SPD-Manifest: Was heißt der Text für Lars Klingbeil?
FAQ
Richtungsstreit um Russland:Was heißt das SPD-Manifest für Lars Klingbeil?
von Anne Herzlieb und Dominik Rzepka
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Ist das Manifest ein Angriff auf Klingbeil? Einige in der SPD sehen das so, der Parteichef selbst gibt sich gelassen. Wie sehr wird der Text den Parteitag Ende Juni bestimmen?
Ein Manifest prominenter SPD-Politiker fordert von der Bundesregierung eine grundlegende Wende in der Außen- und Sicherheitspolitik - und entfacht einen innerparteilichen Streit.11.06.2025 | 2:29 min
Ist das Manifest ein Angriff auf Lars Klingbeil?
Ein bisschen schon. So jedenfalls kann man Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) verstehen. Das Manifest sei nicht die Position der Mehrheit der Sozialdemokraten, erst recht nicht der Mehrheit der Personen, die gerade in der Sozialdemokratie an der Spitze stehen, sagt Lies. Und weiter:
Das ist auch sehr eng verbunden mit einem Angriff auf die Spitze.
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Olaf Lies, SPD
Auch Juso-Chef Philipp Türmer deutet das so an. Auf die Frage, ob er das Manifest als einen Angriff auf die SPD-Spitze wertet, sagt er ZDFheute: "So ist das bestimmt nicht von allen Unterzeichner*innen gemeint." Von einigen also schon?
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder sagt, Zeitpunkt und Inhalt des Manifestes stünden für eine "Generalinfragestellung des gegenwärtigen Kurses" der SPD und zielten auch auf die Parteispitze:
Beiträge, die den Kurs einer Partei grundsätzlich in Frage stellen, haben immer den Charakter zugleich auch als Machtfrage eingeordnet werden zu müssen.
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Wolfgang Schröder, Wissenschaftszentrum Berlin
Das "Manifest" mehrerer SPD-Politiker sei eine Breitseite für Lars Klingbeil, so die Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios, Diana Zimmermann. 11.06.2025 | 2:46 min
Wie groß ist die Zustimmung innerhalb der SPD?
Gering. Die Gruppe der Unterzeichner ist klein, und Juso-Chef Türmer sagt ZDFheute, das Manifest sei geprägt von Wünschen einer anderen politischen Generation:
Entspannungsrhetorik allein ist keine Friedenspolitik und bringt Putin nicht zum Verhandeln. Dieses Manifest bietet eine Leerstelle, die wir uns als Partei nicht erlauben können.
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Philipp Türmer, SPD
Klar ist: Die Unterzeichner des Manifests sind weit von einer offensiven Friedensbewegung entfernt vergleichbar der in den achtziger Jahren gegen den Nato-Doppelbeschluss. Wolfgang Schroeder sagt:
Die Unterzeichner sehen sich als eine Art Gralshüter der Friedenspartei, repräsentieren aber nur einen sehr kleinen Teil der SPD.
Man müsse in der Lage sein "mit denen zu reden, deren Werte man überhaupt nicht teilt", so Ralf Stegner SPD zum "Manifest" zur Außenpolitik.
12.06.2025 | 6:58 min
Ist Lars Klingbeil umstritten in der SPD?
Lars Klingbeil ist der starke Mann der SPD, obwohl er das schlechteste SPD-Ergebnis aller Zeiten bei einer Bundestagswahl mitverantworten muss. Doch während Co-Chefin Saskia Esken abtritt, ist Klingbeil nun Finanzminister, Vizekanzler und Parteichef.
Nicht allen in der SPD dürfte aber gefallen haben, dass Klingbeil SPD-Größen wie Hubertus Heil abgesägt und eine Koalition mit Friedrich Merz (CDU) geschmiedet hat. Klingbeil fehlten bei seiner Wahl zum zwischenzeitlichen Fraktionschef 16 Stimmen. Das ist überschaubar, aber auch nicht nichts.
Die historische Wahlniederlage der SPD war der Beginn seines Aufstiegs, vom Parteichef zum Vizekanzler. Klingbeil ist der neue starke Mann der SPD. Sein Vorgehen ist umstritten.11.05.2025 | 3:32 min
Kann das Manifest die Koalition gefährden?
"Nein im Gegenteil", sagt Wolfgang Schroeder. "Dieses Papier kann auch zu einer Stabilisierung innerhalb der Koalition beitragen, um klar zu machen: Diese Position teilen wir als SPD nicht." Parteichef Klingbeil könne das Manifest nutzen, um die eigene Führungsrolle herauszustellen.
Klingbeil selbst versucht, die Debatte einzufangen. "Wir müssen als Volkspartei das auch aushalten, dass wir Debatten darüber führen, wie wir zum Frieden finden", sagt er. Inhaltlich widerspricht er dem Manifest. "Wir brauchen keine Kehrtwende, was die Unterstützung der Ukraine angeht." Und weiter:
Ich bin weit davon entfernt, diese Debattenbeiträge als Angriff auf meine Person zu sehen.
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Lars Klingbeil, SPD
Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende äußert sich bei "Lanz" zum Manifest von Partei-Kollegen: "Jetzt ist eine Zusammenarbeit mit Putins Russland nicht der richtige Ansatz."12.06.2025 | 1:27 min
Welche Bedeutung hat das Manifest für den Parteitag?
"Das Manifest macht ja nur Sinn, weil es vor und für den Parteitag geschrieben wurde", sagt Wolfgang Schroeder. Insofern dürfte das Papier auch beim Parteitag in zwei Wochen für Zündstoff und Diskussionen sorgen.
Dass es aber den Parteitag, auf dem Arbeitsministerin Bärbel Bas zur neuen Parteichefin gewählt werden wird, überlagern wird, davon ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszugehen.