Bundestagspräsidentin bei "Lanz":Julia Klöckner: "Kein Parlament der Symbole"
von Bernd Bachran
Julia Klöckner ist als Bundestagspräsidentin zur Neutralität verpflichtet. Doch Regenbogenflaggen-Verbot und CDU-Auftritte sorgen für Kritik und öffentliche Debatten.
Markus Lanz, Julia Klöckner
Quelle: ZDF/Cornelia LehmannJulia Klöckner, Bundestagspräsidentin und damit in der protokollarischen Rangfolge der höchsten Staatsämter noch vor dem Bundeskanzler, sorgt zwischenzeitlich mit ihrer Amtsführung für Diskussionen. Kritiker werfen ihr vor, das Neutralitätsgebot nicht konsequent einzuhalten.
Als Bundestagspräsidentin untersagte Klöckner das Hissen der Regenbogenflagge auf dem Reichstag zum Berliner Christopher Street Day 2025 - eine Entscheidung, die besonders von links scharf kritisiert wurde.
Auch ohne Pride-Flagge auf dem Reichstagsgebäude: In Berlin feierten im Juli laut Veranstaltern Hunderttausende den Christopher Street Day.
26.07.2025 | 2:30 minKlöckner: "Wir sind kein Parlament der Symbole"
Klöckner verteidigte sich mit Verweis auf das Neutralitätsgebot: "Wir sind kein Parlament der Symbole. Deshalb dürfen auch keine Plakate, keine Aufkleber, keine Fahnen gezeigt werden. Das sind selbstgemachte Regeln. Und als Parlamentspräsidentin muss ich darauf achten."
Während Julia Klöckner das Verbot der Pride-Beflaggung mit ihrem Amt begründete, trat sie auf einem CDU-Sommerfest auf, das von einem Förderer des rechtspopulistischen Portals "Nius" ausgerichtet wurde. Dies jedoch, betont Klöckner, nicht als Bundestagspräsidentin: "Ich bin als CDU-Mitglied angefragt worden - als CDU-Abgeordnete aus Rheinland-Pfalz."
Auf die Kritik an diesem Auftritt, besonders aus dem linken Lager, reagierte sie trotzig: "Soll ich mir von Linken, von Grünen vorschreiben lassen, wo ich auftreten darf? Bei meiner CDU?"
Ex-Vizekanzler Habeck kritisierte Klöckner in ihrer Amtsführung scharf, dann zog Grünen-Politikerin Ricarda Lang nach: Klöckner polarisiere, statt zu einen.
10.09.2025 | 0:18 minMarkus Lanz bezweifelte allerdings, dass die Menschen zwischen Klöckners Rollen tatsächlich unterscheiden und die Funktion als Bundestagspräsidentin von der Rolle als CDU-Mitglied klar trennen.
Bundestagspräsidentin und Bundestagsabgeordnete zugleich
Klöckner betonte, als Sitzungsleiterin des Bundestags sei Neutralität Pflicht - alle Abgeordneten hätten die gleichen Rechte und Pflichten, unabhängig von der Fraktion. "Aber ich bin auf der anderen Seite Abgeordnete aus dem Kreis Bad Kreuznach, und ich handhabe es ganz genauso wie alle Vorgänger in diesem Amt und gehe auch zu Parteiveranstaltungen."
Neutralität ist ein Instrument. Aber ich bin kein politisches Neutrum. Es geht um die Maßstäbe, die für alle gelten müssen, damit Vertrauen in eine Institution möglich ist.
Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin
Im vergangenen September nahm die Bundestagspräsidentin in Kanada an der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Parlamente der G7-Staaten teil. Dort, so Klöckner, seien drei Themen besonders hervorgehoben worden, die alle Parlamente der G7-Staaten vereinten.
Klöckner: Demontage statt Debatte
Die drei Themen der Konferenz waren laut Klöckner erstens die wachsende Polarisierung und Blockbildung in den Parlamenten. Sie warnte, dass dadurch die Fähigkeit zur Debatte verloren gehe und "statt Debatte Demontage immer mehr Raum nimmt im politischen Diskurs".
Die beiden weiteren Hauptthemen seien die Gefahr von Desinformation und Deepfakes sowie die zunehmende Bedrohung von Politikerinnen und Politikern auf verschiedenen Ebenen. Auch Klöckner selbst sei regelmäßig Opfer solcher Bedrohungen. "Das gehört mittlerweile sicherlich zur Jobbeschreibung dazu."
Nach der kurzfristig abgesagten Wahl im Juli wurden die neuen Verfassungsrichter vom Bundestag im September gewählt.
25.09.2025 | 2:48 minAuf die Frage, ob sie auch Morddrohungen erhalte, bestätigte Klöckner dies. Sie erklärte, dass deshalb Menschen auf sie achteten und man stets beobachten müsse, was im Internet geschrieben werde, denn "das ist ja auch eine Blase, die sich hochschaukelt".
Julia Klöckner erklärte, dass sie auf langen Autofahrten manchmal Personen anrufe, die sie im Internet beleidigt oder bedroht hätten - sofern sich deren Telefonnummer recherchieren lasse oder der Verfasser sie selbst angegeben habe.
"Wenn ich richtig gut drauf bin und ein bisschen Zeit habe und in Stimmung bin, telefoniere ich mit Menschen, die mich im Internet beleidigt oder bedroht haben." Dort werde dann der Unterschied zwischen analoger und digitaler Kommunikation besonders deutlich.
Das sind zwei Welten, in deren Sicht. Aber das Problem ist, dass die analoge und die digitale Welt ineinander übergehen - gerade für junge Menschen.
Julia Klöckner
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