Interview
FAQ
System vor schwieriger Reform:Was die Bundesregierung zur Rente plant
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Langfristig gilt das Rentensystem als unfinanzierbar. Was die schwarz-rote Koalition zur Rente plant und wie eine Reform des Systems aussehen könnte - ein Überblick.
Nach der Sommerpause soll eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission Reform-Vorschläge für die Rente erarbeiten.
Quelle: Action Press
Die Reform des gesetzlichen Rentensystems dürfte eines der kompliziertesten Vorhaben der schwarz-roten Koalition werden. Einerseits muss es trotz der Alterung der Gesellschaft finanziell tragfähig werden. Andererseits birgt eine Reform der Rente aber auch die Gefahr eines Gerechtigkeitskonflikts.
Am Mittwoch sollen die ersten Vorhaben der Regierung auf den Weg gebracht werden, die eigentliche Reform soll aber erst später folgen. Die Rentenpläne der Koalition im Überblick:
Was ist das Problem mit dem Rentensystem?
Bis in die 1990er Jahre konnte sich das System selbst finanzieren, weil vielen Beitragszahlenden verhältnismäßig wenige Rentnerinnen und Rentner gegenüberstanden. Heute ist es umgekehrt: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nun in Rente, doch es gibt nicht mehr genug Beitragszahlende.
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Kamen 1992 noch 2,7 Beitragszahlende auf einen Rentner, sind es inzwischen weniger als zwei. Bis 2050 wird erwartet, dass einem Rentner noch 1,3 Beitragszahler gegenüberstehen. Gleichzeitig wuchs die durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 1998 bis 2023 von 13,6 auf 18,8 Jahre bei Männern und von 18,4 auf 22,1 Jahre bei Frauen. Langfristig gilt das System nach dem bisherigen Modell damit als unfinanzierbar.
Wie teuer ist das deutsche System?
Schon jetzt sehr teuer. 2024 beliefen sich laut Arbeitsministerium die Kosten von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Bund gemeinsam auf 408 Milliarden Euro - ein Anstieg um mehr als 60 Prozent gemessen am Niveau von 2010.
Der Bund muss schon lange Geld zuschießen: 2024 waren es 116,3 Milliarden Euro.
Was will das Kabinett am Mittwoch beschließen?
Durch die Verlängerung der Haltelinie wird letztlich vorerst der Status quo festgeschrieben. Damit könnten mittelfristig die Beiträge zur Rentenversicherung steigen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils hälftig den Anteil von 18,6 Prozent vom Bruttolohn. Durch eine Erhöhung würden die Nettolöhne sinken, ebenso werden Arbeitgeber stärker belastet.
Ein anderer Baustein des Rentenpakets ist die Ausweitung der Mütterrente, die ebenfalls auf der Tagesordnung des Kabinetts steht. Damit wird Müttern oder Vätern von vor 1992 geborenen Kindern ein halbes Jahr mehr Erziehungszeit angerechnet als bisher - was einem Sprung von 2,5 auf drei Rentenpunkte entspricht. Mit der von der CSU durchgesetzten Regelung wird die Rechtslage der bei nach 1992 geborenen Kindern angeglichen. Dies kostet rund fünf Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich.
Wann soll die Rentenreform kommen?
Weitere Vorhaben sollen nach der Sommerpause verabschiedet werden. Dazu zählen die Aktivrente, mit der Arbeiten im Alter attraktiver werden soll. Außerdem sollen Kinder und Jugendliche mit der Frühstartrente ein kapitalgedecktes Altersvorsorgedepot vom Staat erhalten.
Eine grundlegende Reform ist mittelfristig geplant. Dazu soll eine Kommission eingesetzt werden, die nach der Sommerpause ihre Arbeit beginnen und laut Koalitionsvertrag "bis zur Mitte der Legislatur" - also bis Anfang 2027 - Vorschläge erarbeiten soll.
Wie könnte die Rentenreform aussehen?
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) regte an, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Bundesarbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas kritisierte den Vorschlag und warnte vor einer Rentenkürzung durch die Hintertür durch einen späteren Rentenbeginn. Bas selbst schlug vor, auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rente einzubeziehen, um mehr Einnahmen zu generieren.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wiederum forderte jüngst eine Begrenzung von Verbeamtungen. Diese solle es nur noch etwa bei Polizei, Justiz, Zoll und Finanzverwaltung geben, nicht aber zum Beispiel in Ministerien oder anderen Verwaltungsstellen. Das solle die Kostensteigerungen bei Pensionen langfristig dämpfen und könnte letztlich auch mehr Einzahler in die gesetzliche Rente bedeuten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schlug wiederum einen "Boomer-Soli" vor, der auf sämtliche Alterseinkünfte erhoben werden soll. Betroffen wären besonders die geburtenstarken Jahrgänge, deren monatliche Einkünfte oberhalb von einer Freigrenze von 902 Euro liegen. Mit den Einnahmen sollen schlechter verdienende Rentner unterstützt werden.
Quelle: AFP
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