100 Tage Trump: Was deutsche US-Auswanderer darüber denken
Deutsche in den USA:100 Tage Trump: Wie Auswanderer darauf blicken
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Seit 100 Tagen ist US-Präsident Trump im Amt: Was denken Deutsche, die in den USA leben, darüber? ZDFheute spricht mit vier Menschen, die wir auch schon im Januar befragt hatten.
Unter dem Motto „Make America Great Again“ startete US-Präsident Trump mit großen Plänen. Doch heute sind seine Umfragewerte so niedrig wie bei keinem Amtsvorgänger seit dem Zweiten Weltkrieg.30.04.2025 | 2:34 min
Felicia Hofner, 31 Jahre, lebt seit 2016 in den USA
"Die ersten 100 Tage waren noch dystopischer, als ich erwartet hatte. In den ersten Wochen ging es mir mental richtig schlecht - jeden Tag neue Dekrete, neue Hiobsbotschaften. Es war schwer, Schritt zu halten und gleichzeitig den Alltag zu bewältigen. Manchmal fühlte ich mich wie gelähmt. Es war wie Liebeskummer, vermischt mit einem tiefen Unglauben darüber, dass das wirklich passiert.
Felicia ist in München aufgewachsen. Mit 22 Jahren kam sie für ein Austauschsemester nach Ohio.
Quelle: Felicia Hofner
Inzwischen habe ich mich etwas an den Zustand gewöhnt - vielleicht bin ich abgestumpft. Aber auf einer rationalen Ebene schockieren mich die Entwicklungen noch immer. Ich mache mir große Sorgen, dass die demokratische Gewaltenteilung bald komplett ausgehebelt wird und die USA in Richtung Autokratie kippen.
Ich frage mich, ob es überhaupt noch sicher ist, offen Kritik zu äußern – wie ich es gerade tue. Auf eine Demo habe ich mich bisher nicht getraut, obwohl ich eigentlich unbedingt wollte.
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Felicia Hofner, lebt in Cincinnati (Ohio)
Als Immigrantin, auch mit Staatsbürgerschaft, hatte ich Angst, dass es Konsequenzen geben könnte. Und auch Angst, dass etwas eskaliert - Gewalt, Schüsse. Zum Glück ist das bisher nicht passiert.
Trump sei nach 100 Tagen im Amt nicht nur radikaler, er wolle das System rücksichtslos umkrempeln - und das in unglaublicher Geschwindigkeit, so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.29.04.2025 | 2:46 min
Ich bin froh, dass ich dieses Jahr keine internationalen Reisen geplant hatte - bei einer Wiedereinreise hätte ich jetzt echte Bedenken. Mein Freund und ich ziehen im September für ein Jahr nach Deutschland, aber wir planen mindestens einen Besuch in den USA - und ich mache mir jetzt schon Sorgen, wie sich die Lage bis dahin entwickeln wird. Neben all dem kommen finanzielle Sorgen dazu: Meine Investitionen haben an Wert verloren, die Lebenshaltungskosten steigen immer weiter.
Trotz allem gibt es auch Hoffnung: Viele Trump-Wähler wirken enttäuscht, sogar Podcaster wie Joe Rogan, Ben Shapiro und Candace Owens äußern sich kritisch. Und seit April gibt es endlich wieder landesweite Demos. Aber die Demokraten reagieren aus meiner Sicht zu zögerlich. Ich hoffe sehr, dass die demokratischen Institutionen stark genug sind, um das Schlimmste zu verhindern. Sicher bin ich mir da leider nicht mehr."
US-Präsident Trump und Ukraines Präsident Selenskyj haben am Rande der Papst-Beerdigung in Rom gesprochen. Das Treffen war das Erste seit dem Eklat im Weißen Haus vor zwei Monaten.26.04.2025 | 0:21 min
Celianna Gunderson, 54 Jahre, lebt seit 1999 in den USA
"Nach 100 Tagen unter Präsident Trump spüre ich vor allem eines: Hoffnung. Natürlich erwarte ich in so kurzer Zeit keine Wunder, aber was sich bisher getan hat, stimmt mich zuversichtlich. Trump setzt genau das um, wofür ich ihn gewählt habe - Transparenz, sichere Grenzen, ein starkes Militär, die Rückbesinnung auf persönliche Freiheit und nationale Interessen.
Celianna liebt die USA. Trotzdem vermisst sie Deutschland bis heute sehr.
Quelle: Celianna Gunderson
Wir stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: 36 Billionen US-Dollar Schulden, jedes Jahr kommen zwei weitere dazu. Doch endlich wird gehandelt. Es werden Chemikalien aus Lebensmitteln entfernt, Big Pharma hinterfragt, Leaker zur Rechenschaft gezogen, ungeimpfte Soldaten rehabilitiert und ideologische Einflüsse aus dem Militär entfernt. DOGE deckt Milliarden an Staatsverschwendung auf, Covid-19 wird als menschengemachter Erreger benannt, und Fauci wird nicht länger geschont. Wer behauptet, es passiere nichts, schaut nicht hin.
Trumps erste 100 Tage: Dekrete statt Dialog, Isolation statt Integration. Wie er den Kurs der USA radikal änderte – und globale Machtverhältnisse verschob. Eine Analyse.22.04.2025 | 51:22 min
Was sich für mich verändert hat? Vor allem der Blick nach vorn. Vieles kam für meine Familie zu spät, doch für meine Enkelkinder sehe ich Chancen auf ein besseres Bildungssystem, eine gerechtere Gesundheitspolitik und eine klarere Priorisierung im Staatshaushalt. Wir räumen auf - bei den Finanzen, bei der Forschung, in der Verwaltung. Es wird unbequem, aber es ist nötig.
Ich sehe momentan keine echten Vorschläge seitens der Demokraten, wie man das Land verbessern könnte. Stattdessen nur laute Beschimpfungen: Trump sei ein Faschist, ein Nazi. Doch wissen sie überhaupt, was diese Begriffe bedeuten?
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Celianna Gunderson, lebt in Alexandria (Virginia)
Ich habe damals für Obama gestimmt - in der Hoffnung auf Reformen, die nie kamen. Heute hoffe ich, dass mehr Menschen aufwachen und anfangen, die Dinge selbst zu hinterfragen, statt pauschal zu verurteilen. Wer wirklich wissen will, was los ist, sollte sich informieren, zuhören und auch den unbequemen Wahrheiten ins Auge sehen.
Ich bin stolz, Amerikaner zu sein. Ich glaube an legale Einwanderung, an Eigenverantwortung und an die Werte, auf denen dieses Land aufgebaut wurde. Auch wenn viele noch überzeugt werden müssen - der Wandel hat begonnen."
Die Zollpolitik von US-Präsident Trump gilt als unberechenbar. Immer mehr deutsche Exporteure orientieren sich deshalb nach Asien und anderen Teilen der Welt.29.04.2025 | 1:32 min
Jörg Arnu, 63 Jahre, lebt seit 1995 in den USA
"Mein Portfolio liegt zwar ein paar Prozent unter dem, was ich erwartet hatte, aber der Rückgang ist nicht so dramatisch, wie ich nach den Zöllen von Trump und den internationalen Reaktionen befürchtet hatte. Wer in den Aktienmarkt investiert, muss ruhig bleiben. Das Schlimmste scheint vorbei, der Weg nach oben ist wieder frei. Ich bin stolz, Amerikaner zu sein, auch wenn ich nicht immer mit der Regierung übereinstimme.
Jörg nahm kurz nach den 9/11-Attentaten die US-Staatsbürgerschaft an und legte die deutsche ab.
Quelle: Jörg Arnu
Unser Leben hat sich hier - entgegen der Panik aus Europa - kaum verändert. Wenn ich in deutschen Talkshows höre, wie Leute fluchtartig das Land verlassen wollen, schüttle ich nur den Kopf. Der härtere Umgang mit illegaler Einwanderung ist längst überfällig - wer gegen unsere Gesetze verstößt, hat hier nichts zu suchen.
Trump hat bei der Einwanderung geliefert, auch wenn er manchmal diplomatischer sein könnte. Ich glaube, dass das Land am Ende seiner Amtszeit stärker dastehen wird.
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Jörg Arnu, lebt in Rachel (Nevada)
Bis dahin verdient Trump als gewählter Präsident unseren Respekt und unsere Unterstützung. Bei den Zöllen muss er Ergebnisse liefern, sonst wird seine Unterstützung wackelig. Als alter Deal-Maker weiß er, wie er das anpacken muss. Auch beim Thema Geld-Verschwendung gibt es noch viel zu tun. Ein Freund von mir aus der "Air Force" hat mir unglaubliche Beispiele genannt. Es fehlt jedoch an Wegen, solche Missstände weiterzugeben.
Wir sind auf dem richtigen Weg, aber Trump weiß, dass er bis zu den Mid-Terms liefern muss. Deshalb erleben wir derzeit "Turbo-Trump". Das mag europäische Regierungen befremden, aber er muss die Wogen glätten und transparenter werden. Seine Unterstützung für die AfD halte ich für einen Fehler. Die Partei hat Potenzial, muss aber noch wachsen."
Zölle, Abschiebungen und Angriffe auf die Universitäten polarisieren die USA. Nach Wochen der Schockstarre formiert sich wachsender Widerstand gegen die Regierung von Donald Trump.09.04.2025 | 18:49 min
Rudolf Vey, 70 Jahre, lebt seit 1996 in den USA
"Nach 100 Tagen Trump im Amt sind wir tief bestürzt. In kürzester Zeit wurden Programme gestrichen, die gerade den Schwächsten helfen sollten - Menschen mit geringem Einkommen, Alleinerziehenden, Familien in Not. Das besonders Bittere daran: Genau diese Hilfen werden oft von seiner eigenen Wählerschaft, der sogenannten "MAGA-Basis", dringend benötigt. Man fragt sich, wie sie sich in den nächsten 100 Tagen fühlen werden, wenn die Auswirkungen wirklich spürbar werden.
Im Alltag macht sich eine deutliche Verdrossenheit breit. Nicht nur bei Menschen, die finanziell kämpfen - selbst Freunde, denen es eigentlich gut geht, sind bedrückt und verunsichert. Letztes Wochenende sprach ich mit einer alleinerziehenden Mutter von zwei Teenagern, einer davon ist autistisch. Ihre Familie lebt von einem haarscharf kalkulierten Budget - jeder Preisanstieg trifft sie hart. Die geplanten Tarife von Trump werden die Preise für viele Alltagsgüter in die Höhe treiben.
Rudolf ist in Frankfurt aufgewachsen. Mit seiner amerikanischen Frau Wendy lebt er in New Jersey.
Quelle: Rudolf Vey
Für uns persönlich hat sich bislang wenig verändert, aber die Entwicklungen sind spürbar. Seit November schreibe ich unsere Lebensmittelausgaben mit - sie steigen langsam, aber stetig.
Meine größte Angst? Dass Trump unser Land zerstört. Seine wirtschaftspolitischen Maßnahmen – vor allem die Zölle – sind kurzsichtig und gefährlich.
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Rudolf Vey, lebt in South Plainfield (New Jersey)
Sie werden kaum neue Arbeitsplätze schaffen, dafür aber die Inflation anheizen. Für viele wird das Leben unerschwinglich.
Ich befürchte, dass er im Interesse Putins handelt - anders lassen sich manche Entscheidungen kaum erklären. Auch die politische Opposition enttäuscht. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wie Bernie Sanders, Alexandria Ocasio-Cortez und unserem lokalen Hoffnungsträger Cory Booker, wirken die Demokraten schwach, ja beinahe handlungsunfähig. Während Trump das Fundament unserer Demokratie mit seinen absurden Anordnungen untergräbt, scheinen viele Demokraten auf ihren Händen zu sitzen.
Mit einer 25 Stunden langen Rede hat der Demokrat Cory Booker den Kurs von US-Präsident Trump kritisiert. Es war die längste Rede, die je im US-Senat gehalten wurde. 02.04.2025 | 0:22 min
Und dann die Regierung selbst - ein Trauerspiel. Viele Posten sind mit völlig ungeeigneten Personen besetzt. Der Verteidigungsminister Pete Hegseth ist das Paradebeispiel, ein Ex-Fox-News-Kommentator ohne Qualifikation. Es sind düstere Zeiten. Und es wird schwerer, die Hoffnung zu bewahren."
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.
Quelle: dpa
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