Aus für Pflegegrad 1? Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist dagegen

Bund-Länder-Arbeitsgruppe:Internes Papier zu Pflegegrad 1: Beibehalten, aber anders

Britta Spiekermann
von Britta Spiekermann
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Den Pflegegrad 1 abschaffen - diese Spar-Idee sorgte für Empörung. Ein internes Papier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe spricht sich nun für die Variante Beibehalten, aber Ändern aus.

Pflegegrad-1-Debatte

Der Sparvorschlag, den Pflegegrad 1 abzuschaffen, sorgt für Unsicherheit bei Betroffenen. Wenn Zuschüsse wegfallen, befürchten sie ihren Alltag nicht mehr bewältigen zu können.

04.10.2025 | 4:12 min

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die seit Juli über eine große Pflegereform berät, will den Pflegegrad 1 nicht abschaffen. In einem internen Papier von Ende September bewertet das Gremium, beziehungsweise die Fachebene, den Pflegegrad 1 als "grundsätzlich positiv". Mit ihm könnten pflegebedürftige Menschen frühzeitig erreicht werden.

Die Fach-AG empfiehlt "den Ministerinnen und Ministern/Senatorinnen und Senatoren, die Einstufung in Pflegegrad 1 im Rahmen des Begutachtungsinstruments beizubehalten". Gleichzeitig wird empfohlen, die Auswirkungen einer "Rückführung der Schwellenwerte in den Pflegegraden 1, 2 und 3" zu überprüfen.

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Übersetzt heißt das: Es soll geklärt werden, welche Folgen es hätte, wenn die Bedingungen für einen bestimmten Pflegegrad wieder verschärft werden würden.

In der Fachgruppe kommt man also nicht zu dem Ergebnis, den Pflegegrad 1 abzuschaffen, sondern zur Frage, wer überhaupt als pflegebedürftig eingestuft werden soll.

Über diesen Weg könnte die Zahl der Bedürftigen sinken, könnten also entsprechende Leistungen eingespart werden.

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Was bedeutet der Pflegegrad 1?

Den Pflegegrad 1 gibt es seit 2017. Damals wurden aus drei Pflegestufen fünf Pflegegrade. Der erste Grad soll die Menschen berücksichtigen, die "bei geringer Beeinträchtigung der Selbständigkeit" einen gewissen Hilfebedarf haben. Besonders die Menschen, die durch eine beginnende Demenz in ihrem Alltag eingeschränkt sind.

Beim Pflegegrad 1 geht es zum Beispiel um den sogenannten Entlastungsbeitrag, der seit 1. Januar 2025 monatlich 131 Euro beträgt. Dieser Betrag wird nicht ausgezahlt, sondern kann für Tagespflege, Kurzzeitpflege, für eine Unterstützung im Haushalt mit der Pflegekassen verrechnet werden.

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Weiterhin geht es um Zuschüsse von bis zu 4.180 Euro, etwa wenn eine Wohnung oder ein Haus barrierefrei umgebaut werden müssen. Und es geht um Pflegehilfsmittel von monatlich 42 Euro, die Bedürftigen für Hygieneartikel zustehen.

Diese Leistungen stehen auf dem Prüfstand. Die dahinterstehende Frage in den Beratungen der Arbeitsgruppe: Welche Leistungen helfen den Pflegebedürftigen tatsächlich, um ihre Lage zu verbessern und welche nicht?

In den Pflegegrad 1 sind in Deutschland rund 860.000 Menschen eingestuft.

So viele Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig

ZDFheute Infografik

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Was will die Koalition?

Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen, um angesichts von Finanzlöchern und steigenden Beiträgen Ideen für eine grundsätzliche Pflegereform zu entwickeln.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken setzte diese Arbeitsgruppe, die sich meist auf der Fachebene zusammenschaltet, im Juli ein. Am 13. Oktober wird es erste Zwischenergebnisse geben. Ob diese öffentlich präsentiert werden, ist noch nicht geklärt. Im Dezember soll dann das vorläufige Endergebnis vorliegen. Vorläufig, weil dann weiter beraten wird, dann allerdings öffentlich.

Die Koalition will die Finanzsituation sowohl der Pflege- als auch der Krankenversicherung stabilisieren. Ministerin Warken hatte zuletzt angekündigt, dass 2026 und 2027 die Beiträge nicht weiter steigen werden. Die Koalition sei sich einig. Allerdings rätseln Experten, wie sie dieses Ziel erreichen will.

Auf den Pflegegrad 1 angesprochen, erklärte Warken, man müsse jetzt notwendige Änderungen vornehmen, man werde den Menschen aber nicht "über Nacht etwas wegnehmen". Die SPD hatte eine Abschaffung klar zurückgewiesen. So auch der SPD-Fraktionschef Matthias Miersch, der diese "kategorisch" ausschließt.

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