Interview
Experte über CDU-Minister:Merz hat "Hochrisiko-Entscheidung" getroffen
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Die CDU setzt auf eine Mischung erfahrener und unerfahrener Ministerkandidaten. Politikwissenschaftler Florack sieht das nicht als Problem. Entscheidend seien andere Faktoren.
Die CDU-Minister der künftigen schwarz-roten Bundesregierung stehen fest. Mit seiner Wahl habe der designierte Kanzler Friedrich Merz durchaus eine "Hochrisikoentscheidung" getroffen, sagte der Politikwissenschaftler Martin Florack am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin.
Innerhalb der CDU habe es "das ein oder andere Murren" gegeben, betonte der Experte. So seien wichtige Landesverbände nicht bedacht worden und auch Teile der programmatischen Aufstellung der Union. Deshalb habe sich etwa die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) beklagt.
Insofern ist es nicht ganz ohne Risiko hier, sozusagen einen Teil aus No-Names, zweiter Reihe und anderer Kandidaten aufzubieten, mit denen wir vielleicht gar nicht so gerechnet haben.
Martin Florack
Wie wichtig ist Regierungserfahrung?
Auf die Frage, wie sich die fehlende Regierungserfahrung der benannten Minister auswirken könne, sagte Florack:
In der Tat, Regierungserfahrung ist Mangelware. Und insofern haben sie das mit ihrem künftigen Chef gemeinsam.
Martin Florack
Man dürfe aber nicht vergessen, dass auch erfahrene verbeamtete und parlamentarische Staatssekretäre im Portfolio seien. "Insofern kann man dieses Defizit vielleicht ausgleichen."
Und wir haben ja auch gesehen, dass Regierungserfahrung nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg ist.
Martin Florack
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei mit diesem vermeintlichen Trumpf angetreten - doch seine Kanzlerschaft und die Ampel hätten gezeigt, dass Regierungserfahrung nicht unbedingt dafür sorgt, dass eine Regierung am Ende gut zusammenarbeiten könne.
Ostdeutschland in Unions-Riege unterrepräsentiert
Im neuen Kabinett sind Unions-Politikerinnen und Politiker aus Ostdeutschland deutlich unterrepräsentiert. Nur die nominierte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kommt von dort.
Politikwissenschaftler Florack betont im Interview, dass die Besetzung auch überschätzt werde. "Denn die Tatsache, dass wir am Ende ein Gesicht X oder eine Gesicht Y am Kabinettstisch haben, entscheidet nicht am Ende über den Erfolg bei Landtagswahlen oder ob eine Partei da besondere Durchsetzungsfähigkeit hat."
Martin Florack ist Politikwissenschaftler und Wissenschaftlicher Leiter sowie Geschäftsführer des Wissenschaftscampus NRW (WICA) in Oberhausen.
Es werde am Ende "die Gesamtaufstellung der Regierung sein" und die Frage, ob Merz es schaffe, das Kabinett mit unerfahrenen Namen zu einer gemeinsamen Mannschaft zu formen.
Experte: Dobrindt hat Brücken zwischen CSU und CDU geschlagen
Über die Besetzung des erfahreneren und in der Vergangenheit wegen seiner Mitverantwortung am Maut-Skandal viel kritisierten Politikers Alexander Dobrindt (CSU) sagte Florack, dass er als CSU-Landesgruppenchef bewiesen habe, dass er "Integrationskraft" mitbringe. "Das ist wirklich eine große Herausforderung in der Union, die CSU und die CDU zusammenzuhalten. Das hat er geschafft." Zudem habe er "das Ohr" von Merz genauso wie von CSU-Chef Markus Söder. Und Dobrindt kenne den Berliner Betrieb, seit über 20 Jahren.
Mit Blick auf die SPD, die erst nach der Bekanntgabe des Mitgliederentscheids am 30. April ihre Kabinettsmitglieder am 5. Mai bekanntgeben will, sagte Politikwissenschaftler Florack: "Die Parteien entscheiden eigenständig darüber, wer für sie ins Kabinett eintritt. Der Einfluss des Kanzlers ist im Prinzip ausgeschaltet bei diesem Thema."
Ausgewertet wurde das Interview von Katia Rathsfeld. Geführt hat es Eva-Maria Lemke.
Quelle: dpa
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