FAQ
Neue Schuldenpolitik:So reagiert die Parteibasis von CDU und SPD
von Max Schwarz
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In Berlin einigen sich Union und SPD auf ein milliardenschweres Sondervermögen und eine Reform der Schuldenbremse. Wie reagieren Parteimitglieder? Ein Stimmungsbild.
500 Milliarden Euro neue Schulden für die Infrastruktur aufnehmen und die Schuldenbremse für Rüstungsausgaben reformieren. So lautet der am Dienstagabend vorgestellte Plan der Verhandlungsteams von Union und SPD.
CDU-Mitglied: Geplante Neuverschuldung "schwer verdaulich"
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zog in den Bundestagswahlkampf mit dem klaren Versprechen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse nicht zu reformieren. Auch einer schuldenfinanzierten Wirtschaftspolitik erteilte er immer wieder eine Absage. Die Kehrtwende empfinden viele Mitglieder als Zumutung.
"Die geplante Neuverschuldung ist für viele Menschen an der Parteibasis erst einmal schwer verdaulich. Sicherlich bedarf es erheblicher Investitionen in unsere Bundeswehr, um angesichts der globalen Herausforderungen die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Einen rein schuldenfinanzierten Ansatz halte ich aber für fragwürdig. Hier wird es erhebliche Überzeugungsarbeit seitens der Parteiführung brauchen, um die Notwendigkeit dieser Maßnahmen zu vermitteln." - Tim Pommer, CDU Wiesenbach
"Zwar sind angesichts des Investitionsstaus in Deutschland Schulden wohl in einem gewissen Maß nötig. Bei der Summe von 500 Milliarden wird mir aber schwindelig. Mich besorgt es, ob nicht infolge der gestrigen Beschlüsse über mehrere Jahrzehnte die finanziellen Spielräume auch künftiger Generationen erheblich eingeengt werden" - Benedikt Englert, CDU Tauberbischofsheim.
SPD-Mitglied: Positionsänderung der Union "richtig und notwendig"
An der SPD-Basis hingegen herrscht freudige Verwunderung über die Positionsveränderung der Union, nach gerade mal drei Verhandlungstagen.
"Ich bin überrascht, dass die Union und Friedrich Merz bereits wenige Wochen nach der Wahl von ihrer Position aus dem Wahlkampf abgerückt sind. Ich frage mich, ob Merz bereits vor der Wahl bekannt war, dass seine Position keinen Bestand haben kann, sobald es um das 'Machen' geht." - Philip Wolf, SPD Breisach
"Für mich ist die größte Überraschung die Summe und wie schnell jetzt doch die Schuldenbremse geändert werden soll. Das alles ist richtig und notwendig. Es wäre interessant zu wissen, wie das Wahlergebnis gewesen wäre, hätte die Union das auch im Wahlkampf kommuniziert." - Michael Berger, SPD Bruchsal
Migration: "Erwarte Entgegenkommen der SPD"
In der CDU interpretiert man die gestrige Einigung als Akt staatspolitischer Verantwortung und als großes Entgegenkommen gegenüber der Sozialdemokratie, für das man nun eine Gegenleistung erwartet.
"Für die weiteren Verhandlungen erwarte ich ganz besonders ein Entgegenkommen der SPD bei der Begrenzung der illegalen Migration. Hier muss die SPD ihre Verweigerungshaltung zum Beispiel bei den Zurückweisungen an den deutschen Grenzen oder dem Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder ablegen." - Tim Pommer, CDU Wiesenbach
"Die Sozialausgaben dürfen nicht weiter durch die Decke gehen, wie zuletzt etwa beim Bürgergeld oder in der Asylpolitik. Alle, die arbeiten können, müssen auch in Arbeit gebracht werden, wenn es mit Deutschland wieder vorangehen soll, damit diese enorme Schuldenlast getragen werden kann." - Benedikt Englert, CDU Tauberbischofsheim
Schulden: Notwendige Verfassungsänderung sorgt für Bauchschmerzen
Sowohl bei CDU als auch SPD-Mitgliedern sorgt zudem das Verfahren für Bauchschmerzen.
"Verfassungsänderungen im Schweinsgalopp mit dem alten Bundestag hätten für mich auf jeden Fall ein arges "Geschmäckle". - Benedikt Englert, CDU Tauberbischofsheim
"Es ist natürlich unschön, dass jetzt auf "alte Mehrheiten" zurückgegriffen wird - aber die Zeit drängt in Anbetracht der internationalen Sicherheitslage und der kommenden Mehrheit im Bundestag." - Philip Wolf, SPD Breisach
Dass der Druck, eine schnelle und stabile Regierung zu bilden, aktuell kaum größer sein könnte, dem ist sich bei CDU und SPD jeder bewusst. Und sie eint der Wunsch nach einem neuen Ton in der künftigen Bundesregierung. Weniger Streit, mehr Stabilität. Eine Regierung, die auch nach außen ein besseres Bild abgibt als die letzte.
Max Schwarz ist Reporter im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.
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