UN-Konferenz in Genf: Abkommen zu Plastikmüll droht zu scheitern

UN-Konferenz in Genf:Abkommen zu Plastikmüll: Scheitern droht

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Kurz vor Abschluss der zehntägigen UN-Konferenz zur Verringerung des Plastikmülls droht ein Debakel. Kurzfristig wurde der Vertragsentwurf geändert - scharfe Kritik folgte prompt.

Symbolbild: Eine Recyclerin watet durch Plastikflaschen, als Recyclingarbeiter gegen die niedrigen Preise protestieren, die Unternehmen für recycelte Materialien zahlen.
Plastikmüll ist ein globales Problem. Die UN-Konferenz in Genf hat zum Ziel, dieses Problem anzugehen. Wie das erreicht werden soll - darüber gibt es verschiedene Ansichten.
Quelle: dpa

Nach zehntägigem Ringen um einen globalen Vertrag zur Eindämmung der verheerenden Plastikverschmutzung ist das Ergebnis der UN-Konferenz in Genf zunächst mager: Ohne Schlussspurt in den letzten Stunden vor Ablauf der gesetzten Frist drohen die Bemühungen zu scheitern.
Die Verhandlungen sollten am Donnerstag enden. Für die Europäische Union sagte Umweltkommissarin Jessika Roswall: "Die EU ist zum Handeln bereit, aber nicht um jeden Preis."
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Vorsitzender ändert kurzfristig Entwurf

Mit Bestürzung reagierten Dutzende Länder am Mittwoch auf einen Last-Minute-Vertragsentwurf des Konferenzvorsitzenden aus Ecuador. Daraus waren praktisch alle ehrgeizigen Ziele und Auflagen für Regierungen gestrichen worden.
"Dieser Text ist inakzeptabel und liefert nicht einmal das Minimum, das nötig ist, um mit der Dringlichkeit der Herausforderung umzugehen", warnte der dänische Delegierte im Namen der 27 EU-Länder. "Inakzeptabel" und "rote Linien überschritten" - so äußerten sich zahlreiche Regierungsvertreter.
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Eingeschweißtes Obst, Plastikflaschen, Snackverpackungen – der Müllberg wächst. Warum echtes Recycling selten gelingt und Mehrweg die bessere Lösung ist.04.08.2025 | 3:09 min

Harsche Kritik an neuem Entwurf

Der neue Vertragsentwurf sei nur noch ein Managementplan für Abfall, monierten Kenia, die Philippinen und zahlreiche andere Länder. Eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner sei keine Option, sagte die Vertreterin Großbritanniens. Selbst das öl-produzierende Saudi-Arabien, das eine Produktionsbegrenzung seit langem bekämpft, kritisierte den Text.
"Der Text ist ein Geschenk an die petrochemische Industrie und ein Verrat an der Menschheit", meinte der Chef der Delegation der Umweltorganisation Greenpeace, Graham Forbes. Die Wurzel des Übels, die unermüdliche Plastik-Produktion, werde ignoriert.

Plastik vermüllt Meere und Umwelt und vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen nach Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen.

Quelle: dpa

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Knackpunkt Produktionsbegrenzung

Mehr als 120 Länder stehen hinter der Forderung, den Gebrauch und die Produktion von Plastik auf ein nachhaltiges Niveau zu begrenzen. Ziel ist, bestimmte Einwegplastikprodukte wie Strohhalme oder Becher aus Styropor weltweit aus dem Verkehr zu ziehen.
Schwimmende leere Plastikflaschen, aufgeblasener Flamingo als Schwimmtier
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Für Öl produzierende Länder ist das Thema Produktionsbegrenzung aber ein rotes Tuch. Sie sehen ihre Geschäfte schwinden. Plastik wird überwiegend aus Öl hergestellt. Die Länder wollen stattdessen nur eine Einigung auf den Umgang mit Abfall akzeptieren.
Weltweit werden jährlich über 500 Millionen Tonnen  Kunststoffe verbraucht. Je nach Wohlstand in den Ländern gehen die Mengen pro Kopf weit auseinander. Europäische Union 187 kg, weltweiter Schnitt 29 kg

Bereits 2022 erster Plastikvertrag geschlossen

Die Umweltversammlung der Vereinten Nationen, das höchste Entscheidungsgremium für Umweltfragen, hatte 2022 einen Plastikvertrag beschlossen. Im Mandat heißt es, der Vertrag soll den ganzen Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion, über das Design bis zur Entsorgung.

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Kolumne
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