Die Vorstellungsrede von Tim Klüssendorf beim SPD-Parteitag - noch vor seiner Wahl27.06.2025 | 5:26 min
Nicht einmal sieben Wochen ist es her, dass Tim Klüssendorf vom SPD-Präsidium für den Posten des Generalsekretärs nominiert wurde. Mit dem dreitägigen Bundesparteitag steht er vor seiner ersten Bewährungsprobe: Der 33-jährige Parteilinke aus Lübeck muss dafür sorgen, dass das Treffen mit 600 Delegierten nach der historischen Niederlage bei der Bundestagswahl nicht aus dem Ruder läuft.
Zweifel, dass Klüssendorf am Freitag mit einem guten Ergebnis zum Generalsekretär gewählt werden würde, gab es nicht. Der Volks- und Betriebswirt ist ein junges, neues Gesicht, er ist redegewandt und gilt als zielorientiert. Als SPD-Bundestagsabgeordneter war er Sprecher der Parlamentarischen Linken und gehört damit - wie seine Vorgänger Matthias Miersch und Kevin Kühnert - zum linken Flügel der Partei.
Es sei die tiefste Krise der Sozialdemokratie, so Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke mit Blick auf den SPD-Parteitag. Die SPD leide unter Fliehkräften nach rechts und links. 27.06.2025 | 15:11 min
"Riesigen Respekt" aber "hoch motiviert"
Er habe einen "riesigen Respekt" vor der Aufgabe als Generalsekretär, sagte Klüssendorf nach seiner Nominierung Mitte Mai. Zugleich sei er aber "hoch motiviert", sie anzupacken.
Klüssendorf stammt aus Lübeck in Schleswig-Holstein und sitzt für den Wahlkreis seit 2021 im Bundestag. Er wurde im August 1991 geboren und trat bereits 2007 als Jugendlicher in die
SPD ein. Zunächst engagierte er sich bei den Jusos und war 2010 bis 2012 Vorsitzender der Jusos Lübeck. Später pendelte er jahrelang nach Hamburg und studierte dort Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre.
Im Jahr 2013 schaffte es Klüssendorf bei der Kommunalwahl in die Lübecker Bürgerschaft und kümmerte sich dort als jugendpolitischer Sprecher um Themen wie Familienfreundlichkeit und Kinderbetreuung sowie eine bessere Bezahlung der Beschäftigten in Sozial- und Erziehungsberufen. Ab 2018 bis zu seinem Einzug in den Bundestag 2021 war der Finanzpolitiker persönlicher Referent des Lübecker Bürgermeisters Jan Lindenau.
Lars Klingbeil ist mit nur knapp 65 Prozent wiedergewählt worden. Das sei eine “Abrechnung, weil er sich machtpolitisch durchgesetzt hat”, so Politikwissenschaftler von Lucke.
27.06.2025 | 12:26 min
Mitglied bei Verdi und Arbeiterwohlfahrt - und beim FC Bundestag
Klüssendorf holte 2021 auf Anhieb das Direktmandat im Wahlkreis Lübeck und ließ dabei die CDU-Politikerin Claudia Schmidtke überraschend deutlich hinter sich. Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 gewann er erneut die meisten Erststimmen. Er ist im Parlament weiter Mitglied im Finanzausschuss.
Zu Wort meldete sich Klüssendorf in den vergangenen Jahren unter anderem mit einem Strategiepapier zur Erhebung einer einmaligen Vermögensabgabe und mit Kritik an Einsparungen im Bundeshaushalt. Zuletzt warnte er im Zuge der Sondierungen und Koalitionsverhandlungen immer wieder vor Verschärfungen bei der Migrationspolitik und beim Bürgergeld - das seien "soziale und integrationspolitische Rückschritte".
Klüssendorf ist unter anderem Mitglied bei
Verdi und der Arbeiterwohlfahrt - und er ist leidenschaftlicher Fußballer. Im VfB Lübeck war er bis Oktober vergangenen Jahres Mitglied des Aufsichtsrats, mittlerweile kickt er für den FC Bundestag.
"Ich glaube, dass es gut ist, wenn nach außen die Partei geschlossen auftritt. Was nicht heißt, dass wir im Inneren nicht ringen", so Anke Rehlinger, Co-Vorsitzende der SPD und Ministerpräsidentin Saarland, zum SPD-Parteitag.27.06.2025 | 5:47 min
Parteitag bietet mehrere Herausforderungen für Klüssendorf
Als Generalsekretär will er die SPD wieder "konsequent zur Partei der Arbeit" machen, wie er vor dem Parteitag sagte. Sie dürfe dabei aber nicht zur "Status-quo-Partei" werden, die immer nur bisher Erkämpftes verteidige.
Der Parteitag bietet mehrere Herausforderungen für den neuen Generalsekretär. Für Aufsehen sorgte im Vorfeld ein außenpolitisches "Manifest" von Parteilinken um Ralf Stegner und Rolf Mützenich. Die insgesamt hundert Unterzeichnenden fordern eine grundsätzliche Umkehr in der Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung, kritisieren eine "militärische Alarmrhetorik" und Gespräche mit Russland zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Auch wenn die Manifest-Urheber keinen eigenen Antrag für den Parteitag eingereicht haben, dürfte der Vorstoß für lebhafte Diskussionen sorgen.
Der Bundesvorsitzende der Jusos, Philipp Türmer, fordert am Rande des SPD-Parteitags im phoenix-Interview phoenix eine Erneuerung: "Wir müssen eine andere Partei werden." Nur so könne man das verlorene Vertrauen zurückgewinnen.27.06.2025 | 5:43 min
Quelle: AFP, dpa