Verfassungsschutz: AfD in Brandenburg "gesichert rechtsextrem"
Verfassungsschutz-Gutachten:AfD in Brandenburg "gesichert rechtsextrem"
von Kai Niklasch und Jan Meier
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Der Verfassungsschutz in Brandenburg hat die Einstufung des AfD-Landesverbands als "gesichert rechtsextremistisch" in einem Gutachten begründet - mit Hunderten von Belegen.
Der Brandenburger Verfassungsschutz hat den AfD-Landesverband in einem Gutachten als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die Partei wehrt sich gegen die Entscheidung.14.08.2025 | 1:30 min
Mehr als 140 Seiten umfasst das Dokument, in dem der Brandenburger AfD-Landesverband als "erwiesen rechtsextremistisch" eingestuft wird. Aus Sicht des Verfassungsschutzes verstößt die Partei in Brandenburg gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip.
Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) meint, "dass die AfD mit dem jetzigen Zeitpunkt wieder als gesichert rechtsextremistische Bestrebung bezeichnet werden kann und auch sollte". Das belege der Vermerk.
Die Auseinandersetzung um die Einstufung der AfD hatte in den letzten Monaten sowohl den Chef des Verfassungsschutzes, Jörg Müller, als auch Innenministerin Katrin Lange (SPD) ihre Jobs gekostet.
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Extremistische Entwicklung fortgesetzt und intensiviert
Galt die AfD 2020 noch als "extremistischer Verdachtsfall", habe sie ihre Entwicklung in den Folgejahren "fortgesetzt" und sogar "intensiviert". 622 Belege stützen diese Schlussfolgerung und führen "eklatante Verstöße gegen Schutzgüter der freiheitlich demokratischen Grundordnung" auf.
Hinweise auf AfD-Sehnsüchte nach Sturz des politischen Systems
Der Bericht kommt zu der Auffassung, dass das Recht, Kritik an "herrschenden Verhältnissen - am sogenannten System oder Regime" zu üben, nicht in Frage stehe, Bestrebungen zum "Sturz des politischen Systems" aber eben nicht zulässig seien. Die AfD sehne revolutionäre Zustände herbei.
So habe AfD-Fraktionsmitglied Lars Hünich bei einer Rede in Falkensee, die in Teilen im ZDF-Länderspiegel am 27. Januar 2024 ausgestrahlt wurde, gesagt, dass er "diesen Parteienstaat" abschaffen wolle. Später habe er diese Aussage relativiert.
Der Landtagsabgeordnete der AfD, Lars Hünich, bei seiner Rede in Falkensee bei Berlin 2024: den "Parteienstaat" abschaffen. Dies sagte er bei einer Rede beim Bürger-Stammtisch.01.02.2024 | 0:29 min
Mitbürger mit Migrationshintergrund werden ausgegrenzt
Der Fraktionschef der AfD in Brandenburg, Hans-Christoph Berndt, habe auf einem Winterfest der AfD in Bernau am 2. Februar 2025 gesagt: "Deutschland ist das Land der Deutschen und Deutschland soll das Land der Deutschen bleiben".
Seitenlang dokumentiert der Verfassungsschutz Äußerungen, die gegen die Menschenwürde verstießen sowie Aussagen, die "rassistische Diskriminierungen" und eine "auf rein äußerliche Merkmale abhebende Fremdenfeindlichkeit" zeigen. Zitiert wird etwa Lars Schieske, AfD, Cottbus, mit einer Aussage von 2020: "[…] hier Menschen hergekommen sind, die rein optisch schon nicht hierher passen."
Diese Diskriminierungen richteten sich sowohl gegen illegal eingereiste Migranten und Asylbewerber, als auch gegen deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Etwa durch die AfD-Landtagsabgeordnete Lena Kotré, die in einem Video proklamiert: "Wir müssen Einbürgerungen hinterfragen. Erfolgreiche Einbürgerungen."
Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Krah soll für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben. Jetzt hat der Prozess vor dem Oberlandesgericht Dresden begonnen. 05.08.2025 | 1:20 min
AfD-Fraktionschef weist Vorwürfe zurück
Wilfried Peters, Chef des Verfassungsschutzes in Brandenburg, kommt zu dem Schluss, dass die AfD Bürgern mit Migrationshintergrund die Menschenwürde abspreche oder jedenfalls die Menschenwürde dieser Personen einschränke.
Der AfD-Fraktionschef, Hans-Christoph Berndt, hingegen weist die Vorwürfe des Nachrichtendienstes zurück.
Wir wollen, dass die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch zurückgenommen wird.
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Hans-Christoph Berndt, AfD-Fraktionschef
"Wir sind nicht extremistisch, wir sind grundgesetztreu, wir wollen, dass Deutschland ein freies, demokratisches Land bleibt und deswegen ist die Einstufung durch den Verfassungsschutz eine Ungeheuerlichkeit", sagt Berndt.
Auseinandersetzungen um ein AfD-Verbot
Die Auseinandersetzung um die Einstufung der AfD hatte bereits im Vorfeld zu Turbulenzen geführt. Innenministerin Lange, die Vorgängerin des amtierenden Innenministers René Wilke, verlor ihr Amt in der Diskussion um den richtigen Umgang mit der AfD.
Nach der Wahl kehrt die AfD in doppelter Stärke zurück in den Bundestag, als größte Oppositionspartei. Doch wie soll man im Parlament künftig mit ihr umgehen?23.03.2025 | 4:09 min
Lange hatte den damaligen Verfassungsschutzchef Jörg Müller im Mai entlassen. Er soll sie zu spät über die Einstufung der Landes-AfD als gesichert rechtsextrem unterrichtet haben. Dazu gab es unterschiedliche Darstellungen. Nach internem Streit trat Lange zurück. Ich bin nicht für einen weicheren Umgang mit der AfD, sondern für einen besseren und wirksameren, für einen, der die AfD endlich mal kleiner macht statt immer größer", gab sie bei ihrem Abgang zu Protokoll.
Auf dem Landesparteitag der Brandenburger SPD in Cottbus am 21. Juni 2025 gab Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dann die Richtung vor:
Bei allen Risiken und bei allem Wissen darum, dass es ein steiniger Weg ist, müssen wir prüfen, ob diese rechtsextremistische Partei dann auch verboten werden kann.
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Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg (SPD)
Die Diskussion um ein Verbotsverfahren könnte mit der Veröffentlichung des Gutachtens an Fahrt gewinnen.