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Analyse
EU-Kommission stellt Budget vor:Woher kommt das Geld für den EU-Haushalt?
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Zwei Billionen Euro. So viel Geld soll im mehrjährigen EU-Haushalt ausgegeben werden. Da müssen auch die Einzelstaaten mitspielen - die alles andere als begeistert sein dürften.
"Erschießen sie mich nicht - aber es wird noch mindestens eine Stunde dauern. Holen Sie sich einfach noch einen Kaffee." So lässt sich der gestrige Tag in Brüssel gut zusammenfassen. Gesagt hatte das der Vorsitzende des Haushaltsauschusses im Europäischen Parlament, als er die Ausschussmitglieder resigniert über die Verzögerung informiert.
Es ist üblich, dass die EU-Kommission ihren Plan für den sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen, also den EU-Haushalt, vor dem Europäischen Parlament vorstellt. Das wiederum, aber auch die Nationalstaaten, müssen diesem Plan von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zustimmen.
Der Frust wuchs nicht nur wegen der Verzögerung: Von der Leyen und ihr Team haben die Zahlen bis zum Schluss unter dem Deckel gehalten, nichts drang nach außen. Keine Chance für Abgeordnete vorab auf die Details zu blicken: Wird der Etat für Agrarsubventionen kleiner? Wie viel Geld gibt es für die Sozialfonds? Eine ehrliche Zusammenarbeit, so sagte es der EU-Abgeordnete Siegfried Muresan (EVP), sehe anders aus.
EU-Haushalt soll von 1,2 auf 2 Billionen Euro anwachsen
Als die Zahlen schließlich vorgestellt wurden, war die Verwirrung groß. Eine handvoll Folien mit großen Versprechen, Zahlen - und Widersprüchen. Zwei Billionen Euro will die EU über sieben Jahre ausgeben. Zum Vergleich: Im letzten mehrjährigen EU-Haushalt waren es rund 1,2 Billionen. Es soll mehr Geld für Verteidigung und Grenzschutz geben, und es wird einen separaten Fonds für Wettbewerbsfähigkeit geben.
Addiert man die einzelnen Posten auf, kommt man nicht auf die vollmundig vorgestellten zwei Billionen, sondern auf rund 1,8 Billionen. Details erstmal: Fehlanzeige.
EU-Haushalt: Separater Agrar-Etat soll wegfallen
Auch wenn das Budget wächst, werde an anderer Stelle gespart, warnt der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen gegenüber ZDFheute, etwa bei sozialen Projekten: "Gerade in einer Zeit, in der immer mehr Menschen Probleme haben, ihre Rechnungen zu bezahlen, mehr Menschen in Armut abrutschen, ist das ein fatales Signal."
Den separaten Agrar-Etat soll es so nicht mehr geben. Er geht in einem Sammelfonds auf, in dem auch das Geld für Grenzschutz oder Sozialpolitik gebündelt ist. "Wer die gemeinsame Agrarpolitik zur Verhandlungsmasse macht, gefährdet die europäische Ernährungssicherheit", kritisiert CDU-Abgeordnete Christine Schneider.
Sie ist kein Spielball nationaler Interessen, noch Sparbüchse für Haushaltslöcher.
Christine Schneider, CDU-Europaabgeordnete
Bei der Vorstellung hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen betont, man habe mindestens 300 Milliarden als Unterstützung für Agrarbetriebe fest zur Seite gelegt. Bisher gab es rund 390 Milliarden als direkte Zahlung an Landwirte. Durch die größere Flexibilität könnten Mitgliedsstaaten zwar noch mehr Geld für Landwirtschaft beantragen - aber die Zahl ist weit entfernt von dem erhofften Inflationsausgleich.
Auch der Umweltschutz gerät weiter ins Hintertreffen, mahnt die Grünen-Europapolitikerin Jutta Paulus: "Ein Programm wie LIFE, das seit Jahren den Schutz bedrohter Tiere, wertvoller Ökosysteme oder alter Kulturlandschaften finanziert, wird in denselben Topf geworfen wie die Förderung von Industrieprojekten."
Wenn der Hamster mit Elektrotrucks um die Wette rennen muss, bleibt die Natur auf der Strecke. So kommt der Schutz unserer Überlebensgrundlagen unter die Räder.
Jutta Paulus, Europaabgeordnete B'90/Grüne
Die Verhandlungen mit dem Europaparlament, das zeigt sich, werden alles andere als einfach.
EU-Finanzrahmen: Woher soll das Geld kommen?
Auch die Mitgliedsstaaten dürften alles andere als begeistert sein: Der Haushalt speist sich aus ihren Zahlungen. Deutschland hat erklärt, es werde nicht mehr Geld nach Brüssel schicken. Die Kommission will auch ihre eigenen Einnahmen vergrößern: Zum Beispiel sollen Einnahmen durch den Europäischen Emissionshandel in EU-Töpfe fließen.
Eine weitere Idee: eine jährliche Abgabe von Unternehmen an die EU. In Zeiten, in denen Europa um seine Wettbewerbsfähigkeit kämpft, dürfte das nicht auf Zustimmung stoßen. Auch die Bundesregierung hat schon erklärt, diese Idee käme für sie nicht in Frage. Rauchen könnte nach diesem Vorschlag auch teurer werden, eine Art europäische Tabaksteuer soll erhoben werden.
Insgesamt will die EU-Kommission mit diesen Einnahmen knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr generieren. Zur Erinnerung: Wir reden über eine Lücke von rund 700 Milliarden über sieben Jahre, die gefüllt werden muss.
Lara Wiedeking ist ZDF-Korrespondentin im Studio Brüssel.
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