Imamoglu: Erdogan-Rivalen drohen bis zu 2.352 Jahre Haft

Imamoglu drohen bis zu 2.352 Jahre Haft:Anklage gegen Imamoglu: Experte sieht "politische Kampagne"

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Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 2.352 Jahre Haft für den Erdogan-Rivalen Ekrem Imamoglu. Ein Experte sieht darin "den Versuch, einen Oppositionskandidaten kaltzustellen".

Ekrem Imamoglu von der Republikanischen Volkspartei (CHP) gilt als einer der stärksten politischen Rivalen des türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan.

Kritiker sehen das Vorgehen gegen den Erdogan-Rivalen Ekrem Imamoglu als politisch motiviert.

Quelle: ddp

Knapp acht Monate nach der Festnahme und Absetzung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu hat die Staatsanwaltschaft dem Staatssender TRT zufolge bis zu 2.352 Jahre Haft für den populären Oppositionspolitiker gefordert. Die Anklage wirft dem Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan unter anderem die Gründung und Leitung einer kriminellen Vereinigung vor.

Die Annahme der Anklageschrift durch das Gericht gilt als Formsache. Imamoglu ist ein aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Erdogan.

Eine Frau hält eine türkische Flagge und ein Plakat mit der Aufschrift „Freiheit für Imamoglu“ während einer von der größten Oppositionspartei des Landes, der Republikanischen Volkspartei (CHP), organisierten Demonstration gegen die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu in Istanbul, Türkei, am 7. Mai 2025.

Vor rund 100 Tagen wurde der Bürgermeister von Istanbul und Oppositionspolitiker İmamoğlu wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen. Nun ruft seine Partei erneut zu Protesten auf.

01.07.2025 | 1:31 min

Imamoglu: CHP-Anwalt erwartet Freispruch

Der Sender CNN Türk berichtete, die Anklageschrift sei 3.900 Seiten lang und umfasse insgesamt 402 Verdächtige. Ein Anwalt der Partei Imamoglus sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Anschuldigungen seien völlig haltlos. Er erwarte einen Freispruch am Ende des Verfahrens.

Imamoglu war im März unter Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen und als Bürgermeister abgesetzt worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Hunderte CHP-Mitglieder verhaftet

Seither steht die säkular ausgerichtete CHP unter Druck. Bisher wurden Hunderte ihrer Mitglieder festgenommen und 17 ihrer Bürgermeister verhaftet. Die Regierung weist Kritik an dem Vorgehen zurück und nennt die Justiz im Land unabhängig. Internationale Organisationen und auch die EU-Kommission stellen dies allerdings infrage.

Der Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Ismail Küpeli bezeichnet die Anklage gegen Imamoglu im ZDFheute-Interview als "eine politische Kampagne".

Es ist der Versuch, einen der beliebtesten und aussichtsreichsten Oppositionskandidaten durch solche Maßnahmen kaltzustellen.

Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler

Demonstrierende Mneschen mit Plaketen und einigen Türkei-Flaggen

In Istanbul versammelten sich erneut hunderttausende Menschen, um für die Freilassung des abgesetzten Bürgermeisters Imamoglu zu demonstrieren.

29.03.2025 | 1:30 min

Experte: Erdogan will Rivalen "ausschalten"

Die Vorwürfe gegen den Oppositionspolitiker seien "weitgehend unbegründet". Während gegen viele Bürgermeister der Regierungspartei AKP trotz Korruptionsaffären nicht vorgegangen werde, "sehen wir in solchen Fällen keine Anklagen und keine Prozesse". Das zeige, so Küpeli weiter, "dass es sich hier eindeutig um eine politische Maßnahme handelt, um einen Oppositionspolitiker auszuschalten".

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers reiht sich das Verfahren "in das insgesamt repressive Vorgehen der Regierung gegen die CHP" ein. In den vergangenen Monaten habe sich dieses Vorgehen weiter verschärft. Küpeli spricht von einem "Versuch Erdogans, sich mit illegitimen Mitteln an der Macht zu halten und den demokratischen Wettbewerb auszuschließen".

"CHP gerät immer stärker ins Visier"

Seit vielen Jahren versucht die Regierung, die Opposition durch Gerichtsprozesse, Anklagen und polizeiliche Maßnahmen zu schwächen.

Ismail Küpeli, Türkei-Experte

"Zunächst war die linke HDP betroffen, inzwischen gerät auch die CHP immer stärker ins Visier.“ Ziel sei es letztlich, "die Herrschaft Erdogans durch undemokratische Mittel wie den Missbrauch der Justiz abzusichern", so Küpeli.

heute journal - der Podcast mit Helene Reiner und Christian Sievers

Seit der Verhaftung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu protestieren die Menschen in der Türkei. In dieser Folge geht es um die Wut einer ganzen Generation.

28.03.2025 | 39:34 min

Vorgehen gegen Imamoglu löste große Proteste aus

Das Vorgehen gegen den populären Politiker hatte die größten Proteste seit mehr als zehn Jahren in der Türkei ausgelöst. Imamoglu selbst bestreitet die Vorwürfe. Kritiker sehen das Vorgehen als gezielten Versuch der Regierung, die stärkste Oppositionspartei im Land auszuschalten.

Die Partei CHP war 2024 überraschend als landesweit stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervorgegangen - was viele als mögliche Vorstufe zu einer Ablösung der AKP-Regierung von Präsident Erdogan deuteten.

Quelle: dpa, ZDF

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