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UN-Plastikabkommen:Plastikgipfel gescheitert - wie es weitergeht
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Trotz zehn Tagen intensiver Verhandlungen ging die UN-Plastikkonferenz in Genf ohne Ergebnis zu Ende. Ölstaaten blockierten ein starkes Abkommen. Wie es trotzdem weitergehen kann.
Nach zehn zermürbenden Tagen in Genf in der Schweiz war die Erleichterung am Ende eher dem Ende selbst geschuldet als einem Erfolg. "Können wir jetzt den Hammer fallen lassen?", fragte der US-Delegierte John Thompson im letzten Plenum. Die eigentliche Mission, ein verbindliches Abkommen der Vereinten Nationen gegen die weltweite Plastikverschmutzung, blieb unerfüllt.
Plastikgipfel: Unüberwindbare Fronten in Genf
Die Mehrheit der Staaten und auch die Europäische Union wollten ein starkes Abkommen - mit einem klaren Artikel zur Begrenzung der Produktion. Im finalen Abschlussentwurf fehlte dieser Artikel vollständig.
Frankreichs Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher zeigte sich nach durchverhandelten Nächten in ihrem Abschlussstatement im Plenum frustriert.
Ich bin enttäuscht und wütend.
Agnès Pannier-Runacher, Umweltministerin Frankreich
Genf: Müdigkeit statt Fortschritt
Das letzte Plenum war immer wieder verschoben worden, weil sich Verhandlungen hinter verschlossenen Türen verzögerten. Delegierte und Beobachter harrten aus oder fanden ein wenig Schlaf auf den Stühlen, bevor um 5:30 Uhr morgens dann final das Schlussplenum angesetzt wurde. Auch dieses begann am Ende erst nach 6 Uhr.
Einige Beobachter äußerten Kritik am Verhandlungsführer und auch die französische Umweltministerin sprach von einem "chaotischen Prozess". So schaffte es der Konferenzvorsitz nicht, einen kompromissfähigen Abschlusstext vorzulegen.
Zudem fehlten am Ende hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus vielen Ländern, um mit Entscheidungsmacht noch Kompromisse zu erzielen, so Kritiker. Auch die deutsche Delegation war seit Mittwoch ohne den zuvor für drei Tage angereisten Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, vor Ort. Der deutsche Umweltminister war im Gegensatz zur französischen Kollegin nicht angereist. Nun soll eine Folgekonferenz das Abkommen retten. Doch ein Datum gibt es bisher nicht.
Hoffnung auf nächste Verhandlungsrunde
Viele Beobachter haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben - trotz der klaren Fronten. Es zeichne sich ab, dass etwa 130 Länder ambitionierte Maßnahmen unterstützen würden, was eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen bilde, sagt Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut vor Ort in Genf.
Sie rät progressiven Staaten, die Zeit bis zur nächsten Runde zu nutzen, Allianzen zu bilden und neue Gesprächsformate zu finden. Auch ein Mehrheitsbeschluss als multilaterales Abkommen ohne die blockierenden Staaten wird diskutiert.
Das Problem sei nicht nur die komplizierte Materie, sondern auch die geopolitische Lage. Öl- und Gasstaaten stünden unter Druck, weil fossile Brennstoffe zur Erreichung der Pariser Klimaziele in vielen Bereichen reduziert werden müssen. Kunststoffe seien ihr Plan B, den sie nicht kampflos aufgeben würden, auch wenn das die Klimakrise weiter verschärfe, so Bergmann.
Ungewisse Zukunft des Plastikabkommens
Genf war bereits der zweite Anlauf, einen Abschluss zu erreichen. Zuvor scheiterte der erste Versuch einer Abschlusskonferenz im koreanischen Busan im Dezember. 2022 hatte die UN-Umweltversammlung das Mandat für den Beginn für Verhandlungen für ein Plastikabkommen erteilt. "Erfahrene Verhandler:innen haben von Anfang an gesagt, dass der Zeitrahmen ambitioniert ist", so Melanie Bergmann. So sei es dann auch nicht verwunderlich, dass es auch jetzt noch zu keiner Einigung kam.
Plastik vermüllt Meere und Umwelt und vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen nach Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen.
Quelle: dpa
Quelle: dpa
Andere Beobachter stellen klar, es sei besser, kein Abkommen zu verabschieden, als ein schwaches. Denn der Vertrag, der hier beschlossen werden sollte, wäre die Basis geworden für dann regelmäßige UN-Plastik-Konferenzen. Es hätte den Grundstein legen sollen für jede weitere Ambition der Vereinten Nationen in der Bekämpfung der Plastikverschmutzung.
Die Plastikkrise werde massiv unterschätzt, kritisierte Moritz Jäger-Roschko von Greenpeace. Er sagt, mit Blick auf die nächste Konferenz brauche es mehr Aufmerksamkeit von höchster politischer Ebene.
Elisa Miebach ist Redakteurin der ZDF-Umwelt- und Wirtschaftsredaktion.
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