Großprojekt von RWE beginnt:Werden wir zum Batteriespeicherland?
In Gundremmingen soll einer der größten Batteriespeicher Deutschlands entstehen. Energieökonom Lion Hirth erklärt, was der Riesenakku leistet - und wo seine Grenzen liegen.
Im bayerischen Gundremmingen soll künftig der größte Batteriespeicher Deutschlands stehen. Er soll Schwankungen von erneuerbaren Energien ausgleichen
29.10.2025 | 1:38 minAm ehemaligen AKW-Standort Gundremmingen entsteht eine der größten Batterien Deutschlands: Die Speicheranlage soll bis zu 400 Megawatt ins Netz speisen können und 700 Megawattstunden speichern.
Energieökonom Lion Hirth erklärt, was die Technologie so besonders macht, wie abhängig Europa von China ist und was Elektroautos mit deutschen Großspeichern zu tun haben.
ZDFheute: Herr Hirth - erst vor wenigen Tagen wurden in Gundremmingen die AKW-Türme gesprengt, jetzt kommt ein Großspeicher an dieselbe Stelle. Was macht diesen Ort so besonders?
Lion Hirth: Ich kenne den Ort gut. Als gebürtiger Münchner habe ich früher oft Fahrradtouren nach Gundremmingen gemacht - dass das Atomkraftwerk jetzt zurückgebaut wird und ein Batteriegroßprojekt kommt, ist natürlich ein Symbol. Aber diese Standorte eignen sich ideal. Da war ein Atomkraftwerk, das hatte riesige Leistungen und deswegen ist das Netz sehr gut ausgebaut. Ein perfekter Standort, um Großbatterien anzuschließen.
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10.04.2025 | 7:13 minZDFheute: Wie funktionieren solche Großbatterien?
Hirth: An der Börse wird jede Viertelstunde ein neuer Strompreis bestimmt. Der ist manchmal hoch, manchmal niedrig - zum Beispiel, wenn das Netz quasi überquillt vor Solarenergie. Dann kaufen die Batterien Strom ein und bekommen teilweise noch Geld dafür. Am Abend, wenn der Strombedarf steigt und die Sonne untergeht, verkaufen sie den Strom wieder an der Börse.
... ist Energieökonom an der Hertie School of Governance in Berlin. Er forscht zur Integration erneuerbarer Energien in Strommärkte und berät Politik und Wirtschaft in Fragen der Netzstabilität.
ZDFheute: Die Bundesregierung will mehr Gaskraftwerke, um die Stromnachfrage bedienen zu können. Ist das eine Konkurrenz für die Batterien?
Hirth: Gaskraftwerke sind vor allem dann wichtig, wenn es mal im Winter kalt ist, keine Sonne scheint und wochenlang wenig Wind weht. Die Batterien, die heute gebaut werden, haben eine Speicherdauer von ungefähr zwei Stunden. Das heißt, wenn die zwei Stunden mit voller Leistung ins Netz einspeisen, dann sind sie auch leer. Eine Batterie gleicht dadurch Schwankungen im Stunden- und Minutenverlauf schnell aus. Das können Gaskraftwerke wiederum nicht so gut. Batterien sind sozusagen die Sprinter und Gaskraftwerke die Marathonläufer.
Erstmals hat eine Bundesregierung die Gesamtkosten der Energiewende unter die Lupe genommen. Wirtschaftsministerin Reiche will andere Schwerpunkte setzen. Bremst sie Erneuerbare aus?
21.09.2025 | 3:39 minZDFheute: Die Großspeicher-Branche erlebt einen Boom. Was hat es damit auf sich?
Hirth: Batteriespeicher sind sehr, sehr viel günstiger geworden in den letzten Jahren. Die Preise sind ungefähr um 90 Prozent gefallen. Da profitieren wir davon, dass chinesische Firmen Summen für den Elektroautomarkt investiert haben. Der ist in den letzten Jahren weltweit gewachsen, aber nicht so schnell, wie es die Firmen erwartet haben. Und deswegen gibt es jetzt viele Batterien, die bei den Autoherstellern keine Abnehmer finden.
ZDFheute: Die nächste Schlüsseltechnologie, bei der wir uns abhängig machen?
Hirth: Das ist tatsächlich so.
Wer heute Batterien kaufen will, kommt an chinesischen Lieferanten kaum vorbei.
Lion Hirth
Aber das ist eine Realität, wie wir sie in vielen Märkten haben. Im Energiebereich ist es bei Solarzellen nicht anders, aber natürlich auch bei Konsumgütern oder allen möglichen Produkten. China ist einfach der größte Produzent von Industriegütern weltweit.
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02.03.2025 | 1:20 minZDFheute: Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnte im "Handelsblatt" vor diesem Batterieboom - es entstünden Überkapazitäten und irgendjemand müsse die über Gebühren und Steuern bezahlen.
Hirth: Die Batterien sind Investorengeld. Das ist privates Geld ohne staatliche Subvention oder Förderung. Deswegen mache ich mir da gar keine Sorgen vor Überkapazitäten. Wenn wir im schlimmsten Fall mehr kriegen als wir brauchen, dann sind halt die Investoren gelackmeiert. Da brauchen wir uns als Gesellschaft gar keine Gedanken machen. Kein Steuergeld wird da versenkt.
Das Interview führte Julian Schmidt-Farrent aus dem ZDF-Studio in München.
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