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Lutz-Nachfolge gesucht:Wie geht es weiter bei der Bahn?
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Unpünktlich, marode, genervte Kunden: Wie geht’s weiter bei der Bahn? Gesucht wird ein neuer Chef oder eine neue Chefin. Welche Qualitäten muss er oder sie mitbringen?
Richard Lutz bleibt an der Spitze der Deutschen Bahn, bis seine Nachfolge geregelt ist. (Archivbild)
Quelle: dpa/Paul Zinken
Aus heiterem Himmel ploppte die Entlassung von Bahnchef Richard Lutz durch Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) gestern auf. Bei der Halbjahresbilanz vor zwei Wochen hieß es noch, im Spätsommer wolle man die neue Eigentümerstrategie für die Bahn präsentieren, erst dann wolle man auch Personalien verkünden. Gestern nun legte sich Verkehrsminister Schnieder auf den 22. September fest.
Dass Misere und Vertrauensverlust bei der Bahn groß sind, ist nicht neu. Deshalb galt Richard Lutz schon länger als angezählt. Unter dem seit 2017 amtierenden Pfälzer nahm die Pünktlichkeit dramatisch ab, nie war die Deutsche Bahn so unpünktlich wie heute.
Das liegt allerdings auch daran, dass die Bautätigkeit noch nie so groß war wie heute. Im Rahmen der Hochleistungs-Korridorsanierung werden bis 2036 insgesamt 40 hochbelastete Bahnstrecken schrittweise saniert. Das kostet die Bahn Zeit und Kunden Nerven.
Lutz bleibt Bahnchef bis Nachfolge geregelt ist
Warum also die plötzliche Entlassung? Auf diese Frage konnte oder wollte Verkehrsminister Patrick Schnieder auch Marietta Slomka im heute journal keine schlüssige Antwort geben. "Allianz pro Schiene"-Geschäftsführer Dirk Flege hat ebenfalls keine Erklärung für die Hauruck- und Kurzfristaktion.
Zudem bleibt Lutz vorerst Vorstandschef auf Abruf - bis ein neuer Bahnchef oder eine -chefin gefunden ist. Sein Vertrag läuft erst 2027 aus, heißt, die Abfindung dürfte den Bahn-Eigentümer - den Bund also - eine Stange Geld kosten. Außerdem sei eine Reform des gesamten Bahn-Vorstands angekündigt, wie Flege erklärt.
Wenn die Personalkosten aber steigen, hängt die Messlatte für die Nachfolger sehr hoch und umso besser müssen die Argumente sein, dass die neuen wirklich besser sind.
Dirk Flege, Geschäftsführer Allianz pro Schiene
Hohe Erwartungen an Verkehrsminister Patrick Schnieder
Entsprechend groß sind die Erwartungen an den neuen Verkehrsminister. Zumal Schwarz-Rot in der Koalitionsvereinbarung mehr Fachkompetenz versprochen hat. Welche Qualitäten sollte dann der neue Vorstand mitbringen?
Für Dirk Flege muss es "in erster Linie jemand sein, der die Bahn lebt, das Bahn-System von innen versteht und auch das Verkehrsmittel aus der Perspektive der Nutzer kennt. Wenn sich jemand erst einarbeiten muss, ist die Legislatur vorbei und so viel Zeit hat die Bahn einfach nicht.
Zweitwichtigste Eigenschaft sei seiner Ansicht nach ein sehr hohes Maß an Qualitäten im Top-Management. Und nicht zuletzt müsse der oder die neue Kandidatin auch in der Lage sein, sich "sicher im Haifischbecken der politischen Kommunikation zu bewegen und die Untiefen der Politik kennen, wo es jede Menge Fallstricke gibt".
Bei der Nachfolge von Lutz dürfe es auf keinen Fall - wie in der Bahngeschichte bereits vorgekommen - auf einen Versorgungsposten für verdiente Politiker hinauslaufen.
Stephanie Barrett ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft & Finanzen.
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