Militärexperte: Warum die Ukraine Russland stoppen konnte

Interview

Militärexperte Keupp erklärt:Warum die Ukraine Russland stoppen konnte

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Russlands Frühjahrsoffensive hat nicht den durchschlagenden Erfolg, der erwartet wurde. Woher kommt der ukrainische Widerstand? Militärökonom Marcus Keupp klärt auf.

Gibt es eine Entlastung für die ukrainische Armee? Es sieht ganz so aus, als ob Russlands Vormarsch vorerst gestoppt werden konnte. Dies ist durchaus überraschend, denn es hieß zuletzt, dass die Ukraine Schwierigkeiten mit der Rekrutierung und Einziehung von Soldaten habe und hohe Verluste beim Material erleide.
Was ist der Grund für die ausbleibende Durchschlagskraft Russlands? Und wie ist es um die Verluste des Angreifers bestellt? All dies erklärt Militärökonom Dr. Marcus Keupp bei ZDFheute live.
Sehen Sie das Gespräch im Video oben oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Keupp über ...

... die überraschend starke Gegenwehr der Ukraine - und welche Rolle westliche Waffenlieferungen dabei spielten

Keupp erklärt, dass von der Ukraine "nicht mal so viele neuartige Waffensysteme" eingesetzt würden. Es gebe "einfach mehr von dem, was benötigt wird". Der Experte verweist aber auch darauf, dass momentan auf der Krim ATACMS für Angriffe genutzt werden. Bislang habe man die US-Waffensysteme nicht auf russischem Territorium einsetzen können.

Das ist im Moment so ein bisschen im Wandel.

Marcus Keupp, Militärökonom

Angesprochen auf die F-16-Kampfflieger rechnet Keupp in den nächsten Wochen mit deren Lieferung. Er rechne aber nicht mit Bildern der eigentlichen Kampfjets, sondern dem, was wirklich interessant sei: "die Missiles, die aus den Flugzeugen abgeschossen werden".

Wenn wir erste bestätigte Bilder zum Beispiel haben von der Harms 88 oder von Luftkampfmitteln, die also von F-16 definitiv abgeschossen werden, wäre das der definitive Beweis, dass sie im Kampfraum sind.

Marcus Keupp, Militärökonom

... eine erneute Offensive der ukrainischen Armee

Keupp gibt zu bedenken, dass es "zumindest lokal" eine große Übermacht an Waffensystemen und große Lufthoheit geben müsse. Dies sei "Russlands wirklich einziger Wettbewerbsvorteil an der ganzen Front". Daher ist eine erneute Offensive momentan "nicht wirklich eine Option für die Ukraine", meint Keupp.

Dafür müsste die Ukraine erst einmal Kräfte zusammenziehen, die sie im Moment einfach nicht hat.

Marcus Keupp, Militärökonom

... die Verluste des russischen Militärs bei Material und Personal

Der Experte bezieht sich auf das Oryx-Portal, das die Verluste im Krieg zählt. Demnach seien über 15.000 mechanisierte Systeme abgeschossen und annähernd 3.000 Kampfpanzer zerstört worden.

Das ist der größte Verlust, den eine mechanisierte Landarmee jemals erlitten hat seit dem Zweiten Weltkrieg.

Marcus Keupp, Militärökonom

Nachdrücklich betont Keupp, dass die Abnutzungsrate höher sei, als die Reserven der Russen. Die Logistik lasse sich nicht betrügen". Spezialisierte Analysten hätten ausgerechnet, dass die Bestände und Neuproduktion je nach Experte bis "Mitte 2025 und Anfang 2026" den Kampf aufrechterhalten könnten.
Personalverluste in der russischen Armee beschränkten sich laut Keupp nicht nur auf neue Rekruten, die nur eine minimale Ausbildung erhalten hatten, sondern erstreckten sich auch auf Spezialkräfte. Ja, Russland sei noch imstande, weitere Soldaten nachzuschicken, aber die Nachrücker würden immer schlechter.

Und irgendwann ist das Argument Masse einfach kein Argument mehr, weil der Gegner irgendwann auf einem höheren Technologieniveau ist und die Masse nur noch rausnimmt.

Marcus Keupp, Militärökonom

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