Schwarz-Rot berät den Haushalt:Feilschen um Milliarden - bis 5 Uhr morgens?
Im Bundestag berät ein Ausschuss über den Haushalt. Bereinigungssitzung heißt das. Das Treffen ist erstaunlich wichtig, es dauert traditionell lange - und es geht um Milliarden.
In Berlin trifft sich heute der Haushaltsausschuss zur Bereinigungssitzung - vielleicht bis morgen früh?
Quelle: dpa/Fabian SommerNirgendwo sonst im Parlament wird so hart gefeilscht wie in der sogenannten Bereinigungssitzung. In dieser Nacht zeigt sich, welche Projekte überleben, welche gestrichen werden - und welche Zusagen die Koalition tatsächlich einhält.
Auch persönliche Karrieren hängen daran: Büros werden neu verteilt, Stellen gestrichen, Posten vergeben.
Hinzu kommt in diesem Jahr etwas Besonderes: Beim Regierungswechsel wurden neue Ministerien wie das Digitalministerium geschaffen, andere neu zusammengesetzt. Erst in dieser Nacht bekommen deshalb einige Mitarbeiter endgültige Gewissheit, ob sie ihre Stelle bekommen und wo diese sein wird.
Im Koalitionsausschuss sind sich die Parteichefs von CDU, CSU und SPD einig, dass der Reformbedarf groß ist.
03.09.2025 | 2:44 minEs geht um 500 Milliarden Euro
So können erst jetzt Organigramme final festgezurrt werden - und manch eine Abteilung bekommt nun den neuen Standort. Allerdings sind die ganz großen Finanzfragen schon vorher verhandelt. Es geht schließlich um den Haushalt des laufenden Jahres. Bisher ein vorläufiger Haushalt, da die Regierung im vergangenen Jahr vor der Bereinigungssitzung zerbrochen ist.
Konkret geht es dafür um Ausgaben von etwa 500 Milliarden Euro und um eine höhere Neuverschuldung von voraussichtlich über 80 Milliarden Euro, eine deutliche Erhöhung von 39 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem sind Rekordinvestitionen von über 115 Milliarden Euro eingeplant.
Die Bundesregierung ringt um eine Reform des Sozialstaats. Während Bundeskanzler Merz Reformen für überfällig hält, bezeichnete Arbeitsministerin Bas die Debatte als "Bullshit".
01.09.2025 | 2:06 minLücke von 30 Milliarden Euro
Viel Geld und zugleich betont Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) immer wieder, dass eine erhebliche Lücke von rund 30 Milliarden Euro noch zu schließen sei. Das Geld muss gespart werden. Komme, was wolle.
Möglicherweise entscheiden am Ende auch vier Parteivorsitzende selbst, wenn anders keine Einigung möglich ist. So hieß es jedenfalls gestern. Ob dies eher eine Drohung sein soll? Möglich.
"Keine Option vom Tisch": SPD-Chef Lars Klingbeil schließt Steuererhöhungen nicht aus.
17.08.2025 | 20:05 min"Sportmilliarde" geplant, etwa für Schwimmbäder
Und so hat es das Kleinteilige in sich: Jedes Ressort kämpft um seine Prioritäten. Zum Beispiel kündigen Union und SPD an, eine Milliarde Euro zusätzlich für die Sanierung von Schwimmbädern und Sportplätzen in den Entwurf zu schreiben - ein zentraler Punkt aus ihrem Koalitionsvertrag.
Wir wollen, dass Kommunen trotz knapper Kassen ihr Sportangebot erhalten können.
Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher CDU/CSU-Fraktion
Auch Thorsten Rudolph (SPD) spricht von einem "kraftvollen Zeichen", das den Sanierungsstau vieler Sportanlagen angehe.
Die Ausgaben für die Entwicklungspolitik sollen dagegen gekürzt werden. Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung soll im Vergleich zu 2024 um fast eine Milliarde Euro auf etwa 10,3 Milliarden Euro sinken. In der Nachtsitzung zeigen sich Stärke und Prioritäten.
Bundeskanzler Merz widerspricht SPD-Chef Klingbeil: Steuererhöhungen werde es mit ihm nicht geben. Es gebe einen Koalitionsvertrag und der gelte, sagt er im ZDF-Sommerinterview.
31.08.2025 | 20:57 minWarum die Sitzung heute so wichtig ist
Deshalb ist die Sitzung für viele das Herzstück parlamentarischer Haushaltsarbeit. Denn hier werden noch einmal Änderungsanträge eingebracht, Kompromisse geschlossen und nicht selten politische Tauschgeschäfte gemacht.
Ministerinnen und Minister kämpfen oft höchstpersönlich um ihre Projekte, die Opposition nutzt die Bühne, um lautstark Gegenentwürfe zu präsentieren und Kritik anzubringen. Und so ist es ein Wettkampf der besonderen Art der Machtpolitik.
Große Investitionen und neue Rekordschulden – so sieht der Haushalt 2026 aus. Die Opposition kritisiert die Pläne, ab 2027 wird eine riesige Haushaltslücke erwartet.
31.07.2025 | 2:42 minSitzungen dauern oft lang. Sehr lang
Ein zentrales Problem bleibt immer die Haushaltslücke: Zwischen zehn und zwanzig Milliarden Euro gilt es in normalen Jahren noch auszugleichen - in Ausnahmesituationen wie der Corona-Krise auch deutlich mehr. Nun sollen es 30 Milliarden sein. In trockenen Tüchern ist längst nicht alles - manch ein Projekt wird nun begraben.
Traditionell sind die Bereinigungssitzungen äußerst lang und arbeitsintensiv - bis am Ende die sogenannte Bereinigungsvorlage steht, also der endgültig überarbeitete Haushaltsentwurf. Der geht dann in die Schlussabstimmung im Bundestag.
Erst wenn diese Hürde genommen ist, kann der Bundeshaushalt verabschiedet werden. Im vergangenen Jahr wurde bis fünf Uhr morgens verhandelt.
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