Geflüchtete: Immer weniger Menschen fühlen sich willkommen

Studie über Schutzsuchende:Immer weniger Geflüchtete fühlen sich willkommen

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Immer weniger Geflüchtete fühlen sich einer aktuellen Auswertung zufolge in Deutschland willkommen. Auch die Sorge vor Fremdenfeindlichkeit hat zugenommen.

Frau Mutter mit Kind (Flüchtlinge aus dem Irak) schauen aus einem Fenster der Erstaufnahmeeinrichtung in Wiesbaden

Die DIW-Studie hat sich mit der Frage befasst, wie willkommen sich Geflüchtete in Deutschland fühlen. (Symbolbild)

Quelle: Imago

Das Gefühl, willkommen zu sein, hat bei in Deutschland lebenden Geflüchteten laut einer Langzeitstudie kontinuierlich abgenommen. Das zeigt eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Die Forscher hatten für ihre Untersuchung den Geflüchteten die Frage gestellt: "Fühlen Sie sich heute in Deutschland willkommen?". Während dies im Jahr 2017 noch 84 Prozent der Befragten ganz oder überwiegend bejahten, lag der Anteil im Jahr 2020 nur noch bei 78 Prozent. Im Jahr 2023 fühlten sich laut Studie nur noch 65 Prozent der Geflüchteten willkommen.

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Die Untersuchung zeigt auch, dass rund 88 Prozent der Geflüchteten, die sich diskriminiert fühlen, ihre ethnische Herkunft, Sprache oder Namen als Grund angeben. Besonders häufig erleben sie Benachteiligung:

  • bei der Wohnungssuche: 32 Prozent
  • bei der Arbeitsplatzsuche: 18 Prozent
  • und am Arbeitsplatz selbst: 14 Prozent

DIW: Wahrnehmung "Gefahr für die Integration"

Auffällig sind regionale Unterschiede: Geflüchtete Frauen und Männer, die in Ostdeutschland erwerbstätig sind, berichten der Studie zufolge häufiger von Diskriminierung als Geflüchtete, die in Westdeutschland arbeiten. Insbesondere geflüchtete Männer, die im Osten leben, erlebten zudem häufiger Diskriminierung sowohl bei der Arbeits- als auch bei der Wohnungssuche.

Auch Bildungsstand und weitere soziodemografische Merkmale hätten Einfluss auf die wahrgenommene Diskriminierung. Frauen mit einem mittleren Bildungsabschluss berichteten etwa häufiger von Diskriminierung bei der Wohnungssuche als Frauen ohne Abschluss.

"Die wahrgenommene Diskriminierung ist für Geflüchtete kein Einzelfall", so Studienautorin Ellen Heidinger.

Das gefährdet nicht nur ihre Integration, sondern auch das gesellschaftliche Miteinander.

Ellen Heidinger, Mitautorin DIW-Studie

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Im Rahmen der Studie wurden zwischen 2017 und 2023 jährlich Menschen befragt, die von 2013 bis einschließlich September 2022 in Deutschland einen Antrag auf Asyl oder vorübergehenden Schutz gestellt haben, unabhängig davon, ob ihr Antrag erfolgreich war. Aussagen von Flüchtlingen aus der Ukraine und der Türkei wurden bei der Analyse nach Angaben des DIW nicht berücksichtigt.

Geflüchtete besorgt über gesellschaftliches Klima

Die Autorinnen und Autoren sehen einen Zusammenhang zwischen der öffentlichen Debatte um restriktive migrationspolitische Maßnahmen - etwa zur Erleichterung von Rückführungen - und dem gesunkenen Willkommensgefühl.

Zudem zeigte sich 2023 wie heute ein hohes Niveau gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und eine verstärkte Sichtbarkeit migrationskritischer Positionen im politischen Diskurs.

Aus der DIW-Langzeitstudie

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Wie aus den Ergebnissen der Studie weiter hervorgeht, machen sich viele Menschen, die als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen sind, inzwischen Sorgen über das gesellschaftliche Klima.

Als das DIW in den Jahren 2016 und 2017 die Frage gestellt hatte: "Machen Sie sich Sorgen um Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass in Deutschland?", berichteten 32 Prozent beziehungsweise 29 Prozent der Geflüchteten von solchen Sorgen. 2023 waren es laut Studie schon mehr als die Hälfte der geflüchteten Menschen (54 Prozent).

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Hohe Alltagsfähigkeiten bei Kindern mit Migrationsgeschichte

Untersucht hat das DIW auch, ob sich in Deutschland geborene Kinder von Geflüchteten, was ihre Entwicklung angeht, von anderen Kindern unterscheiden. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Kinder Geflüchteter bei Sprache, sozialen Beziehungen und motorischen Fähigkeiten im Alter von zwei bis vier Jahren schlechter abschneiden als Kinder von anderen Müttern - mit und ohne Migrationsgeschichte.

Dazu zählen Faktoren wie die mentale Gesundheit der Mutter, ihr Bildungsstand sowie ihre Erwerbstätigkeit.

Nicht die Fluchterfahrung der Mütter selbst, sondern soziale und strukturelle Lebensbedingungen sind entscheidend für die Entwicklungschancen.

Sabine Zinn, Mitautorin DIW-Studie

Bei den Alltagsfähigkeiten schnitten die Kinder von Müttern mit Migrationsgeschichte demnach insgesamt besser ab - womöglich das Ergebnis einer ausgeprägteren Selbstständigkeit der Kinder im Alltag, etwa bei einfachen Haushaltsaufgaben wie Tischdecken oder Aufräumen, so das DIW.

Quelle: dpa, epd, ZDF

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