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Hilfen für pflegende Angehörige:Prien plant Pflegegeld als Lohnersatz
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Millionen könnten profitieren: Bundesfamilienministerin Prien will ein Pflegegeld als Lohnersatz einführen. Damit sollen pflegende Angehörige stärker entlastet werden.
Deutschland habe laut Karin Prien ein "riesengroßes Interesse" an der neuen Sozialleistung.
Quelle: dpa | Christoph Soeder
Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will mit Pflegegeld als Lohnersatz eine neue Sozialleistung einführen.
"Es wird mit unserer demographischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Deshalb müssen wir einen Einstieg in ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige schaffen.
Karin Prien (CDU), Bundesfamilienministerin
Deutschland habe ein "riesengroßes Interesse" daran, dass eine solche Leistung komme, sagte Prien.
Auf die Frage, wie ein solcher Einstieg aussehen könne, erklärte die Ministerin: "Da sind viele Varianten denkbar." Unter anderem nannte sie die Bezugsdauer, die Höhe oder eine soziale Staffelung des Pflegegelds. Experten gehen davon aus, dass das Pflegegeld als Lohnersatz, analog zum Elterngeld, Millionen Menschen entlasten würde.
Prien: Wirtschaftliche Entwicklung als Vorbehalt
Indes nannte Prien als Vorbehalt für die neue Sozialleistung die wirtschaftliche Entwicklung. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass sich die wirtschaftliche Lage verbessert. Aber auch, wenn das klappt, wird man Schwerpunkte setzen müssen", sagte sie. Und oberste Priorität habe für sie mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche.
Sozialverbände begrüßen Priens Pflegegeld-Plan
Mehrere Sozialverbände begrüßten die Pläne der Ministerin. "Das Pflegegeld sollte analog zum Elterngeld ausgestaltet sein", sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Joachim Rock, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch die Chefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, forderte eine "Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten mindestens in Höhe des Elterngeldes".
Ein "reines Pauschalmodell" werde der sozialen Realität vieler Pflegender nicht gerecht, sagte Engelmeier.
Stattdessen braucht es eine sozial gestaffelte Lösung mit klarer Ober- und Untergrenze, die sich am vorherigen Einkommen orientiert.
Michaela Engelmeier, Sozialverband Deutschland
Pflegende müssten sich ohne Existenzangst um ihre Angehörige kümmern können. Rock gab als "Orientierung" einen Anteil von 65 Prozent des "letzten Nettoeinkommens, mindestens aber 300 und maximal 1.800 Euro", an. Er forderte, dass Angehörige deutlich stärker unterstützt werden.
Zuspruch erhielt der Vorstoß Priens auch vom BIVA-Pflegeschutzbund, der Interessenvertretung bei Pflege und Betreuung. Wenn Angehörige ihre Erwerbstätigkeit wegen der Pflege einschränken oder ganz aufgeben, sei dies für die pflegenden Angehörigen ein erhebliches Armutsrisiko, warnte Markus Sutorius, Jurist beim Pflegeschutzbund. "Es braucht Anreize für pflegende Angehörige, diese wichtige Arbeit zu übernehmen", forderte er in den Funke-Zeitungen.
Gesundheitsökonom meldet Bedenken an
Bedenken äußerte indes der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. Eine solche Leistung könnte neue Ungerechtigkeiten schaffen. Er sagte der Mediengruppe:
Gerade Bezieher relativ hoher Einkommen könnten eine Pflegeauszeit aus eigenen Mitteln finanzieren, werden aber mit dem Familienpflegegeld auch von Bürgern mit geringeren Einkommen finanziert.
Jürgen Wasem, Gesundheitsökonom
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag "tiefgreifende strukturelle Reformen" im Gesundheits- und Pflegebereich angekündigt. Unter anderem heißt es in der Arbeitsgrundlage der Regierung: "Wir prüfen, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann."
Quelle: AFP, epd, KNA
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