"Porsche-Gate-Affäre": Diese SMS schrieb Lindner dem Porsche-Chef

"Porsche-Gate-Affäre":Diese SMS schrieb Lindner dem Porsche-Chef

von Nathan Niedermeier
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Jetzt öffentlich gewordene SMS zeigen einen Austausch zwischen Ex-Finanzminister Lindner und dem heutigen VW-Chef Oliver Blume im Sommer 2022 zu E-Fuels und dem Verbrenner-Aus.

Christian Lindner schaut auf ein Smartphone
Simste mit Porsche-Chef: Ex-Finanzminister Lindner
Quelle: dpa

"Volle Unterstützung von Porsche" und "Danke für Ihren Einsatz" - das sind Worte aus einer bislang unter Verschluss gehaltenen SMS-Kommunikation zwischen Ex-FDP-Chef Christian Lindner und dem Porsche-Chef Oliver Blume, die jetzt öffentlich geworden ist. Die Organisation abgeordnetenwatch.de hatte das vor dem Verwaltungsgericht Berlin erstritten, woraufhin das Ministerium der Organisation jetzt die SMS zugestellt hat. Auch dem ZDF liegen die Nachrichten vor.

Lindner: "Ich kann da durchaus Argumentationshilfe gebrauchen"

Es geht um insgesamt zwölf Textnachrichten, die zeigen, wie sich Christian Lindner und Oliver Blume - mittlerweile Chef des VW-Gesamtkonzerns - im Sommer 2022 zum Thema E-Fuels und dem sogenannten Verbrenner-Aus auf EU-Ebene austauschten. "Ich kann da durchaus Argumentationshilfe gebrauchen", schrieb Christian Lindner dem Porsche-Chef demnach am 28. Juni 2022 und der antwortete: "Lieber Herr Lindner, volle Unterstützung von Porsche Seite. [...] Danke für Ihren Einsatz."
Infografik: Lindner an Blume

Die Organisation abgeordnetenwatch.de kritisiert Christian Lindner für den Austausch mit Blume scharf: "Wenn ein Regierungsmitglied aktiv bei einem Lobbyisten um argumentative Unterstützung wirbt - und von diesem für seinen Einsatz persönlich gelobt wird - ist das ein fatales Signal für die politische Unabhängigkeit", sagt Lara Louisa Siever von der Organisation. Sie fordert, eine gesetzlich verpflichtende Kontakttransparenz von Politikern, die offenlegt, wer wann mit wem zu welchem Thema Kontakt hat. "Denn eine solche Einflussnahme darf nicht länger im Verborgenen bleiben", sagt Siever.

ZDF löste "Porsche-Gate-Affäre" aus

Die jetzt öffentlich gewordenen Nachrichten stammen alle aus dem Sommer 2022, der Zeit der sogenannten "Porsche-Gate-Affäre" um Lindner und Blume. Es ist zugleich auch die Zeit, als unter den Ampelparteien hitzig über ein Ende der Neuzulassungen von Verbrenner-Autos ab dem Jahr 2035 diskutiert wurde.
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Die "Porsche-Gate-Affäre" war durch Recherchen der ZDF-Sendung "Die Anstalt" ins Rollen gekommen. Demnach hat Oliver Blume auf einer Porsche-Betriebsversammlung am 29. Juni 2022 gesagt: "Wir haben sehr großen Anteil, dass die E-Fuels in den Koalitionsvertrag mit eingeflossen sind. Da sind wir ein Haupttreiber gewesen, mit ganz engem Kontakt an die Koalitionsparteien. Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen fast stündlich auf dem Laufenden gehalten."
Ein Porsche-Sprecher hatte dazu im Sommer 2022 erklärt: "Im Rahmen einer internen Veranstaltung im Juni ist überspitzt formuliert worden, dafür entschuldigen wir uns." Von Seiten der FDP hieß es damals: Die Position von Christian Lindner zu E-Fuels sei seit Jahren bekannt. Im Oktober 2021 habe es "lediglich ein kurzes Telefonat zwischen Herrn Blume und Herrn Lindner zu rein technischen Fragen" gegeben und es habe "keinerlei Versuche einer Einflussnahme auf die lange bestehende Position von Herrn Lindner gegeben".

Blume an Lindner: "Volle Unterstützung von Porsche Seite"

Die jetzt öffentlich gewordenen SMS geben Einblicke in Kommunikation zwischen Blume und Lindner zwischen dem 28. Juni und dem 23. Juli 2022. Am 28. Juni hatten die Umweltminister der EU in einer Ministerratssitzung ihre Positionen zum geplanten Verbrenner-Aus abgestimmt. Innerhalb der Ampelregierung war darüber, wie sich Deutschland dazu positionieren solle, eine Auseinandersetzung entbrannt. Lindner und die FDP stemmten sich gegen die EU-Pläne und forderten, dass auch Verbrenner-Autos, die nur mit E-Fuel betankt werden, auch nach 2035 zugelassen werden dürfen.
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An genau diesem 28. Juni, dem Tag also, an dem die Umweltminister in Luxemburg zusammenkamen, um sich zum Verbrenner-Aus abzustimmen, bittet Lindner bei Porsche-Chef Blume um "Argumentationshilfe". Lindner schreibt, um 14:03 Uhr, er habe gerade eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur zum "Verbrennerverbot" gelesen, und weiter: "Vielleicht wäre auch eine andere Stimme ratsam, die auf das Potential von E-Fuels hinweist. Ich kann da durchaus argumentative Unterstützung gebrauchen." Porsche-Chef Blume antwortet kurz darauf: "Lieber Herr Lindner, volle Unterstützung von Porsche Seite. Letzten Freitag war ich damit in der FAZ. Wir legen noch mal nach. Danke für Ihren Einsatz."

Lindner weist Kritik zurück

Um 17:14 Uhr am gleichen Tag schickt Lindner dann eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur zur Einigung der Ampel-Regierung zu dem Thema an Blume. Darin heißt es, die Bundesregierung begrüße, dass die EU-Kommission eine Ausnahme für synthetische Kraftstoffe zugesagt habe. Blume antwortet "Sehr gut! Das ist Klimaschutz gesamtheitlich gedacht. [...] Vielen Dank für Ihren Einsatz."
Archiv: Oliver Blume
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Einen Tag später tritt Blume bei der internen Porsche-Versammlung auf und sagte dort: "Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen fast stündlich auf dem Laufenden gehalten." VW, der Mutterkonzern von Porsche, hatte im Sommer 2022 dazu noch auf Twitter, heute X, geschrieben: "Christian Lindner ist bekanntlich Porsche-Fan, das freut uns. Einen Liveticker hat es aber nicht gegeben." Die jetzt veröffentlichten Nachrichten belegen jedenfalls vier ausgetauschte Nachrichten am Tag vor der internen Versammlung.
Auf Anfrage zu den Textnachrichten teilte ein Sprecher von Christian Lindner dem ZDF mit: "Der veröffentlichte Austausch widerlegt jetzt alle Unterstellungen, es hätte eine Einflussnahme vor Entscheidungen der Bundesregierung oder auf die Position von Herrn Lindner gegeben."
Porsche teilte dem ZDF auf Anfrage mit: "Porsche setzt sich seit langem dafür ein, dass E-Fuels als Ergänzung zur Elektromobilität berücksichtigt werden. Diese öffentlich bekannte Position spiegelt sich in den Textnachrichten zwischen Minister Lindner und Oliver Blume."
Das Finanzministerium verwies auf ZDF-Nachfrage zu den Textnachrichten lediglich auf Äußerungen der Vorgängerregierung in der Sache.

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