Streit um Journalisten: Moskau bestellt deutschen Botschafter ein

Streit um Journalisten:Moskau bestellt deutschen Botschafter ein

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Der diplomatische Streit zwischen Berlin und Moskau spitzt sich zu: Russland beklagt Hetze gegen Journalisten und will Kandidaten für Vergeltungsmaßnahmen auswählen.

Alexander Graf Lambsdorff, der deutsche Botschafter in Russland, verlässt die Büros des russischen Außenministeriums am 27.06.2025.
Alexander Graf Lambsdorff ist seit August 2023 deutscher Botschafter in Russland.
Quelle: Imago

Im Streit um den Umgang mit Korrespondenten russischer Staatsmedien in Deutschland ist der deutsche Botschafter in Moskau einbestellt worden. Das russische Außenministerium berief Alexander Graf Lambsdorff ins Ministerium, "um ihn über Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf die Verfolgung russischer Journalisten zu informieren", wie ein Ministeriumssprecher der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass sagte.
Lambsdorff verließ das Außenministerium nach rund zwei Stunden. Es habe ein langes, interessantes Gespräch gegeben, in welchem die Bedingungen für die Arbeit von Korrespondenten erörtert wurden, sagte Lambsdorff russischen Medien zufolge beim Verlassen des Gebäudes. Der Dialog werde fortgesetzt, kündigte er an. Details nannte er jedoch nicht.
Christoph Wiesel im Gespräch mit Andreas Kynast
Bereits im Oktober 2024 hatte Moskau den deutschen Botschafter einbestellt: Damals ging es um russische Vorwürfe wegen eines neuen Nato-Ostseekommandos in Rostock - Deutschland widersprach. Ein "bisher beispielloser diplomatischer Schlagabtausch", so ZDF-Korrespondent Kynast. 23.10.2024 | 2:46 min
Russischen Medienberichten zufolge geht es um den Mitarbeiter einer russischen staatlichen Medienholding, der Deutschland verlassen soll. Die Einwanderungsbehörde der Stadt Berlin verlängerte demnach die Aufenthaltspapiere des Mannes nicht. Frau und Kind seien ebenfalls vorübergehend die Pässe abgenommen worden, heißt es.
Es werde in Deutschland alles getan, damit russische Journalisten das Land verlassen, hatte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag gesagt. Sie hatte den Schritt sowie weitere "Gegenmaßnahmen" zuvor angekündigt. Deutschland weigere sich, seinen Verpflichtungen zum Schutz von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt nachzukommen, hatte sie erklärt.

Diplomatischer Streit um Journalisten nicht neu

Auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg hatte Sacharowa vergangene Woche bereits mit Strafmaßnahmen gegen deutsche Journalisten gedroht. In einem Interview erklärte sie, dass jetzt unter den deutschen Journalisten Kandidaten ausgewählt werden, die in Moskau arbeiten.
Im November 2024 hatte Russland wegen eines ähnlichen Streits bereits zwei ARD-Mitarbeiter ausgewiesen. Damals war die Aufenthaltsgenehmigung von zwei für das russische Staatsfernsehen arbeitenden Männern in Berlin nicht verlängert worden.
Russland weist Journalisten aus
Als Reaktion auf das Aufenthalts- und Arbeitsverbot für einen Korrespondenten von Channel One hatte Russland im November die Ausweisung von zwei ARD-Mitarbeitern aus Moskau bekanntgegeben.28.11.2024 | 1:49 min

Einbestellung drückt Unmut aus

Mit der förmlichen Einbestellung eines Botschafters signalisiert die Regierung des Gastlandes eine deutliche Verstimmung. Sacharowa äußerte scharf formulierte Vorwürfe:

Das, was jetzt in Deutschland von den Behörden gegen russische Journalisten und Medien veranstaltet wird, ist schon grenzenloser Zynismus und ein Verstoß gegen alle auf sich genommenen Verpflichtungen.

Maria Sacharowa, russische Außenamtssprecherin

Es werde Druck ausgeübt, Hetze und Propaganda betrieben, um russische Journalisten verächtlich zu machen, klagte sie. Dies betreffe nicht nur Journalisten selbst, sondern inzwischen auch deren Familien.
Quelle: dpa, Reuters

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