Eurovision Song Contest:Der Fall Israel: Warum der ESC sein Votingsystem ändert
von Dominik Rzepka
Nur noch zehn statt 20 Anrufe pro Zuschauer und weniger Werbung für Künstler und Länder: Der ESC ändert sein Votingsystem. Warum das auch mit der Teilnahme Israels zu tun hat.
Aus dem Archiv: Im Mai 2025 gab es eine Diskussion um Israels ESC-Teilnahme und um das Votingsystem.
22.05.2025 | 2:13 minEs war schon auffällig. Beim Eurovision Song Contest im Mai hat Israel die meisten Stimmen vom Publikum erhalten. 297 Punkte von den Zuschauern, die per Telefon und App für das Land abgestimmt hatten.
Hätte nur das Publikum entschieden, hätte die israelische Künstlerin Yuval Raphael den ESC gewonnen - und nicht der österreichische Sänger JJ mit dem Titel "Wasted love".
Grund dafür: Bei den Jurys, die zur Hälfte über den Sieg entscheiden, war Israel durchgefallen. Nur 60 Punkte von den Experten, nur Platz 15 im Juryvoting. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hatte die Jurys dafür scharf kritisiert:
Das heißt, die Schiedsrichter haben Politik gemacht und die Bevölkerung hat eigentlich vom Herzen gewählt.
Ron Prosor am 21. Mai 2025
Aus dem Archiv: Opernsänger JJ gewinnt den Eurovision Song Contest für Österreich. Die Favoriten Schweden und Frankreich haben das Nachsehen. Deutschland landet mit Abor & Tynna auf Platz 15.
18.05.2025 | 1:57 minIsraels Teilnahme sorgte für Kritik
Dabei haben die Jurys den israelischen Song vielleicht etwas realistischer eingeschätzt, als das Publikum. Besonders stark oder innovativ war "New Day will rise" laut Beobachtern nicht gerade.
Und so stellte sich auch die Frage, ob nicht eher die Zuschauer politisch abgestimmt hatten. Denn auch in diesem Jahr gab es eine hitzige Debatte über die Teilnahme Israels, es gab Boykottaufrufe wegen des Vorgehens in Gaza.
Hatten Zuschauer also auch aus Unterstützung für Israel angerufen? Um damit gegen die Boykottaufrufe zu protestieren? Auch von den deutschen Zuschauern gab es 12 Punkte für Israel.
Für Deutschland trat 2025 das Geschwister-Duo Abor und Tynna mit dem Song "Baller" an.
24.03.2025 | 2:08 minSo ändert der ESC das Voting
Israel hat im Vorfeld der Abstimmung Werbung geschaltet. In den sozialen Medien gab es Aufrufe, für Israel anzurufen. Das war in diesem Jahr bis zu 20 Mal pro Zuschauer möglich - eine unfaire Einflussnahme?
Jedenfalls reagiert der ESC jetzt. In einem Statement vom Freitag teilen die Veranstalter mit, das Votingsystem ändern zu wollen. Wichtigste Neuerung:
Für den Wettbewerb 2026 wird die maximale Anzahl an Abstimmungen (...) von 20 auf zehn reduziert.
Statement der ESC-Veranstalter
So soll offenbar verhindert werden, dass Gruppen von Zuschauern 20 Mal für dasselbe Land anrufen und damit die Abstimmung verzerrt wird. Zudem sollen Jurys 2026 auch wieder in den Halbfinals mitentscheiden, anders als 2025. Unverändert bleibt, dass Publikum und Jurys je zur Hälfte über den Sieger entscheiden.
Mai 2024: Auch beim ESC in Malmö gab es Kritik an Israels Teilnahme.
10.05.2024 | 4:57 minWeniger Werbung durch Regierungen
Außerdem werden die Abstimmungsregeln "gestärkt, um den Wettbewerb weiter vor Versuchen der unfairen Einflussnahme auf das Voting zu schützen".
Konkret geht es um Werbung für die Künstlerinnen und Künstler. Sie müsse "angemessen" sein, heißt es.
Unverhältnismäßige Werbekampagnen sollen verhindert werden, vor allem, wenn sie von Dritten kommen wie Regierungen oder Regierungsagenturen.
Statement der ESC-Veranstalter
Damit reagieren die ESC-Veranstalter auf explizite Kritik an Werbung für die israelische Künstlerin in diesem Jahr. Unter anderem der belgische ESC-Sender hatte sich darüber beschwert und sogar mit einem Rückzug vom ESC gedroht.
Mehrere TV-Sender fordern, Israel vom ESC auszuschließen. Greg Schneider vertritt jüdische Opfer des Nationalsozialismus und kritisiert: Allein die Debatte erschüttere Überlebende (eng.).
17.09.2025 | 0:55 minWird Israel vom ESC 2026 ausgeschlossen?
Nach wie vor überlagert die Debatte um Israels Teilnahme den ESC 2026 in Wien. Mehrere Länder wie Spanien und die Niederlande haben angekündigt, den ESC 2026 zu boykottieren, sollte Israel teilnehmen.
Anfang Dezember werden die ESC-Veranstalter die Frage diskutieren. In Deutschland gibt es Stimmen, die sich für einen Boykott aussprechen, sollte Israel tatsächlich ausgeschlossen werden.
Die Änderung des Votingsystems dürfte der Versuch der ESC-Veranstalter sein, auf Israels Kritiker zuzugehen. Ob das reicht? Das ist derzeit offen.
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