Morbus Menière
Je nach Häufigkeit und Intensität der Schwindelattacken leiden viele Patienten an psychischen Begleitsymptomen. Angst ist für viele Betroffene ein ständiger Begleiter. Das wiederum kann einen psychogenen Schwindel auslösen.
In schweren Krankheitsfällen können auch Depressionen und Suizidgedanken auftreten, so dass eine psychologische oder psychiatrische Behandlung erforderlich wird.
Jeder zweite Mensch in Deutschland hat online schon einmal nach Informationen über Depression gesucht. Damit verbunden sind Chancen, aber auch Risiken.
25.11.2025 | 3:59 minSchwindel verschwindet oft wieder
Der Krankheitsverlauf ist bei Morbus Menière individuell sehr unterschiedlich. Es kann bei wenigen Schwindelanfällen bleiben. Meist wiederholen sich die Attacken jedoch. Im Alter lässt der Schwindel häufig nach und hört bei vielen Betroffenen sogar komplett auf.
Bei diesen Patienten kann das Gleichgewichtsorgan bereits so stark geschädigt sein, dass sie die Attacken nicht mehr wahrnehmen. Man spricht dann von einem "ausgebrannten" Morbus Menière.
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