Landtagswahlen 2024:So hilft den Parteien KI im Wahlkampf
Bei KI und Wahlen denken viele Menschen schnell an gefälschte Bilder, Videos und Tonaufnahmen. Dabei ist der KI-Einsatz in der Realität bei den Landtagswahlen deutlich banaler.
Zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen werben die Parteien längst nicht mehr nur über Wahlplakate. Auf den Sozialen Medien kommt dabei KI zum Einsatz - und nicht nur dort.
Quelle: dpaDie meisten Parteien greifen im Wahlkampf in Sachsen und Thüringen im kleineren Umfang auf die Hilfe von Künstlicher Intelligenz zurück. Das ist das Ergebnis einer exklusiven Umfrage von ZDFheute bei CDU, AfD, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), der Linken, SPD, Grünen und der FDP in Sachsen und Thüringen. Die AfD und das BSW in Sachsen ließen die Fragen unbeantwortet.
Dass KI systematisch im Wahlkampf eingesetzt wird, kann man beim Blick auf die Antworten nicht behaupten. "Bei Landtagswahlen sind die Mittel knapp. Da ist kein Raum für große Experimente", erklärt der Politikberater Mathias Richel, der die SPD in der Vergangenheit bei Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen beraten hat.
Künstliche Intelligenz bezeichnet meist Anwendungen auf Basis maschinellen Lernens, bei denen eine Software große Datenmengen nach Übereinstimmungen durchforstet und daraus Schlussfolgerungen zieht. Damit können menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität imitiert werden. Damit können Maschinen beispielsweise ihre Umwelt wahrnehmen und auf sie reagieren.
KI wird schon jetzt in vielen Bereichen eingesetzt. Zum Beispiel können solche Programme Aufnahmen von Computertomografen schneller und mit einer höheren Genauigkeit als Menschen auswerten. Selbstfahrende Autos wiederum versuchen, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorherzusagen. Und Chatbots oder automatische Playlists von Streaming-Diensten arbeiten ebenfalls mit KI.
ChatGPT wird für kleinere Hilfen genutzt
Bei den meisten Parteien geht der Einsatz nicht über kleinere Hilfen mit ChatGPT und Co. hinaus. Die CDU in Thüringen greife etwa "in Einzelfällen auf einschlägige Programme zurück". Die AfD Thüringen gibt an, keine KI im Wahlkampf zu nutzen, genau wie die SPD Thüringen, die allerdings nicht für ihre Dienstleister sprechen könne.
BSW Thüringen: Diskussionen mit KI-Chat und künstlicher Gesang
Vor allem für eine Partei wie das BSW, die ohne etablierte Strukturen schnell einen Wahlkampf auf die Beine stellen musste, sind KI-Tools eine Chance. Das BSW Thüringen nutzt laut Steffen Quasebarth ChatGPT unter anderem, um Fehler in Texten zu finden. Die Wahlkämpfer ließen sich zudem von ChatGPT große Textmengen vorsortieren, strukturieren und analysieren.
Und die Software diskutiere sogar mit den BSWlern: Mit ChatGPT würden "Themen aus unterschiedlichen Perspektiven" diskutiert und man lasse sich "neue Blickwinkel aufzeigen", erläutert Quasebarth.
Das BSW nutzt auch KI-generierte Musik für Wahlkampfvideos auf Social Media. So singt auf diversen Instagram-Posts eine KI-Stimme zu Dance-Beats den Namen der Partei.
Post des BSW mit KI-generierter Musik
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Die Linke: KI-Bilder, ja - aber mit Hinweis
Die Linke in Thüringen und Sachsen lässt sich von KI Bilder für den Wahlkampf erstellen.
Beide Landesverbände haben KI-Richtlinien verabschiedet, in denen sie festhalten, dass KI-Einsatz immer gekennzeichnet werden soll. In den KI-Grundsätzen der Linken Thüringen heißt es: "Texte oder Bilder von KI, die echt wirken, kennzeichnen wir klar. Wir lassen Ergebnisse weg, die stark täuschen."
Auch die SPD Sachsen bearbeitet Bilder mit KI, erstellt aber keine neuen Bilder. Die CDU Sachsen nennt lediglich ein einzelnes Motiv in Social Media, das mit KI erstellt wurde.
KI besteht Abiturprüfungen, kreiert täuschend echte Fotos und Filme. Doch wieviel hat das, was die KI uns erzählt, eigentlich mit dem zu tun, wie die Welt wirklich ist?
04.07.2024 | 27:43 minAfD und FDP Sachsen: Mit dem Wahlprogramm chatten
Auf der Website der AfD Sachsen gibt es einen eigenen Chatbot, der inhaltliche Fragen zum Wahlprogramm beantwortet. Auch die FDP Sachsen bietet einen Chatbot an.
Grundsätzlich sieht Politikwissenschaftler Andreas Jungherr in solchen Chatbots eine Chance, politische Inhalte barrierefreier und für alle verständlicher zu machen.
Wenn die etablierten Parteien KI dafür nutzen, kann das helfen, Kräfte an den Rändern zurückzudrängen.
Prof. Andreas Jungherr, forscht an der Uni Bamberg zu KI im Wahlkampf
Mithilfe künstlicher Intelligenz wird versucht, Wahlen zu beeinflussen. Im Wahljahr 2024 wächst die Gefahr für die Demokratie. Wer steckt hinter manipulierten Bildern und Stimmen?
08.05.2024 | 29:14 minZukunft des Wahlkampfes: Schneller reagieren mit KI
Mit KI-Tools könne man schnell automatisch Inhalte für Social Media erstellen lassen. "Darin sehe ich das größte Potenzial von KI im Wahlkampf", erklärt Richel. Von einer gut gelernten KI, die die Inhalte der Partei kenne, könne man sich sehr schnell sehr viele Grafiken, Mails und Social Media Posts erstellen lassen und so auf Stimmungen reagieren. KI sei außerdem eine Möglichkeit für Parteien, "alltäglichen Kram zu automatisieren und damit Zeit und Geld zu sparen", ergänzt Jungherr.
Die Grünen in Thüringen setzen KI etwa "insbesondere bei der Recherche und für Textentwürfe ein". In Sachsen erklärt der Landesverband, er nutze KI als Basis, um inhaltliche Fragen von Wählern schneller zu beantworten.
Datenschutz-Regeln: Parteien könnten Geldbuße kassieren
Dabei müssen die Parteien auf die Regeln zum Datenschutz achten. Um personenbezogene Daten zum Beispiel in ChatGPT hochzuladen, braucht man eine gesetzliche Grundlage.
Verstöße im Wahlkampf können von den Landesdatenschutzbeauftragten mit Verboten oder sogar Geldbußen geahndet werden. Die FDP Thüringen will deshalb erst die genauen rechtlichen Bedingungen klären, bevor sie KI benutzt.
Eine Sorge vor "Wahlbeeinflussung durch KI", wie sie viele junge Erwachsene in einer ZDF-Umfrage geäußert haben, sei übrigens nicht begründet, so Politikwissenschaftler Jungherr. In einem turbulenten Wahljahr zumindest ein Grund, vorsichtig aufzuatmen.
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