Deutschlandticket: Wie geht's weiter im ÖPNV?

Eine Frage des Geldes:Wie geht's weiter mit dem Deutschlandticket?

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von Frank Bethmann
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Die Koalition berät aktuell über die Zukunft des D-Tickets: Eine Fortsetzung des Abo-Angebots gilt als sicher, bei der Finanzierung aber hakt es. Wird das Ticket doch teurer?

Kann das weg?

WISO-Moderator Marcus Niehaves macht den Praxis-Check und fragt sich: Wie gut funktioniert das Deutschlandticket wirklich?

08.09.2025 | 17:01 min

Wie so oft geht es ums Geld. Bund und Länder bezuschussen das vergünstigte Fahren in Bussen, Straßenbahnen und Zügen des Nahverkehrs jährlich mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. Doch das reicht nicht. Nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fehlen nach vorläufigen Schätzungen 400 Millionen Euro für die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets. Und nun wird darüber gestritten, wer die Mehrkosten ab kommendem Jahr trägt.

Die Länder sagen, sie würden zu ihren bislang zugesagten 1,5 Milliarden Euro stehen, mehr aber ginge nicht. Sie verweisen auf den Bund. Vor allem auf den Koalitionsvertrag. Dort ist konkret zu lesen: "Das Deutschlandticket wird über 2025 hinaus fortgesetzt." Und weiter:

Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht.

Auszug aus dem Koalitionsvertrag

Saarlands Verkehrsministerin Petra Berg (SPD) interpretiert das so: Keine Erhöhung des Ticketpreises bis 2029. Das bedeute für die Länder, so Berg, dass der Bund dann auch die Mehrkosten tragen müsse. Das sieht der Bund nicht so. Und so könnte - ohne Einigung - doch eine Preiserhöhung drohen oder die Verkleinerung des Angebots.

Begeisterung für Deutschlandticket gesunken

Beides dürfte das Deutschlandticket unattraktiver machen. Die Preiserhöhung Anfang 2025 hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Zahl der Abos um über eine Million gesunken ist: Von 14,5 auf nur noch 13,4 Millionen. Das zeigen Ergebnisse einer Marktforschung des VDV und der Deutschen Bahn.

Experten sprechen bei einer solchen Entwicklung von einer hohen Preiselastizität. Bereits moderate Preiserhöhungen führen demnach zu deutlichen Nutzerverlusten. Besonders preisempfindlich sind Gelegenheitsnutzer und jüngere Zielgruppen, während Pendler oder Personen ohne Alternative zum ÖPNV weniger zum Wechsel neigen. Die wiederum könnten ihre Meinung schnell ändern, wenn die Nutzung eingeschränkt würde; beispielsweise bestimmte Busverbindungen nicht mehr angeboten oder die Nahverkehrszüge nicht mehr genutzt werden könnten.

... ist der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das im Sommer 2022 eingeführt wurde. Hauptziel war es, die Verbraucher finanziell zu entlasten. Denn die Lebenshaltung hatte sich damals in Folge gestiegener Energiekosten extrem verteuert. Zugleich sollte mit dem Ticket aber auch die Verkehrswende vorangebracht werden, da es den öffentlichen Nahverkehr für mehr Menschen erschwinglich machte. Nach nur drei Monaten endete das 9-Euro-Ticket wieder.

Im Mai 2023 folgte das Deutschlandticket: gültig bundesweit in Bussen, Straßenbahnen und Nahverkehrszügen - unabhängig von regionalen Tarifen. Es sollte weiterhin den Umstieg vom Auto erleichtern.

Ursprünglich kostete das Ticket 49 Euro - dank rund 3 Milliarden Euro jährlicher Zuschüsse von Bund und Ländern. Seit Januar 2025 liegt der Preis bei 58 Euro.


SGS Börse

Bund und Länder streiten über die Kosten des Deutschlandtickets. ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann berichtet.

27.06.2025 | 1:00 min

Verkehrsexperte: "ÖPNV ist schrecklich kompliziert."

Gefragt sind also Ideen, für das System des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), das "schrecklich kompliziert" ist, wie es Verkehrsexperte Gernot Liedtke beschreibt. Liedtke leitet die Abteilung Wirtschaftsverkehr am Institut für Verkehrsforschung des DLR und weiß um die Probleme; vor allem um die regionalen Unterschiede:

Es gibt Bundesländer, da gibt es On-Demand-Systeme. Die ergänzen den liniengebundenen Bus, der inzwischen jede Stunde fährt, den Plus-Bus. Und man kann mehr oder weniger flächendeckend von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr mit dem ÖPNV unterwegs sein.

Gernot Liedtke, Verkehrsexperte

Deutschlandticket: Nicht nur der Preis muss stimmen

So also sieht es in der guten Welt des ÖPNVs aus. "Dann aber gibt es wiederum auch solche Fälle", fährt Liedtke fort, "kleine Gemeinden direkt an der Bundesstraße, wo dreimal am Tag der Bus fährt und das war's dann." Bei solchen Beispielen rückt die Finanzierung des Deutschlandtickets in den Hintergrund. Denn selbst ein billiges Flatrateticket wird nicht gekauft, wenn das Angebot nicht stimmt, wie Zahlen belegen.

Dort, wo das Netz gut ausgebaut ist, in der Regel in Städten, ist das Deutschlandticket beliebt. 80 Prozent der Ticketinhaber*innen leben dort. Im ländlichen Raum wird die Monatskarte dagegen wesentlich weniger genutzt.

Schnieder: "Deutschlandticket fortsetzen"

Man müsse "Klarheit schaffen, wie das Deutschlandticket finanziert wird. Der Vertrieb muss besser werden, damit Nutzerzahlen nach oben gehen", so Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU).

27.06.2025 | 7:16 min

Deutschlandticket: Digital genug?

Das Deutschlandticket muss also nicht nur nachhaltig auf ein verlässliches Finanzierungsfundament gestellt werden, es braucht auch Reformen und Investitionen ins Netz. Da es in vielen Kommunen und Gemeinden zwar nicht am Willen, aber an den nötigen Finanzmitteln fehlt, fördern Bund und Länder verschiedene Modellprojekte im Nahverkehr mit Innovationsgeldern.

Vor allem geht es dabei um Digitalisierung, Mobilitätsplattformen oder On-Demand-Angebote, wie sie Liedtke beschreibt. Gerade bei der Digitalisierung sieht der Verkehrsexperte noch viel Luft nach oben:

Ich würde dafür plädieren, dass das Deutschlandticket seine digitalen Möglichkeiten ausnutzt. Also es ist ja möglich, wenn man das Ding auf der App hat, dass man getrackt wird. Dann weiß man nämlich, wo die Mobilitätsbedürfnisse sind.

Gernot Liedtke, Verkehrsexperte

Wenn man das weiß, lassen sich Angebote besser planen. "Ich kann mir überlegen, wo müssen neue Buslinien gebaut werden, wo sind Angebote vielleicht etwas übertrieben." Dafür braucht es Nutzungszahlen. Die aber, so Liedtke, gäbe es derzeit nur punktuell, nicht flächendeckend. Kurzum: Nicht nur bei der Finanzierung gibt es derzeit noch große Lücken.

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