Aserbaidschan-Affäre: Gericht urteilt über Ex-CSU-Abgeordneten

FAQ

Ex-CSU-Abgeordneter Lintner:Bestechung oder Lobbyarbeit für Aserbaidschan?

von Petra Neubauer
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Der Ex-CSU-Abgeordnete Lintner soll Gelder aus Aserbaidschan angenommen und an andere Mandatsträger weitergegeben haben, um deren Entscheidungen zu beeinflussen. Ein Überblick.

Ehemaliger CSU-Abgeordneter Eduard Lintner steht im Zuge der Aserbaidschan-Affäre vor dem Oberlandesgericht.
Der ehemalige CSU-Abgeordnete Eduard Lintner muss sich vor dem Oberlandesgericht in München für seine Verwicklung in die Aserbaidschan-Affäre verantworten.
Quelle: dpa

Es sind komplexe und brisante Vorwürfe gegen Politiker von CSU und CDU. Doch nach sechs Monaten Prozessdauer vor dem Oberlandesgericht München steht nur der Fall des ehemaligen CSU-Abgeordneten Eduard Lintner aus Unterfranken vor der Entscheidung.

Was wird Lintner vorgeworfen?

Laut Generalstaatsanwaltschaft München soll Lintner andere Mandatsträger mit Geldern aus Aserbaidschan bestochen haben. Ziel sei es gewesen, die Abgeordneten in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) für ein pro-aserbaidschanisches Verhalten zu gewinnen. Insgesamt habe Lintner zwischen 2008 bis 2016 über mehrere Briefkastenfirmen rund vier Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten.
Im Prozess hat der heute 80-jährige die Weitergabe des Geldes zwar eingeräumt, aber auch betont, er habe das Ganze für "die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig" sei. Als Geständnis im Sinne der Anklage wolle er seine Aussage deshalb nicht sehen. Weiter erklärte er, er habe die Zahlungen nie verheimlicht, sondern immer steuerlich korrekt angegeben.
Lintner saß 33 Jahre im Bundestag, war Parlamentarischer Staatssekretär und bis 2010 PACE-Mitglied.
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Wer soll bestochen worden sein?

Es geht vor allem um die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie war ebenfalls PACE-Mitglied und galt dort als engagierte Verteidigerin Aserbaidschans. So soll sie etwa gegen einen Bericht über politische Gefangene in Aserbaidschan gestimmt haben.
Zur Verschleierung der Bestechungszahlungen wurde, laut Anklage, 2014 ein Beratervertrag zwischen ihr und einer Firma von Lintner geschlossen.
Allerdings starb Strenz 2021 mit nur 53 Jahren auf der Rückreise aus Kuba an einem akuten Herzproblem. Im Prozess wird von ihrem Witwer die Herausgabe von rund 150.000 Euro an mutmaßlichen Bestechungsgeldern gefordert.
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Welche Rolle spielte der CDU-Abgeordnete Fischer?

Anfangs saß auch noch der langjährige Bundestagsabgeordnete Axel Fischer aus Karlsruhe mit auf der Anklagebank in München. Er war zwischen 2010 und 2018 als Fraktionschef der Europäischen Volkspartei in der PACE tätig. In dieser Funktion soll er positive Reden im Interesse Aserbaidschans gehalten und vertrauliche Dokumente frühzeitig weitergeleitet haben. Zu Beginn des Verfahrens wies er alle Vorwürfe als haltlos zurück.
Nach einer Erkrankung Fischers musste der Prozess länger unterbrochen werden. Inzwischen wurde sein Verfahren abgetrennt, ausgesetzt und muss nun neu aufgerollt werden.

Was sind die politischen Hintergründe?

Aserbaidschan wird autoritär von Präsident Alijew regiert. Als problematisch gilt vor allem der Umgang des Landes mit Regimekritikern. Im Januar 2001 trat Aserbaidschan dem Europarat bei, der sich vor allem für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzt. Seitdem bemüht sich das Land, die Abstimmungen dort zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
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Was macht das Verfahren so schwierig?

Die Bestechung von Mandatsträgern wird im entsprechenden Paragrafen 108e sehr eng gefasst, heißt: der Grat zwischen reiner Lobbyarbeit und Korruption ist schmal. Entscheidend für den Vorwurf der Korruption: Abgeordnete werden in ihrer Funktion dafür bezahlt, auf bestimmte Weise abzustimmen oder sich zu äußern, erklärt Aurel Eschmann von Lobby-Control. Es gebe viele Graubereiche, deshalb brauche es funktionierende Regeln, die "sicherstellen, dass Mandatsträger als Vertreter des Volkes und nicht aus Eigeninteresse" zum eigenen Nutzen agieren.
Sollten sich die Vorwürfe gegen Lintner bewahrheiten, droht ihm eine Freiheitsstrafe bis fünf Jahre oder eine Geldstrafe, erläutert Laurent Lafleur, Sprecher des OLG München.
In diesem Fall gelten noch die alten Regeln. Inzwischen, auch als Lehren aus der Aserbaidschan- und der Masken-Affäre, wurden Rechtslücken geschlossen und der Paragraf mehrfach verschärft.
Petra Neubauer berichtet aus dem ZDF-Studio in München.

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