Grundlage verschärfter Migrationspolitik:EU will Asylbewerber leichter in Drittstaaten abschieben
Künftig könnten Asylsuchende in "sichere Drittstaaten" gebracht werden. Schutzsuchende können so auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren.
Das Konzept der sicheren Drittstaaten sieht vor, Asylsuchende in Länder zu verlegen, die Schutz gewähren, statt ihnen im EU-Ankunftsland ein reguläres Verfahren zu ermöglichen.
Quelle: dpaDie EU schafft die Grundlage für eine deutlich verschärfte Abschiebepolitik. Deutschland und andere EU-Staaten sollen Schutzsuchende künftig auch in Länder bringen dürfen, zu denen die Betroffenen keine Verbindung haben, wie aus einer Einigung von Vertretern der Mitgliedsländer und des Europaparlaments hervorgeht.
Bislang war es nötig, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu einem solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder einen längeren Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es künftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht.
Die Gesetzesänderung muss noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Normalerweise ist das Formsache, wenn sich die Unterhändler der Institutionen zuvor auf einen Kompromiss geeinigt haben.
Laut Magnus Brunner, EU-Kommissar für Migration, halten sich die Mitgliedsstaaten an eine "Balance zwischen Solidarität und Verantwortung". Auch Abweichler müssten sich "an das europäische Rechtssystem" halten.
09.12.2025 | 9:24 minAbschiebung in Länder ohne Bindung
Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige Bindung haben. Dieses sogenannte Verbindungselement wird optional. Für unbegleitete Minderjährige gibt es hingegen die von den EU-Staaten geforderte Ausnahme. Für sie bleibt ein verbindendes Element zum Land, in das sie abgeschoben werden sollen, eine notwendige Bedingung.
Damit soll auch die rechtliche Grundlage für das sogenannte Ruanda-Modell geschaffen werden. Großbritannien wollte Asylbewerber nach Ruanda bringen, die dann auch dort bleiben sollten, wenn ihnen nach der Prüfung ein Schutzstatus gewährt wird.
Umgesetzt werden konnte der Plan auch wegen Gerichtsentscheiden nie wirklich - die neue Labour-Regierung unter Premierminister Keir Starmer kippte den Asylpakt mit Ruanda schließlich. Nach Angaben der britischen Innenministerin Yvette Cooper kostete das Vorhaben mehr als 700 Millionen Pfund (etwa 830 Millionen Euro).
Die EU-Innenminister haben sich auf strengere Maßnahmen in der Migrationspolitik verständigt. Zentral sei die Frage der Drittstaatenabkommen, so Migrationsforscher Gerald Knaus.
09.12.2025 | 5:08 minDeutschland hatte "Ruanda-Modell" geprüft
Das deutsche Bundesinnenministerium hatte die verschiedenen Möglichkeiten, Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern, geprüft - darunter auch das "Ruanda-Modell". Ein im Mai veröffentlichter Abschlussbericht kam zu dem Ergebnis: rechtlich grundsätzlich möglich, aber in praktischer Hinsicht mit teils erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
In einer Mitteilung des Innenministeriums hieß es damals, eine Anwendung von Drittstaatsmodellen auf eine Vielzahl von Asylbewerbern sei "unrealistisch". Dies gelte auch für den Fall, dass das Verbindungselement - wie nun vorgesehen - nicht mehr verpflichtend sei.
Die EU-Innenminister haben sich auf schärfere Regeln bei Migration geeinigt. Asylsuchende ohne Aussicht auf Aufnahme sollen an den Außengrenzen zurückgewiesen werden.
08.12.2025 | 1:45 minViele rechte Stimmen für Gesetzesverschärfung
Das Europaparlament hatte am Mittag mit einer rechten Mehrheit den Weg für Verhandlungen freigemacht. Für das Vorhaben stimmten überwiegend Abgeordnete der Fraktionen rechts der Mitte, darunter auch Abgeordnete der AfD. Dagegen stimmten vor allem Linke, Grüne und Sozialdemokraten.
Aus allen drei Lagern kam Kritik - auch am Vorgehen der EVP-Fraktion im Europaparlament, zu der CDU und CSU gehören. Die EVP wolle eine möglichst schnelle und extreme Verschärfung in der Asylpolitik und nehme dafür eine Zusammenarbeit mit "Rechtsextremen, Klimaleugnern und Putin-Lobbyisten" in Kauf, hatte Erik Marquardt, Chef der Grünen im EU-Parlament, kritisiert. Die EVP argumentiert, sie arbeite bei Gesetzesvorhaben nicht aktiv mit Rechtsextremen zusammen. Die Brandmauer stehe auch auf europäischer Ebene, hatte EVP-Chef Manfred Weber (CSU) in der Vergangenheit gesagt.
Bezüglich der Immigrationspolitik greife langsam ein "Solidaritätsmechanismus". Doch in der Praxis würde es noch "Streit in Europa geben", meint Ulf Röller, ZDF-Korrespondent aus Brüssel.
08.12.2025 | 4:30 minMehr zum Thema Migrationspolitik
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