Merz bei "illner": Erst Vertrauensfrage, dann Kooperation

Kooperation mit SPD im Bundestag:Merz knüpft Zusammenarbeit an eine Bedingung

von Torben Schröder

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CDU-Chef Merz kündigt an, Regierungsvorlagen kritisch zu prüfen. In Sachen Schuldenbremse bleibt er eisern: Auch die Wahl Trumps stelle keine "verfassungsrechtliche Notlage" dar.

Gegen Ende der ZDF-Sendung "maybrit illner" treffen sich Friedrich Merz und Sigmar Gabriel bei Gerhard Schröder. "Fordern und Fördern" müsse die Reihenfolge lauten, um im Themenkomplex Wirtschaft und Soziales das Land wieder ins Laufen zu bringen, sagt der CDU-Vorsitzende.

Das, ruft der SPD-Politiker in Erinnerung, war das Motto in Schröders Kanzlerschaft. Und hieß damals Agenda 2010. "Eine Agenda für die Fleißigen" würde Merz ein neuerliches Reformprogramm nennen. Gabriel spricht vom Leitmotiv "Ärmel hochkrempeln".

Meine Hoffnung ist, dass sich meine Partei erinnert, wie erfolgreich sie war, als sie dem Motto von Gerhard Schröder gefolgt ist.

Sigmar Gabriel, ehemaliger Außenminister

Merz für Vertrauensfrage kommende Woche

Wer aus diesem - dieser Tage fast schon verblüffenden - Konsens die Idee ableitet, Union und SPD könnten sich nach dem Ampel-Aus doch ad hoc zusammentun, wird jedoch eines Besseren belehrt. Gabriel kokettiert mit seinem Status als Politik-Rentner. Und Merz stellt, mit Verweis auf sein knapp halbstündiges Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz, klare Bedingungen für eine Kooperation.

Man könne selbstverständlich über das ein oder andere Thema sprechen. Doch die Reihenfolge müsse lauten, dass Scholz nächste Woche die Vertrauensfrage stellt - und nicht erst im Januar. Die Union brauche übrigens nichts zu ändern am Umgang mit den Vorlagen der Regierung. Ein konstruktives Misstrauensvotum mit den Stimmen der AfD komme für ihn nicht in Frage, stellt Merz klar.

Gabriel: Durch Lindner-Rauswurf hat Scholz an Stärke gewonnen

"Die Substanz war weg, sie war wahrscheinlich schon länger weg", blickt Gabriel auf das Ampel-Aus. Eine "Verlängerung des Elends" ergebe keinen Sinn. Der Außenminister a.D. habe auch nicht verstanden, warum Scholz nicht relativ schnell die Vertrauensfrage stellt.

Durch seine Entscheidung, FDP-Finanzminister Christian Lindner zu entlassen, habe Scholz an Stärke gewonnen, die er im Wahlkampf nutzen könne. Gabriel hoffe, dass Union und SPD zuvor in der Migrationsfrage noch gemeinsam etwas machen.

Zwei Parteien, so Gabriel, wollten in der Regierung bleiben, weil sie sich dadurch bessere Chancen bei der Bundestagswahl erhoffen - und eine, die FDP unter Christian Lindner, habe den Weg der Provokation gewählt, um herauszukommen.

Es geht nicht um das Schicksal Deutschlands. Es geht um das Schicksal von drei Parteien.

Sigmar Gabriel, ehemaliger Außenminister

CNN-Journalist: Kann Festhalten an Schuldenbremse verstehen

"Was wir uns nicht mehr leisten können, ist noch mal eine Woche oder zwei einen politischen Streit zu erleben, wann die Vertrauensfrage gestellt wird", sagt Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach, "die Menschen stellen sich jetzt andere Fragen." Gescheitert sei die Ampel an Unterschieden, die es von Beginn an gegeben habe.

Gerade in Sachen Ukraine habe die Ampel schon "relativ viel gemacht", attestiert der Journalist Frederik Pleitgen (CNN). Beim Festhalten an der Schuldenbremse könne er Lindner verstehen: "Es ist ja extrem viel Geld da, aber nie für die nötigen Investitionen."

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Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender

So könne Europa mit der neuen Regierung in den USA klarkommen. Ein "Sondervermögen Trump" lehnt Merz kategorisch ab: "Die Wahl eines neuen amerikanischen Präsidenten ist in Deutschland keine verfassungsrechtliche Notlage." Es würden aber in der Verteidigungspolitik große Anstrengungen nötig.

Wir müssen Prioritäten im Haushalt setzen. Es geht nicht mehr alles.

Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender

Deutschland müsse raus aus der strukturellen Wachstumsschwäche. "Natürlich ist Krieg in Europa eine Notlage", hält Gabriel dagegen. Konsens zwischen Gabriel und Merz? Nun doch nicht mehr.

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Quelle: dpa

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