mit Video
Bilanz des Treffens in Kanada:War der G7-Gipfel ein Erfolg?
|
Die Erwartungen an den G7-Gipfel waren gering - immerhin gab es sieben Einzelerklärungen und trotz der vorzeitigen Abreise Trumps keinen offenen Streit. Eine Bilanz des Treffens.
Eine große gemeinsame Abschlusserklärung gab es nicht beim G7-Gipfel der großen demokratischen Industriemächte - immerhin zu sieben Themen präsentierten die Staats- und Regierungschefs Einzelerklärungen - und sie bemühten sich, das Treffen in Kanada trotz der vorzeitigen Abreise von US-Präsident Donald Trump als Erfolg zu verkaufen.
"Dieser G7-Gipfel ist weitaus erfolgreicher, als ich es am Anfang gedacht habe", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Kananaskis. Ein Überblick darüber, was bei dem Treffen der G7 erreicht wurde - und was nicht:
Kein großer Zoff - und sieben Einzelerklärungen
Der erste G7-Gipfel in Trumps zweiter Amtszeit endete trotz der vorzeitigen Abreise des US-Präsidenten wegen des Nahost-Konflikts nicht in einem ganz großen Debakel. In seiner ersten Amtszeit ließ Trump 2018 den Kanada-Gipfel der Gruppe platzen, indem er seine Zustimmung zur Abschlusserklärung nachträglich zurückzog. Schon im Vorfeld des diesjährigen Treffens war deshalb klar, dass es keine große Abschlusserklärung geben wird.
Stattdessen standen am Ende insgesamt sieben Erklärungen zu einzelnen Punkten. Neben einer Stellungnahme zum Konflikt zwischen Israel und Iran ging es um diese Themen:
- Kampf gegen irreguläre Migration und Schleuser
- Kampf gegen Waldbrände
- Kampf gegen grenzüberschreitende Repression
- Aktionsplan zu kritischen Mineralien
- Erklärung zur Künstlichen Intelligenz
- Gemeinsame Vision für die Zukunft von Quantentechnologien
Gemeinsame Position zum Krieg zwischen Israel und Iran
Eine der sieben Erklärungen war eine echte Überraschung: die gemeinsame Positionierung zum Krieg zwischen Israel und dem Iran. Die G7-Staaten gaben ein Bekenntnis zum Selbstverteidigungsrecht Israels ab, riefen zum Schutz von Zivilisten auf - und stellten klar, der Iran dürfe niemals eine Atombombe besitzen.
Der Text gibt allerdings keinerlei Hinweise, wie ein Ausweg aus der Eskalation gefunden werden könnte. Und Trump lässt nicht nur die G7, sondern die ganze Welt im Unklaren, ob er an der Seite Israels in den Krieg eingreifen will.
Keine einheitliche Linie zum Ukraine-Krieg
Beim Ukraine-Krieg ziehen Trump und die Europäer weiterhin nicht an einem Strang. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste eigens nach Kanada, um gemeinsam mit den europäischen G7-Staaten auf Trump einzuwirken. Sie wollen, dass dieser den Druck auf Moskau erhöht und neue US-Sanktionen billigt. Doch als die G7-Chefs am Dienstag mit Selenskyj zusammensaßen, war Trump längst abgereist.
Allerdings zeigt sich Kanzler Merz zuversichtlich, dass es schon bald Bewegung geben könnte: "Ich gehe mit dem vorsichtigen Optimismus zurück nach Deutschland, dass es auch in Amerika in den nächsten Tagen hier Entscheidungen geben wird, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen."
Keine sichtbaren Fortschritte im Zollstreit
Ein Durchbruch im Zollstreit ist weiter nicht in Sicht. Die in der EU zuständige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach zwar in Kanada mit Trump über das Thema, konkrete Fortschritte konnte sie aber nicht verkünden.
Etwas Optimismus verbreitete lediglich Kanzler Merz. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es bis zum 9. Juli zumindest einen begrenzten Deal mit den USA geben kann - etwa für ausgewählte Bereiche wie die Autoindustrie. Wenn bis zum 9. Juli keine Einigung erzielt wird, greifen nach derzeitigem Stand neue hohe US-Zölle auf fast alle Exporte aus der EU in die Vereinigten Staaten - und die EU würde ihrerseits mit Zöllen auf Einfuhren aus den USA antworten.
Klimawandel spielte beim G7-Gipfel keine Rolle
Manche Themen, bei denen die G7-Staaten in der Vergangenheit wichtige Akzente setzten, fanden gar nicht erst statt, weil mit Trump ohnehin keine Einigkeit zu erzielen wäre. So etwa die Entwicklungshilfe - die in den USA dafür zuständige Behörde war unter Trump kurzerhand eingestampft worden.
Obwohl die G7-Teilnehmer sich in einer Erklärung zutiefst besorgt zeigen über die "rekordverdächtigen Waldbrände" in den vergangenen zehn Jahren, wird der Klimawandel als ein wichtiger Faktor auf Druck der USA nicht erwähnt. Beide Themen gehörten bei früheren Gipfeln zum Pflichtprogramm der G7.
Quelle: dpa
Mehr zum G7-Gipfel
Interview
Politologe zu G7-Gipfel:Trumps Vorgehen "beispielloser Affront"
Interview
Kanzler beim G7-Gipfel:Merz: Israel macht in Iran Drecksarbeit für uns
mit Video