Rente ab 70: Dänemark setzt in Europa neues Hoch für Rentenalter

Friedrich Merz will, dass in Deutschland mehr gearbeitet wird. Und hat damit eine erneute Debatte losgetreten um 4-Tage-Woche, Work-Life-Balance und Feiertagsstreichungen. In Dänemark lässt die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen ab 2040 länger arbeiten ohne größeren Gegenwind. Im Gegenteil: Mit großer Mehrheit und sogar mit Stimmen der Opposition hat das dänische Parlament vergangene Woche mit 81 zu 21 Stimmen beschlossen, das Renteneintrittsalter zu erhöhen: Es liegt zur Zeit wie in Deutschland bei 67 Jahren. Von 2040 an soll es auf 70 Jahre steigen - für alle Dänen, die nach dem 1. Januar 1971 zur Welt gekommen sind.

"Warum können die Dänen solche Entscheidungen treffen?" fragte nicht nur die Wirtschaftsweise Monika Grimm auf dem sozialen Netzwerk X nach dieser Entscheidung. Wie immer, wenn die Wogen in Diskussionen hoch schlagen, lohnt sich ein Blick auf das größere Bild. Auch in Dänemark altert die Bevölkerung. Die Geburtenrate liegt mit 1,5 Kindern pro Frau ähnlich wie in Deutschland. Die Lebenserwartung ist ein bisschen höher. Was anders ist: Das Renteneintrittsalter ist in Dänemark an die Lebenserwartung gekoppelt. Darauf hatte die dänische Politik sich 2006 verständigt. Alle fünf Jahre wird im selben Takt erhöht. Deshalb nun die Rente mit 70 Jahren.

"Wir sind uns tatsächlich mit der Regierung einig, dass das Renteneintrittsalter angehoben wird", sagt Morten Skov Christiansen, Vorsitzender des dänischen Gewerkschaftsbundes (FH). Es müsse Ausnahmen geben für die, die früh auf den Arbeitsmarkt einsteigen oder körperlich harte Berufe ausüben. Aber deshalb müssten nicht alle eher aufhören. "Wir brauchen frühzeitige Umschulungsmöglichkeiten", sagt der Gewerkschaftsvorsitzende. "Es muss fair für alle sein." Vereinzelt hatten Gewerkschaften gegen die Entscheidung protestiert. Allerdings eher gegen die Geschwindigkeit der Anhebung, nicht gegen die Anhebung an sich.

Die Dänen gehen mit 66,7 Jahren im Durchschnitt zwei Jahre später in Rente als die Deutschen. "Es gibt kein Gesetz, das besagt, dass man mit einem bestimmten Alter in Rente gehen muss", erklärt Karsten Vrangbæk, Gesundheitsforscher and er Universität Kopenhagen. "Immer mehr Dänen entscheiden sich, länger zu arbeiten, weil sie es interessant und wichtig finden, ihren Beitrag zu leisten."

Dabei sind sie auch höher abgesichert als deutsche Rentner: Laut OECD beträgt verfügen dänische Rentner im Schnitt über fast Dreiviertel ihres letzten Bruttoeinkommens, in Deutschland sind es 44 Prozent. Das liegt daran, dass das Rentensystem anders aufgebaut ist: Die Rente ist in Dänemark steuerfinanziert. Jeder erhält eine Grundrente, sogenannte "folkepension", ein vom früheren Lohn unabhängiger Betrag, der heute bei rund 2000 Euro pro Person liegt. "Das sind circa 12 bis 13 Prozent", sagt Karsten Vrangbæk, die darauf angewiesen seien. Alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber seien zudem verpflichtet, in Pensionskassen einzuzahlen. Mit einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge kommt ein dänischer Rentner im Schnitt auf 3500 Euro. Damit lässt es sich bei höheren Lebenshaltungskosten gut leben.

Allerdings hat die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen vorbeugend im vergangenen Jahr schon gesagt, nach dieser Anhebung solle erstmal Schluss sein mit der Verschiebung des Renteneintritts - eher müsse der Sozialvertrag neu verhandelt werden. Ausnahmen gibt es natürlich auch in Dänemark: Wer berufsunfähig ist oder 42 Jahre gearbeitet hat, kann eher in Rente gehen. Politiker sogar schon mit 60 Jahren - und über diese Regelung haben auch die Dänen sich richtig aufgeregt.