Welttag der Pressefreiheit: Trump attackiert unabhängige Medien

Analyse

Welttag der Pressefreiheit:Trump attackiert unabhängige Medien mit System

von Beatrice Steineke, Washington D.C.
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Kritische Journalisten werden ausgeschlossen und staatliche Mittel für Rundfunksender gestrichen. Die US-Regierung attackiert einen Grundpfeiler der Demokratie: die Pressefreiheit.

US-Präsident Donald Trump unterschreibt ein neues Dekret im Weißen Haus
Die Organisation Reporter ohne Grenzen warnt vor einer Beschränkung der Pressefreiheit. In der Hälfte der Länder wird die Lage als schwierig oder sehr ernst eingestuft.03.05.2025 | 1:23 min
"Du erwartest Veränderungen, du erwartest nicht das Ende von allem." Andrey Nazarbekian, ein amerikanischer Journalist mit russischen Wurzeln, spricht mit ZDFheute über seinen letzten Tag bei "Voice of America". Sieben Jahre berichtete er aus den USA für Menschen in Russland, Ukraine, Belarus und die Gemeinschaft der unabhängigen Staaten (GUS), die sich 1991 nach dem Ende der Sowjetunion gründete. Am 15. März bekam Nazarbekian eine Mail: seine Kündigung. Mehr als 1.300 Mitarbeiter des staatlich finanzierten US-Auslandssenders "Voice of America" wurden entlassen.

Wir erzählen Amerikas Geschichte und vertreten die Menschen der Vereinigten Staaten, nicht die Organisation einer Regierung oder die Politik einer Regierungsorganisation.

Andrey Nazarbekian, arbeitete seit 2018 bei "Voice of America"

Der Vorwurf der US-Regierung lautete, "Voice of America" würde eine "radikale Propaganda" verbreiten. Die Muttergesellschaft des Senders, United States Agency for Global Media, wurde von US-Präsident Donald Trump per Dekret angewiesen, massiv zu kürzen - auch bei Radio Free Asia und Radio Free Europe/Radio Liberty.
Trump sitzt vor einer US-amerikanischen Flagge und hält ein Dokument in die Luft
Trumps erste 100 Tage im Amt zeigen bereits ihre Auswirkungen. Welche Veränderungen nimmt der neue US-Präsident an Wirtschafts- und Sozialpolitik und der aktuellen Weltordnung vor?30.04.2025 | 43:59 min

Berichterstattung seit 83 Jahre - ohne Unterbrechung

1942 wurde "Voice of America" vom US-Kongress gegründet und sendete in 48 Sprachen. Ihre unabhängige Berichterstattung würde jeden 14. Menschen in russischen Gebieten erreichen und sie mit Informationen versorgen, "anstatt der Propaganda, die ihnen von der russischen Regierung eingetrichtert wird.", sagt Andrey Nazarbekian stolz. Seine ehemalige Kollegin, Masha Morton, interviewte etwa eine US-Journalistin, die aus dem umkämpften Cherson über den Krieg in der Ukraine berichtete.

Das größte Geschenk, was Amerika jetzt Putin machen könnte, ist uns ganz zu schließen.

Masha Morton, arbeitete seit 2016 bei "Voice of America"

Schatten von Donald Trump mit USA-Flagge über Weltkugel, dahinter schwarze Wolken, Schriftzug: "Der Trump Effekt" - War's das für die Ukraine?"
In dieser Folge fragen Katrin Eigendorf, Elmar Theveßen und Ulf Röller: Lässt der Westen die Ukraine fallen? Was passiert, wenn Trump sich endgültig von Europa abwendet?30.04.2025 | 51:56 min
Andrey Nazarbekian und Masha Morton sind beide US-Bürger. Sie sorgen sich um die Mitarbeiter, die nur ein Journalisten-Visum haben. Sollte der Auslandssender endgültig schließen, müssten sie Amerika verlassen. Sie könnten in Russland inhaftiert werden, so Morton gegenüber ZDFheute, weil sie in den Augen der russischen Regierung für einen "ausländischen Agenten" gearbeitet haben. Noch ist es nicht entschieden: Ende April hatte ein Bundesrichter entschieden, die US-Regierung habe "wahrscheinlich direkt gegen mehrere Bundesgesetze verstoßen" und müsse die Mitarbeiter wieder einstellen. Doch ein Berufungsgericht stoppte dieses Urteil - vorerst.

Juristin: "Zunehmende Feindseligkeit gegenüber Journalisten"

Landesweit seien Angriffe auf unabhängige Medien zu beobachten, durch "haltlose Untersuchungen, den Entzug von Finanzmitteln und die Einschränkung des Zugangs zur Berichterstattung über Regierungsmaßnahmen", so Rebecca Hamilton, Professorin für Recht an der American University in Washington.

Wir stellen eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber Journalisten und der Ausübung des Journalismus fest. Dies geschieht in einem System, in dem großen Verlagen und Plattformen Vorteile angeboten werden, um sich mit Trump zu verbünden.

Rebecca Hamilton, Professorin für Recht, American University Washington

Aufgrund eines Konflikts mit US-Präsident Trump wurde die Nachrichtenagentur Associated Press wiederholt von Veranstaltungen mit Trump oder im Weißen Haus ausgeschlossen. Für die Jura-Professorin sei dieser Vorgang "beispiellos". Anfang April wies ein Bundesrichter das Weiße Haus an, AP-Reporter wieder zuzulassen. Doch die US-Regierung kündigte an, in Berufung zu gehen.

Trump: Keine Mittel mehr für NPR und PBS

Zahlreiche Entscheidungen des US-Präsidenten und seines Kabinetts beschäftigen die Justiz. Donald Trump unterschrieb ein neues Dekret: Die staatliche Förderung für die öffentlichen Rundfunksender NPR und PBS soll gestrichen werden. Sie berichteten voreingenommen und verbreiteten "linke Propaganda". Beide Sender finanzieren sich jedoch nach eigenen Angaben überwiegend aus privaten Mittel. Juristisch wird die Frage zu klären sein, ob ein Präsident Mittel streichen darf, die vom US-Kongress bewilligt wurden.
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Trump hat in seinen ersten 100 Tagen vieles versprochen und noch mehr verändert. Mit einem polarisierenden Stil erschüttert er Märkte und Partner und lässt sich von eigenen Anhängern feiern.30.04.2025 | 1:45 min
Systematisch gehe die US-Regierung gegen kritische Berichterstattung vor, heißt es im aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen". In der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2025 verschlechtert sich die USA von Platz 55 auf Platz 57 von insgesamt 180 Ländern.

Er bestraft seit langem unabhängige Medien, die objektiv über seine Regierung berichten, während er die Stimmen belohnt, die seine Standpunkte nacherzählen.

Clayton Weimers, Geschäftsführer von "Reporter ohne Grenzen" - USA

Seit der Amtseinführung haben neue Medienvertreter Zutritt zum Weißen Haus wie etwa der rechtspopulistische Sender "Real America’s Voice". Bereits im Januar verkündete die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Donald Trump wolle künftig selbst entscheiden, welche Medien zugelassen werden. Das ist eigentlich die Aufgabe der "White House Correspondents' Association" - vergleichbar mit der deutschen Bundespressekonferenz.
Zahlreiche nationale und internationale Journalisten berichten aus dem Weißen Haus. Ende April trafen sie sich in Washington zum jährlichen Dinner - traditionell mit einem Besuch des US-Präsidenten. Doch Donald Trump setzt eine Tradition aus seiner ersten Amtszeit fort: Er kam nicht.
Beatrice Steineke ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington D.C.

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Quelle: dpa

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Quelle: dpa, RTZ, AP, AFP

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