Vorschlag sorgt für Diskussion:Streit über Renteneintritt: Was junge Menschen sagen
von Jonas Winke
Den Renteneintritt an die Zahl von Beitrittsjahren koppeln? Ein Vorschlag, der auch die angekündigte Rentenkommission beschäftigen könnte. Was sagt die junge Generation dazu?
Auch nach der Bundestagsentscheidung für das Rentenpaket der Regierung ist die Zukunft der gesetzlichen Altersversorgung weiterhin umstritten. Dabei werden verschiedene Vorschläge diskutiert.
06.12.2025 | 1:54 minDas schwarz-rote Rentenpaket ist beschlossen - die Debatte über eine umfassende Reform geht weiter. Für Diskussionen sorgt der Vorschlag, den Renteneintritt nicht mehr an das Alter, sondern an die Zahl von Beitrittsjahren zu koppeln. Ins Spiel gebracht von Jens Südekum, Ökonom und Berater von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD).
Wer also z.B. mit 16 Jahren eine Ausbildung absolviere und dann danach zu arbeiten beginne, könne demnach früher in Rente gehen als andere, die erst studieren und später in den Job einsteigen. Während Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) die Idee "grundsätzlich gut" findet und die CDU sie für diskussionswürdig hält, wird sie von der Linken scharf kritisiert.
Was sagen Studierende und Auszubildende? ZDFheute hat an Berufsschulen und an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf nachgefragt.
Mit den Beschlüssen des Koalitionsausschuss soll es schnellere Infrastrukturprojekte und eine bessere Altersvorsorge für junge Menschen geben.
11.12.2025 | 2:41 minZustimmung unter Auszubildenden - aber auch Kritik
An einer Technischen Berufsschule treffen wir einen angehenden Mechatroniker. Der 23-Jährige findet den Vorschlag "gut", weil er "in einem technischen Beruf unterwegs ist".
"Das heißt, wenn du jetzt nach der Schule die Ausbildung anfängst in einem handwerklichen Bereich, dann arbeitest du dich ja früher körperlich kaputt als ein Akademiker, der studiert. Der fängt dann mit 25 an zu arbeiten und hat dann weniger Jahre, die er richtig gearbeitet hat", sagt er. Ähnlich sieht das eine 18-jährige Auszubildende zur Rechtsanwaltsfachangestellten:
Ich finde das gut, wenn das vom Beitragszeitpunkt ausgeht, weil das so ein bisschen gerechter ist, wenn Leute mit 16 eine Ausbildung machen.
Auszubildende, 18 Jahre
Ein 24-jähriger Azubi zum Kaufmann für Büromanagement kritisiert: "Ich glaube aber, das ist nicht wirklich fair", sagt Jonis Abd El Moety Aly Badr. "Es wäre dann für Studenten oder Leute, die beispielsweise eine Weile gebraucht haben, um ihren Job zu finden, bevor die überhaupt eine Ausbildung oder sonst etwas angefangen haben, schon ziemlich ungerecht."
Jonis Abd El Moety Aly Badr
Quelle: ZDFViele Studierende finden Vorschlag zum Renteneintritt schwierig
Auf dem Campus der Universität sprechen wir mit einem 28-jährigen Geschichts- und Philosophiestudenten. Frederick Oltersdorf sagt, er könne zwar verstehen, dass körperliche Arbeit "mehr schlaucht" und dass "Menschen, die studieren, im Regelfall nicht Dachdecker oder so werden".
Er aber werde "wahrscheinlich erst irgendwann Anfang 30 das Studium beenden können". Die Vorstellung 45 Jahre arbeiten zu müssen, gefalle ihm nicht und er glaube nicht, dass das gesamtgesellschaftlich dann ein tragfähiges Modell sei.
Schweden setzt auf eine staatliche Aktienrente - erfolgreich und stabil. Kann Deutschland davon lernen? Wie das Modell funktioniert und welche Elemente unser eigenes Rentensystem retten könnten.
08.12.2025 | 3:26 minAuch Biologiestudentin Leyla Mkhinini kritisiert, dass "Leute, die erst spät anfangen zu arbeiten, dann in einem hohen Alter noch sehr viel arbeiten müssen und das kann dann natürlich schwierig werden."
Also mit 70 kannst du ja nicht unbedingt noch die gleiche Arbeit machen, die du mit 30 angefangen hast.
Leyla Mkhinini, Biologiestudentin
Leyla Mkhinini
Quelle: ZDFAuch für Frauen sei der Vorschlag nicht ganz gerecht, sagt die 20-Jährige, weil "Frauen, die vielleicht in Mutterschaft oder so gehen, arbeiten dann ja teilweise auch weniger oder eben später." Sie würden benachteiligt werden.
Mit 318 Stimmen hat das Rentenpaket die absolute Mehrheit knapp erreicht. Trotz Abweichlern in den eigenen Reihen musste sich die Union nicht auf die angekündigte Enthaltung der Linken verlassen.
05.12.2025 | 1:52 minExperte spricht von "Nebelkerze"
Für die 23-jährige Jurastudentin Lilli Wieneck hört sich der Vorschlag aber erstmal "fair" an, "weil man in der Zeit, in der man studiert, natürlich noch nicht arbeitet."
Und die Berufe, die an Universitäten gelehrt werden, sind natürlich auch Berufe, in denen man am Ende vielleicht fähig ist länger zu arbeiten, als in Berufen, die in der Ausbildung gemacht werden.
Lilli Wieneck, Jurastudentin
Dem Volkswirtschaftler Stefan Seuffert von der Universität Freiburg zufolge klingt dieser Vorschlag für "viele Menschen erst einmal gut und gerecht". Bei genauerer Betrachtung sei er aber "eine Nebelkerze, die vom Grundproblem ablenkt und neue Probleme schafft".
Auch der Wirtschaftsweise Martin Werding findet: "Als neue Regel für die Frage, wann Versicherte abschlagsfrei in Rente gehen können, taugt der Ansatz nicht."
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