Rentendebatte:Wie Deutschlands Rente im Vergleich abschneidet
von Richard Luttke
Immer mehr Ältere, immer weniger Beitragszahler: In vielen Ländern weltweit stehen die Rentensysteme unter Druck. Wie steht Deutschland im Vergleich da?
Die Pressekonferenz mit den Ergebnissen nach dem Koalitionsausschuss mit Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Markus Söder und Bärbel Bas
11.12.2025 | 35:45 minEs ist die soziale Frage unserer Zeit und ihre Dringlichkeit wächst mit jedem Jahr: Wie geht es weiter mit der Rente? Nach dem Koalitionsausschuss kündigte Arbeitsministerin Bärbel Bas heute an, in der kommenden Woche die Rentenkommission einzusetzen, die eine grundlegende Reform der Alterssicherung erarbeiten soll:
Da geht es auch um die Stabilität der Rente, aber vor allem darum, auch eine gerechte Basis für alle Generationen zu finden und die künftige Rente auszugestalten.
Bärbel Bas, Arbeitsministerin
Schon in der vergangenen Woche hatte Bas betont, dass es ein völlig neues System brauche - so, wie es andere Staaten bereits vorgemacht haben. Denn nicht nur in Deutschland steht man beim Thema Rente vor massiven Problemen.
Die Parteispitzen stellten heute Morgen die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vor. So soll es schnellere Infrastrukturprojekte und eine bessere Altersvorsorge für junge Menschen geben.
11.12.2025 | 2:41 minNach Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden im Jahr 2050 durchschnittlich 52 von 100 Menschen in den Mitgliedsländern älter als 65 Jahre sein. Heute ist es nur jeder Dritte, im Jahr 2000 waren es erst 22 von 100.
Die OECD zeigt in ihrem aktuellen Bericht, wie unterschiedlich die Staaten auf diese Entwicklung reagieren und wie Deutschland im internationalen Vergleich dasteht.
Auch nach der Bundestagsentscheidung für das Rentenpaket der Regierung ist die Zukunft der gesetzlichen Altersversorgung weiterhin umstritten. Dabei werden verschiedene Vorschläge diskutiert.
06.12.2025 | 1:54 minDeutschland: Bei der Rentenhöhe im OECD-Mittelfeld
"Das deutsche System ist nicht so großzügig, wie oft behauptet wird", konstatiert Monika Queisser, Abteilungsleiterin für Sozialpolitik bei der OECD in Paris.
Besonders bei der Nettoersatzrate, also dem Anteil des letzten Nettoeinkommens, den Rentnerinnen und Rentner im Ruhestand erhalten, liege Deutschland mit 53 Prozent nur im Mittelfeld. Der OECD-Schnitt liegt bei 63 Prozent, in Ländern wie den Niederlanden übertrifft der Wert sogar die Marke von 90 Prozent.
Die größten Differenzen zeigen sich bei niedrigen Renten. "Viele Länder stärken die niedrigeren Renten stärker als die höheren, zum Beispiel durch höhere Anpassungen oder Mindestleistungen", erklärt Queisser. Deutschland habe hier hingegen nur wenige soziale Ausgleichsmechanismen.
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Trend: Höhere Beiträge, länger arbeiten
Beim Beitragssatz bewegt sich Deutschland ebenfalls im Durchschnitt: 18,6 Prozent des Bruttolohns. Österreich liegt mit über 22 Prozent beispielsweise deutlich darüber. Neben der Höhe der Beiträge kommt es auch auf die Beitragsjahre an. "Der zentrale Trend in fast allen OECD-Ländern ist: Arbeitnehmer länger im Erwerbsleben halten", so Queisser. Denn wer länger arbeitet, zahlt mehr ein und bezieht seine Rente kürzer.
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Mehrere Staaten koppeln deshalb das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung. Steigt sie um ein Jahr, erhöht sich beispielsweise in Portugal das Eintrittsalter um acht Monate. Dazu erhöht sich in mehr als der Hälfte der OECD-Länder das Renteneintrittsalter ohnehin. Deutschland liegt mit künftig 67 Jahren über vielen anderen; nur wenige Länder wie Dänemark liegen mit künftig 70 Jahren darüber.
Rentensysteme teils sehr unterschiedlich
Trotz gemeinsamer Probleme liegen Lösungen selten auf der Linie des Vergleichbaren. Ausgangslagen, Traditionen und politische Prioritäten unterscheiden sich, Maßnahmen eines Landes lassen sich nur bedingt übertragen.
Fest steht: Weltweit suchen alternde Gesellschaften nach Wegen, ihre Rentensysteme auf die demografische Realität vorzubereiten. Radikale Reformen hält Peter Bofinger von der Universität Würzburg im laufenden System für kaum umsetzbar. Bofinger war lange Jahre Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung, der so genannten "Wirtschaftsweisen" - wo Bofinger als von den Gewerkschaften entsandter Vertreter oft Minderheitspositionen vertrat. Auch heute kritisiert er populäre Ideen wie die "Aktienrente", welche kurzfristig "diese Probleme, die wir jetzt haben", nicht lösen würde.
Die Rente sollte den Arbeitnehmern die Chance eröffnen, ihren Lebensabend "in Würde zu führen", erklärt die Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner. Solche Themen wären "nach vorne zu lösen".
09.12.2025 | 6:21 minOECD-Expertin: Großteil der Lösungen liegt im Arbeitsmarkt
Für Deutschland bleibt vor allem entscheidend, die Einnahmenseite zu stärken. "Ein großer Teil der Lösung liegt nicht im Rentensystem, sondern im Arbeitsmarkt", sagt OECD-Expertin Queisser. Frauen müssten die Möglichkeit erhalten, häufiger in Vollzeit zu arbeiten, und Migranten bräuchten einen besseren Zugang zu Qualifizierung und Beschäftigung.
Auch die Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung könne helfen. Für Ökonom Peter Bofinger brächte sie zunächst sogar "einen Einführungsgewinn", weil neue Beitragszahler das System sofort stützen würden.
Eines ist absehbar: Die Belastungen steigen - hier und anderswo. Welche Vorschläge die Rentenkommission vorlegen wird, bleibt offen. Und welche davon am Ende Gesetz werden, dürfte hart umkämpft sein.
Die Regierung will die Rente reformieren. Das Ziel: Rentner sollen im Verhältnis zu ihrem früheren Lohn genug Geld bekommen. Was mit der Haltelinie beim Rentenniveau gemeint ist.
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