Jusos gegen Boris Pistorius: Streit in der SPD über Wehrpflicht
SPD-Parteitag:Wehrpflicht: Jusos rebellieren gegen Pistorius
von Britta Spiekermann
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Die Jusos stellen sich gegen die Pläne von Boris Pistorius zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Der Verteidigungsminister reagiert im Gespräch mit dem ZDF auf deren Antrag.
Die Jusos mit ihrem Vorsitzenden Philipp Türmer lehnen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ab.
Quelle: dpa
"Freiwilligkeit statt Zwang" heißt der Initiativantrag, mit dem die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, auf dem Parteitag gegen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius rebellieren.
Der Verteidigungsminister will in einem neuen Gesetz - ein Entwurf könnte in zwei Wochen vorliegen - die Möglichkeit einer Wehrpflicht verankern. Zwar setze er weiter auf Freiwilligkeit, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, allerdings erklärte er im Gespräch mit dem ZDF, dass auch eine mögliche Wehrpflicht greifen könnte, sollten sich nicht genug Freiwillige finden.
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Jusos: Zwang ist nicht die Antwort
In ihrem Initiativantrag, den die Jusos kurz vor Beginn des Parteitags geschrieben haben und der dem ZDF vorliegt, heißt es:
Forderungen nach einer Verpflichtung von jungen Menschen zum Wehrdienst oder die Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnen wir ab.
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Initiativantrag der Jusos
Es müsse vielmehr um Freiwilligkeit statt um Zwang gehen. Zwang sei keine Antwort auf die strukturellen Probleme der Bundeswehr.
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Pistorius: Habe nicht vor, zur Wehrpflicht zurückzukehren
Damit stellen sich die Jusos gegen den Verteidigungsminister. Der wiederum sieht seine und die Position der Jusos gar nicht so weit auseinander. Im Gespräch mit dem ZDF am Rande des SPD-Parteitags erklärte er:
Ich habe nie vorgehabt und habe es jetzt auch nicht vor, zur Wehrpflicht zurückzukehren.
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Boris Pistorius, Verteidigungsminister
Sein Anspruch sei es, bis zum Ende des Jahrzehnts eine Reserve aus dann 200.000 ehemaligen Soldaten aufzubauen, die aus der bereits vorhandenen Reserve und neuen Wehrdienstleistenden gewonnen werden solle.
"Die wollen wir freiwillig gewinnen", erklärte Pistorius und nannte Schweden als Vorbild. "Das gelingt, indem wir attraktiver werden, besser bezahlen, gute Ausbildungsangebote machen, sinnstiftenden Dienst anbieten, und wir setzen darauf, dass das gelingt."
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Ein Mechanismus für alle Fälle
Zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht sagte er: "Wenn das irgendwann nicht mehr reichen sollte, um das Ziel zu erreichen bis Ende des Jahrzehnts, dann müssen wir entscheiden, wie wir zu einer Teilverpflichtung kommen. Aber das ist heute noch nicht der Fall."
Sollten jedoch tatsächlich Soldaten fehlen, brauche es einen Mechanismus, der schnell aktiviert werden könne, sagte Pistorius, "um dann nicht erst in ein Gesetzgebungsverfahren neu eintreten zu müssen". In so einem Fall habe man schon zu viel Zeit verloren, "und deswegen muss man diese Vorsorge meiner Überzeugung nach treffen", so der Verteidigungsminister.
Den Antrag der Jusos nimmt er nach eigenen Angaben gelassen.
Solche Debatten gehören zum Bundesparteitag dazu, egal, von wem sie angestoßen werden.
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Boris Pistorius
Momentan sieht es danach aus, dass sich Pistorius und die Jusos auf einen gemeinsamen Text zur Wehrpflicht einigen könnten - eine Wehrpflicht soll nicht aktiviert werden, bevor nicht alle Maßnahmen zur freiwilligen Personalgewinnung ausgeschöpft sind.
Britta Spiekermann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.