Wie Trumps Zölle Chinas "Supermarkt der Welt" treffen
Großmarkt in Yiwu:Wie US-Zölle Chinas "Supermarkt der Welt" treffen
von Elisabeth Schmidt, Peking
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Derzeit gilt eine Art Burgfrieden im Handelsstreit zwischen den USA und China. Doch niemand weiß, wie lange der hält. Die Auswirkungen des Konflikts sind bereits spürbar.
USA und China haben ihren Handelsstreit entschärft und ihre Zölle gesenkt. Doch Chinas Exportwirtschaft bleibt unsicher.28.05.2025 | 6:29 min
Yiwu, im Südosten Chinas, ist anders: Schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug werden die Passagiere von einer bunten Plakat-Flut erschlagen: "Chinagoods! Do global business in Yiwu" steht hier auf Englisch, das ist selten in der Volksrepublik. Im Flieger von Peking sind fast mehr Ausländer als Chinesen.
Ihr Ziel: der "Supermarkt der Welt", eine gigantische Großmarkthalle: mehr als 700 Fußball-Felder groß, gut 70.000 Händler und die komplette Reizüberflutung. Hier gibt es alles und in rauen Mengen, von Spielzeug über Kleidung bis hin zur Weihnachtsdeko. In den USA stammen fast 90 Prozent der Santa Clauses, Lichterketten und Plastiktannen aus Yiwu.
Welche Auswirkungen hat Trumps Zollpolitik auf die chinesische Wirtschaft?17.04.2025 | 1:40 min
"Make America Great Again" - aus China
Auch Donald Trumps "Make America Great Again"-Kappen werden hier zu Hunderttausenden hergestellt und in die USA verschifft. Bis das Zollbeben kam. Anfang April verhängte Trump 145 Prozent Einfuhrzoll auf Waren Made in China. Die Stimmung ist gekippt. Als wir in einem Shop eine MAGA-Kappe entdecken, wird sie uns praktisch entgegengeworfen:
Die kauft gerade keiner. Wir haben diese Kappen schon produziert, bevor Trump sein Amt angetreten ist. Wenn Du die Mütze magst, schenke ich sie Dir!
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Händler in Yiwu
Keine Aufträge mehr aus den USA
Immer wieder hören wir, die lokalen Behörden hätten den Händlern nahegelegt, die Käppis wegzupacken. Nur wenige Verkäufer wollen mit uns darüber reden. Sie haben Angst, mit den Behörden Ärger zu bekommen. Herr Gao produziert ebenfalls Käppis mit Logos wie "Los Angeles" oder "New York". Knapp die Hälfte seiner Kunden kommt aus den USA. "Der Handelsstreit hatte große Auswirkungen auf unser Geschäft", sagt er. Seit dem 10. April seien keine Bestellungen mehr aus den USA eingegangen.
Die Produktion in unserer Fabrik stand einen halben Monat still, 20 Tage lang.
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Herr Gao, Händler in Yiwu
Im Zoll- und Handelsstreit haben sich Vertreter aus den USA und China in Genf getroffen und sich wohl angenähert. Beide Seiten betonten, das Treffen sei konstruktiv gewesen.12.05.2025 | 0:22 min
Chinas Staatschef Xi Jinping beschwichtigt derweil und klingt in diesem Konflikt oft wie die Stimme der Vernunft.
In Zoll- und Handelskriegen gibt es keine Gewinner. Durch Schikane und Tyrannei isoliert man sich nur selbst.
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Xi Jinping, Staats- und Parteichef Volksrepublik China, 13. Mai 2025
Zollstreit gefährdet Jobs
Doch hinter der Fassade ist klar: Peking macht sich große Sorgen. Denn die USA waren bislang Chinas größter Handelspartner. Und am Export nach Amerika hängen in der Volksrepublik rund 16 Millionen Jobs.
Pekings Reaktion: neue Allianzen. Vergangene Woche schloss Xi in Peking neue Handelsdeals mit Staaten aus Lateinamerika. Diese Woche findet in Kuala Lumpur der erste Dreier-Gipfel zwischen China, den ASEAN- und Golfstaaten statt. Auch hier erhofft sich Chinas Staatsführung neue Märkte.
"Verkäufer sind optimistisch" und der Handel gehe weiter, "auch ohne die USA", berichtet Miriam Steimer, ZDF-China-Korrespondentin in Guangzhou, zu Zöllen und Welthandel.17.04.2025 | 4:47 min
Der Trend: Exporte in andere Länder
"Der Handelskrieg wird auf uns keine großen Auswirkungen haben. Es wird die Verbraucher in den USA treffen, die zahlen am Ende für die Zölle," ist sich Herr Zhu sicher. Er produziert in Yiwu Halloween-Artikel, ein Viertel verschiffte er bislang in die USA. Doch seit dem Handelskrieg setzt er vermehrt auf Europa, auch auf Deutschland. Der Trend ist in ganz China zu spüren: Statt nach Amerika gingen im April die meisten Exporte nach Südostasien und nach Europa. Die USA sind nur noch Chinas drittgrößter Handelspartner.
Wenn der Westen nicht mehr glänzt, tut es eben der Osten!
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Herr Zhu, Händler aus Yiwu
Peking hat einen langen Atem
Die Propaganda setzt auf China-Selbstbewusstsein. Doch in vielen Fabriken halten sie weiter den Atem an. Da der Binnenkonsum in der Volksrepublik wegen der Wirtschaftskrise immer noch schleppend ist, sind sie auf den Export angewiesen. Doch in Chinas Produktionsstätten zeigt sich auch: Im Handelsstreit hat Peking einen langen Atem.
Elisabeth Schmidt ist ZDF-Ostasienkorrespondentin und arbeitet im Studio Peking.
Experten warnen vor einem globalen Risiko - wie genau betrifft uns der Handelsstreit zwischen den USA und China? ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann berichtet.11.04.2025 | 1:34 min