SPD-Parteitag: Bas und Klingbeil als Parteispitze gewählt
Parteitag in Berlin:Bas und Klingbeil als SPD-Vorsitzende gewählt
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"Schweres Ergebnis" für Lars Klingbeil: Der Vizekanzler bleibt SPD-Vorsitzender, bekommt aber nur 64,9 Prozent der Stimmen. Seine neue Co-Vorsitzende Bas erhält starke 95 Prozent.
Bärbel Bas und Lars Klingbeil sollen die SPD wieder in erfolgreichere Zeiten führen.
Quelle: dpa
Arbeitsministerin Bärbel Bas ist zur SPD-Vorsitzenden gewählt worden. Auf dem Bundesparteitag in Berlin erhielt die 57-Jährige 95 Prozent der Stimmen. Vizekanzler Lars Klingbeil wurde mit 64,9 Prozent als Co-Vorsitzender wiedergewählt.
"Unter 70 Prozent, das ist schon ein sehr deutliches Zeichen", kommentiert ZDF-Korrespondentin Shakuntala Banerjee das Ergebnis. Klingbeil schrammte nur knapp am schlechtesten Ergebnis in der Geschichte der SPD-Vorsitzwahlen vorbei. Nur Oskar Lafontaine hatte 1995 mit 62,6 Prozent noch weniger Zustimmung bekommen - anders als Klingbeil allerdings mit einem Gegenkandidaten, Rudolf Scharping.
Die Sozialdemokraten wollen ihre Wahlniederlage aufarbeiten und eine neue Doppelspitze wählen: Lars Klingbeil und Bärbel Bas. Reicht das für den Neuanfang? ZDFheute live analysiert 27.06.2025 | 57:49 min
Klingbeil: "Schweres Ergebnis"
"Das Ergebnis ist für mich ein schweres Ergebnis", sagte Klingbeil. Er hätte sich gewünscht, der ein oder andere hätte diesen Unmut auch in der Debatte geäußert. Zugleich verteidigte er seine Entscheidungen der letzten Monate. "Es war richtig, dass wir uns neu aufgestellt haben, um zu Stärke zurückzukehren", so Klingbeil.
Die Parteilinke und neue Co-Vorsitzende Bas bekam mit ihrem Ergebnis im Gegensatz zu Klingbeil kräftige Rückendeckung aus der Partei. Schon vor der Abstimmung hatte die 57-Jährige für ihre Bewerbungsrede viel Applaus von den Delegierten bekommen.
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Parteitag nimmt Leitantrag einstimmig an
Ohne Gegenstimmen wurde am Freitag auf dem Parteitag ein Leitantrag des Vorstands mit dem Titel "Veränderung beginnt mit uns" beschlossen. In dem Text wird das Wahlergebnis vom Februar von nur 16,4 Prozent als "historischer Einschnitt" bezeichnet.
"Die SPD hat substanziell an Vertrauen verloren", heißt es in dem Beschluss. Als Konsequenz aus der Wahlniederlage soll in den kommenden Jahren ein neues Grundsatzprogramm erarbeitet werden. Es soll 2027 bei einem Parteitag beschlossen werden.
Matthias Miersch (SPD, Vorsitzender Bundestagsfraktion) auf dem SPD-Parteitag in Berlin im Gespräch mit phoenix-Hauptstadtkorrespondent Erhard Scherfer.27.06.2025 | 9:38 min
Klingbeil räumt Fehler im Bundestagswahlkampf ein
Klingbeil räumte auf dem Parteitag Fehler im Bundestagswahlkampf und in seinem Verhalten danach ein. Er trage ohne Frage Verantwortung für das historisch schlechte Wahlergebnis von 16,4 Prozent, sagte der Vizekanzler. Es habe nur zwei Möglichkeiten gegeben, mit diesem Ergebnis umzugehen:
Entweder ich höre auf oder ich gehe voll in die Verantwortung für die SPD.
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Lars Klingbeil, SPD-Co-Parteichef
Er habe sich fürs Kämpfen entschieden. Dass er erneut als SPD-Chef antrete, sei "nicht aus Selbstzweck, sondern weil ich alles dafür tun will, dass unsere Partei wieder stark wird".
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Klingbeil betonte, er werfe sich auch vor, dass die SPD "nicht voll da" gewesen sei, als es mit der Wirtschaft bergab ging. "Wir haben viel zu spät reagiert", sagte er. "Das ist meine persönliche Verantwortung und das will ich hier vorne auch ganz deutlich sagen: Wir haben im Wahlkampf alles versucht, aber wir sind gegen eine Wand gelaufen."
Bas kritisiert SPD für Umgang mit Esken
Bärbel Bas rückt in der Parteispitze nun auf den Platz von Saskia Esken, die bisherige Co-Chefin neben Klingbeil. In ihrer Rede auf dem Parteitag kritisierte Bas ihre Partei für den Umgang mit Esken. Diese habe erleben müssen, "dass Solidarität nicht immer selbstverständlich ist - auch nicht in der Sozialdemokratie", sagte die Arbeitsministerin.
Ich sage hier ganz deutlich: Das müssen wir wieder anders machen.
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Bärbel Bas, SPD-Co-Parteichefin
Wenn die SPD für eine solidarische Gesellschaft kämpfen wolle, müsse sie zuallererst eine solidarische Partei sein. "Sonst glaubt uns das keiner!", sagte Bas. Bas betonte in ihrer Rede: "Ich bin intern für jedes offene Wort zu haben." Nach außen aber erwarte sie ein geschlossenes Auftreten von ihrer Partei.
In der Debatte über die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit wies Bas Kritik an angeblich "faulen Deutschen" scharf zurück. Dies sei völlig daneben und ein Schlag ins Gesicht der 46 Millionen Erwerbstätigen, sagte sie. Weniger geredet werde darüber, dass jährlich über eine Milliarde an Überstunden geleistet würden, mehr als die Hälfte davon unbezahlt, sagte Bas.
Unser Problem ist der wachsende Unterschied zwischen oben und unten und Arm und Reich. Da müssen wir ran! Das ist unser Auftrag.
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Bärbel Bas, SPD-Co-Parteichefin
Bas forderte zugleich, die Sicherung von Arbeitsplätzen zu einer Toppriorität zu machen. Um viele Jobs müsse in den nächsten Jahren hart gekämpft werden. Sie nannte vor allem die Stahlindustrie, die Autobauer, viele Zulieferer.
"Ich glaube, dass es gut ist, wenn nach außen die Partei geschlossen auftritt. Was nicht heißt, dass wir im Inneren nicht ringen", so Anke Rehlinger, Co-Vorsitzende der SPD und Ministerpräsidentin Saarland, zum anstehenden SPD-Parteitag.27.06.2025 | 5:47 min
Außerdem forderte Bas in ihrer Rede die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ein - in Gesellschaft, Beruf und auch in ihrer Partei. Ein Schlaglicht warf sie auch auf ein mögliches AfD-Verbotsverfahren. In dieser Debatte wolle sie schnell vorankommen:
Die AfD hat einen politischen Stil entwickelt und in Gang gesetzt, der aus Drohungen, Beleidigungen, rassistischen Anspielungen und vorsätzlichen Lügen und Verschwörungstheorien besteht.
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Bärbel Bas, SPD-Co-Parteichefin
Es müsse alles dafür getan werden, dass dieser Stil sich nicht weiter ausbreite und die Mitte der Gesellschaft erreiche.
Die Tagesordnung des SPD-Parteitags:
14:00 Uhr: Eröffnung des Parteitags
Ab circa 15:15 Uhr: Reden von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas sowie Finanzminister und SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil
Ab circa 16:15 uhr: Beratungen von Anträgen, darunter der Leitantrag mit dem Titel "Veränderung beginnt mit uns"
Ab circa 18:45 Uhr: Unter anderem Wahl der Parteivorsitzenden, Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden, Wahl des Generalsekretärs
Circa 21:30 Uhr: Unterbrechung des Parteitags
9:00 Uhr: Fortsetzung des Parteitags
Im Anschluss: Rede von Olaf Scholz sowie weitere Wahlen (unter anderem Wahlen der weiteren Mitglieder zum Parteivorstand)
Circa 18:00 Uhr: Unterbrechung des Parteitags
9:00 Uhr: Fortsetzung des Parteitags
Im Anschluss: Beratung von Anträgen, unter anderem ein Antrag, der die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens fordert sowie Schlusswort der/des Parteivorsitzenden